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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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Hoffmann ein täglicher Gast Webers war. Der einstöckige, breite Bau mit seinem schönen Oberlichtsaal, den tiefen Fenstern und der säulengetragenen Arkade macht, unter den alten Tiergartenbäumen, einen angenehmen Eindruck und erinnert an die Schule Schinkels. Hier pflege ich den Beschluß meiner Sommerabend-Wanderung zu machen; ich bin dann gewiß, eine gute Gesellschaft zu finden – einige Freunde von der Literatur, einige vom Theater, welche wohl wissen, daß sie hier auf klassischem Boden sitzen, aber freilich »mit allem Komfort der Neuzeit«. Denn Berlin hat Fortschritte gemacht seit den Tagen E. T. A. Hoffmanns. Wo dieser Mohrrübenkaffee schlürfte, da gibt es jetzt echten Mokka – wenigstens sagt so der Wirt des Zeltes Nr. II und – »Heinrich, ich sehe Tugend in seinen Blicken«, sagt Falstaff. Wie gut ich mir den dicken Mann hier denken könnte,vor einer Kanne Nürnberger Bieres, umschwärmt von den kleinen, niedlich uniformierten – Pagen – »Tiger« in der Sprache Londons, die übrigens niemandem etwas zuleide tun und auch die dünnen Männer freundlich bedienen. In einem Punkt oder in zweien gehorcht man aber auch hier dem althergebrachten, für ganz Berlin gültigen Gesetz: kommt man nämlich am Donnerstag, so hat man »Frikassee vom Huhn«, und kommt man am Freitag, so gibt's ein großes Fischessen mit all den heimatlichen Delikatessen: Aal grün und Aal mariniert, Hechte mit Klößen und Schlei in Dill, Zander mit Butter und Quappen in Bier – denn das Berliner Völkchen weiß zu leben, hängt an der Tradition seiner fischefangenden Väter und denkt vielleicht an solchen Abenden manchmal an das, was die Zeit, gute Fürsten und ein tüchtiges Volk aus diesem Sumpf und Sandhaufen gemacht haben. Dieses ist auch mein Gedanke, während ich mein letztes Glas in Zufriedenheit leere, und er begleitet mich, wenn ich wieder heimwärts wandre durch die Stille der Sommernacht und das Rauschen des Tiergartens.

Die Kreuzberg-Gegend
    (Oktober 1883)
    Auf dem Grundriß von 1778 war Berlin am Halleschen Tor zu Ende, und auf dem von 1831 führt das, was heute die großmächtige Belle-Alliance-Straße ist, den anspruchslosen Namen »Weg nach Tivoli«. Tivoli war ein berühmtes, nach Pariser Muster im Jahre 1829 angelegtes und genanntes Vergnügungslokal am Kreuzberg, da, wo gegenwärtig die Brauerei gleichen Namens liegt. Aber hier war nicht mehr Berlin, sondern »Umgegend von Berlin«; man fuhr nach Tivoli, wie man heute nach Tegel oder Pichelswerder fährt. Im Jahre 1842 hieß die Straße, welche bis dahin »Weg nach Tivoli« geheißen hatte, die »Tempelhofer Straße«: aber sie war, wie wir dem Buche von Fidicin (»Berlin, historisch und topographisch«, 1843) entnehmen, nur »in der Nähe der Stadt mit Häusern besetzt«. Die eigentliche Bebauung dieser Strecke, welche an Ausdehnung die Friedrichstadt übertrifft, fällt in die Periode von 1866–1875, und die Belle-Alliance-Straße, eine Geschäftsstraße voll regen Verkehrs, länger als die Linden und fast ebenso breit, bildet seitdem den Kern eines neuen Stadtteils mit vorstädtischem Charakter und sehr eigentümlich zusammengesetzter Bevölkerung. Gegen das Tempelhof er Feld ansteigend und zu beiden Seiten flankiert von den mäßigen Terrainerhöhungen, die man sich gefällt, den Tempelhofer Berg und den Kreuzberg zu nennen, macht sie mit ihren Bäumen,Kasernen, großen Läden und hohen Häusern einen sehr stattlichen Eindruck als die vornehmste dieses Quartiers. Aber man würde nicht vermuten, daß hinter ihr, am östlichen Abhange des Kreuzbergs, eine der reizendsten kleinen Straßen sich versteckt, und, wenn man den Eingang nicht kennt, sie nicht einmal finden. Hier ist nichts mehr von dem Lärm und der Arbeit der volkstümlichen Nachbarschaft. In aristokratischer Einsamkeit herrscht hier beschauliche Ruhe. Zierliche Häuser sind hier in schönen Gärten, ein Teich, auf welchem Schwäne schwimmen, ein kleiner Palast in den reinsten italienischen Formen, auf dessen Freitreppe man sich gern einen Kreis anmutiger Frauen, einen Scaliger, einen Medicäer dächte.
    Zehn, zwanzig Schritte bringen uns wieder in die Wirklichkeit zurück, und zwar in eine, die auch ihre Überraschungen hat. Denn diese Vorstadt ist noch weit davon, vollständig ausgebaut zu sein, und hier kann man, wenn ich so sagen darf, Berlin wachsen sehen.
    Namentlich die nähere Umgebung des Kreuzberges nach Norden und Westen hin bietet noch solch einen Anblick. Hier sind Trottoirs ohne

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