Biker's Barbecue (German Edition)
Riesenschäfer-Welpen „Shadow“ vorbei ins Bett zu kämpfen.
Crouch, Idaho! Ein Nest, das gerade mal auf der Karte zu finden ist, in Rand McNally’s Einwohnerverzeichnis dagegen schon nicht mehr. Nach Pine Planes der zweite Ort in Amerika, an dem ich wirklich gerne wohnen würde. Gelegen in einem wunderschönen Tal am westlichen Ende der Sawtooths. Ruhige Bächlein, Kühe, Berge, einfach Idylle zum Durchatmen.
Beliebigkeit
Lethargie kommt auf. Fast zwei Monate sind wir inzwischen auf der Straße – eine Zeitspanne, gegen die sich der einzelne Tag längst klein und unbedeutend ausnimmt.
Was um uns herum passiert, verliert an Tragweite; die einzelnen Etappen verschwimmen. Ein allmählicher Verlust der Zusammenhänge ist die Folge und das unbestimmte Gefühl, dass sich die Reise langsam in ihre Bestandteile auflöst: Was für eine Bedeutung hat denn aus heutiger Sicht das, was wir am Beginn dieser Reise getan haben? – Können wir uns daran überhaupt noch erinnern?
Erinnerungen spuckt das Unterbewusstsein aus wie Träume – bunte Seifenblasen, die auf der Kante zwischen Phantasie und Wirklichkeit balancieren. Doch ist der Unterschied zwischen Realität und Einbildung am Ende überhaupt noch wichtig? Was macht es jetzt noch aus, ob wir einen Ort tatsächlich besuchen oder uns stattdessen hinsetzen und gemeinsam irgendein Erlebnis herbeiphantasieren?
Bei so viel Spielraum macht sich Resignation breit. Und Gleichgültigkeit. Wozu noch eine Abfahrt fotografieren, wenn wir doch die spektakulärsten Berge bereits im Kasten haben? Nur um zu beweisen, dass wir dort waren? Dass wir, trotz der Größe dieses Landes und der Schärfe der Sonneneinstrahlung, noch nicht übergeschnappt sind?
Fast muss man sich zwingen, die Dinge trotzdem zu erleben. Einfach so. Spaß zu finden an dem einzelnen, zufälligen Ereignis. So wie ganz zu Beginn. – Doch der Schlüssel dazu liegt längst woanders: nicht mehr in der kindlichen Begeisterungsfähigkeit des Anfängers, sondern – im Gegenteil – in der Übersättigung oder, besser, in der zufriedenen Sattheit, die uns noch einmal den Blick fürs Detail öffnet.
Und schließlich bröckelt auch das Heldenhafte langsam ab. Nach innen. Es fällt schwer, auf etwas stolz zu sein, das einem inzwischen so selbstverständlich und alltäglich geworden ist.
Stattdessen fragen wir uns, wie es wäre, wenn da draußen noch einmal 3000 Meilen warteten. Vermutlich anders. Etwas Endzeitstimmung liegt schon in der Luft: Endlich „da” sein. In Kalifornien, dem Ziel der Reise. Mist. Dabei wollten wir das nicht aufkommen lassen. „Für den Augenblick leben“ war das Motto. Haben wir das noch immer nicht gelernt? Oder wieder verlernt?
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass wir zu viel wissen. Hätten wir keine Vorstellung von der Größe dieses Landes, wäre es wahrscheinlich besser. Aber irgendwo dort draußen wartet ungeduldig der Pazifik auf uns. Und das ist aus unseren Köpfen nicht mehr wegzubringen.
24.
Oh, how I wish it would rain! Phil Collins
Nur noch ein Monat bis zu dem Tag, der auf unseren Flugtickets das Rückreisedatum markiert.
Früh um acht finden wir uns auf dem Golfplatz bei einem Seniorenturnier wieder. Nachdem uns der Platzwart kein Golfkart zum Herumdüsen borgen will, schauen wir uns noch die Abschläge unserer Gastgeber an und gehen dann, nachdem sie mit ihren elektrischen Einkaufswagerln am grünen Horizont versunken sind, frühstücken.
Die Kellnerin (sie heißt bestimmt Judy, das Lokal heißt nämlich „ Judy’s“) serviert uns auf ihrer lieblichen Terrasse mit einem letzten Panoramablick auf die Sawtooth Mountains eine Megaportion Pancakes, Würstel und Orangensaft. („Was, das alles für nur vier Dollar?“) Wir lassen noch einmal intensiv die Seele baumeln, bevor es aus diesem Paradies hinaus in die sengende Wüste Oregons geht.
Am späten Vormittag machen wir Bekanntschaft mit Pfirsichen aus Idaho: Der Preis ist eine Unverschämtheit, die Verkäuferin hat sie schlecht gewaschen – aber das Fruchtfleisch ist so süß und saftig (Sonne hat’s hier offenbar genug), dass es alles andere vergessen lässt.
In der Folge verwandelt sich die Traumlandschaft wie erwartet in trockene, heiße Steppe. 100 Grad Fahrenheit, vertrocknetes Gras, reifes Korn, durstige Kühe und Pferde. Nur der Fluss heißt noch immer South Fork Payette River. Breit, braun und träge ist er geworden, nachdem er heute Morgen noch rauschend klares Gebirgswasser geführt hat.
Sehr
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