Biker's Barbecue (German Edition)
persönlichen Fehler oder durch einen dieser verrückten Autofahrer. Immerhin mal was Neues. Gut möglich, dass das eine Spätfolge des Zwischenfalls in Idaho ist, als ein vorbeifahrender Autofahrer versucht hat, mich mit seiner Wagentür zu erlegen. Ich fühle mich wie in dem Kultfilm „Easy Rider“, wo die Helden kurz vor Ende plötzlich von irgendeinem Fanatiker von der Straße geballert werden. Der Mut zum Risiko ist jedenfalls deutlich gesunken, jetzt, wo wir schon so weit gekommen sind.
Die heutigen 126 Kilometer sind von der mühsamen Art: Wir lechzen so sehr danach, endlich zum Pazifik zu kommen, dass wir um uns herum gar nichts mehr wahrnehmen. Oder gibt es hier am Ende nichts zu sehen? Kleinere Städte wechseln sich ab mit größeren Baustellen … – aber San Francisco scheint während der ganzen Zeit einfach nicht näher zu kommen. Zum Ausgleich ignorieren wir die Gegenwart und hängen stattdessen allen möglichen Zukunftsphantasien nach.
Zu allem Überfluss brät uns auch noch die Sonne kräftig eins über. Ein letzter Meilenstein (die 6000 Kilometer sind jetzt immerhin voll und 7000 werden es bestimmt nicht mehr werden) geht in dieser Atmosphäre fast unter. Wenn man dann am Abend trotz einer anständigen Leistung kein Quartier findet, wird man auf einmal wieder auf den harten Boden der Realität zurückgeholt. Da hilft nur die große Sehnsucht nach dem Pazifik und der unvorstellbare Gedanke, dass wir in einer guten Woche in Frisco sind.
In High River Mills schnorren wir einen Methodistenpfarrer um einen Schlafplatz im Keller seines Gotteshauses an. Doch der sitzt gerade schwer beschäftigt vor seinem Computer (ob er Tetris spielt oder die Kollekte des letzten Monats zusammenrechnet, können wir leider nicht erkennen) und vertröstet uns auf später („Call me in two hours!“).
Wir vertreiben uns die Zeit mit Abendessen in einer Pizzeria, speisen fürstlich, spielen Flipper und sehen uns das 800-Meter-Herren-Finale in Atlanta an. Langsam wird es dunkel. Bloß, der Pfarrer ist nicht zu erreichen! (Sind alle Kirchenmänner in Kalifornien so unzuverlässig?)
Nachdem der örtliche Methodistenpfarrer sich als Niete herausgestellt hat, finden wir schließlich Zuflucht in einer Volksschule. Die Feuertür zum Schultheater stand einfach offen. So ein Pech aber auch; Tobi konnte wieder einmal nicht widerstehen …
Der Pfarrer hätte uns sicher sowieso hier untergebracht!
AUGUST
1.
Buy a car!
Yeah, buy a Saturn! Autofahrer
Wer den Schaden hat, hat also auch den Spott: Warum mussten die von der Radfirma aber auch ausgerechnet den Autohersteller Saturn als Sponsor auf ihre Jerseys nehmen!?
Überraschung! In der Schule, in der wir übernachtet haben, taucht morgens kurz vor sieben plötzlich eine Frau auf. Ich stehe gerade im Lehrerzimmer vor dem offenen Kühlschrank und fülle Eiswürfel in unsere Wasserflaschen. Irgendwie gelingt es mir, das Gespräch an der Tatsache vorbeizulenken, dass wir eigentlich nicht hier sein dürften. Als ich gerade innerlich aufatmen will, kommt überflüssigerweise noch ein Mann dazu. Doch auch der lässt sich schließlich von meinen Erzählungen faszinieren und verrät mir daraufhin, wer im Ort seiner Meinung nach mein kaputtes Hinterrad reparieren könnte. – Trotz des an sich angenehmen Gesprächsklimas sind wir dann doch ziemlich schnell aus der Schule raus.
In einem Hotelcafé frühstücken wir Pancakes und Waffeln mit heißen Erdbeeren und Schlagobers (diesen Tip verdanken wir ebenfalls dem netten Herrn in der Schule).
Der Supermarkt gleich nebenan gehört jenem Mann, der genau jene Trek-Naben-Nuss besitzt, mit der man bei meinem Fahrrad die Zahnkränze abschrauben kann. Er nimmt mich kurzerhand mit nach Hause und hilft mir beim Speichenwechseln. Dabei erfahre ich so ganz nebenbei, dass dieses unscheinbare Teil von der Größe einer Doughnut 64 Dollar kostet, in dieser Gegend rar ist wie eine Mozartkugel und ausschließlich für bestimmte Fahrräder dieser Marke gebraucht wird. – Kann es sein, dass die Jungs in Madison vergessen haben, uns etwas Wichtiges mitzuteilen?!
Irgendwann gestern hab ich intelligenterweise meinen linken Radhandschuh verbummelt. Wenn diese Reise nicht bald zu Ende ist, werde ich wohl noch einmal nackt im Sattel sitzen. Während Tobi sein Rad repariert, schreibe ich Postkarten und quatsche mit der Waffel-Kellnerin.
Unter all den ausgetauschten Freundlichkeiten findet sich schließlich auch die Empfehlung, an der nächstgrößeren
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