Bilder bluten nicht
nicht“, antwortete ich.
„Also, alles in Ordnung.“
„Wohnen Sie hier?“
„Wo denken Sie hin? Nicht das nötige Kleingeld. Ich wohn in einem kleinen Hotel in der Rue Saint-Roch.“
„Ich habe Sie nicht nach Einzelheiten gefragt.“
„Aber ich gebe Ihnen welche. Sie sind Detektiv, nicht wahr? Ich wollte Sie zu einem Glas einladen. Paßt es Ihnen?“
„Es paßt. Haben Sie Arsen bei sich?“
„Nicht weit von hier gibt es eine Apotheke.“
„Ausgezeichnet.“
Es hätte nicht viel gefehlt, und wir hätten das Transocéan Arm in Arm verlassen. Wir gingen in eine kleine verschwiegene Bar in der Rue Cambon, um uns einen hinter die Binde zu gießen.
„Sie müssen mich für ein Schwein halten, hm?“ sagte Chassard.
„Jedenfalls nicht für mehr!“
„Ach, Scheiße ¡...haben Sie gesehen, wie sie gebaut ist, diese Jany? Was wollen Sie, das macht mich scharf. Ich habe sie schon seit langem im Auge, aber zum Teufel mit ihr... Nun ja, als ich erfuhr, daß ihr Johnny ein Gangster war...“
„Woher haben Sie es erfahren? In den Zeitungen steht nichts darüber.“
„Die Zeitungen sind mir scheißegal. Hier in der Ecke weiß es jeder. Also, ich sage Ihnen, als ich erfuhr, daß ihr Johnny ein Gangster war und sich hat umlegen lassen, habe ich mein Glück versucht.“
„Versuchen Sie es nicht mehr.“
„Schon gut. Trotzdem... ich habe das nur so dahergesagt, aber... im Grunde könnte sie ihn doch gut abgemurkst haben. Meinen Sie nicht?“
„Den Zeitungen zufolge verdächtigen die Polypen sie nicht.“
„Die Zeitungen sind mir scheißegal. Glauben Sie denn diesen Käseblättern?“
„Nein.“
„Also?“
„Sie ist meine Klientin.“
„Übrigens, ist sie oder war sie?“
„Sie ist. Sie verstehen doch, was das heißt, oder? Fangen Sie nicht wieder mit Ihren Geschichtchen an!“
„Jaja, schon gut. Ich werde versuchen, eine in der Rue Caumartin aufzugabeln, die ihr ähnlich sieht. Wenn ich genug Moos habe... Gut. Sie ist Ihre Klientin. Ich will sie ja nicht schlechtmachen, aber... da ist trotzdem was faul, an dieser Geschichte mit dem Bild.“
„Kannten Sie Larpent?“
„Nein. Flüchtig gesehen. Von weitem. Das ist alles. Großer Gott! Etwas aus dem Museum klauen... Verkauft sich das, solche Malerei?“
„Sicher.“
„An wen?“
„An Sammler.“
„Teuer?“
„Mehrere Millionen.“
„Scheinen sich gut auszukennen!“
„Steht in den Zeitungen.“
„Zeitungen sind mir scheißegal... He! Garçon!...“
Er ließ noch mal das Gleiche kommen. Er trank sein Glas in einem Zug aus.
„Die Zeitungen sind mir scheißegal“, wiederholte er nochmal. „Aber diese Mieze ist mir nicht scheißegal.“
Versteckt warf er mir einen finsteren Blick zu. Er hatte schon getrunken, bevor er zu Geneviève Levasseur heraufgekommen war. Jetzt war er dabei, sich zu besaufen.
„Sie wird Ihnen scheißegal sein müssen“, sagte ich. „Zumindest müssen Sie Ihre Verführungsmethoden ändern.“ Er verzog das Gesicht, war anscheinend nahe daran zu weinen.
„Sie werden mit ihr schlafen“, sagte er. „Sie sind älter als ich, aber Sie werden mit ihr schlafen.“
Also wirklich, alle wollten, daß ich mit ihr schliefe. Gut, gut. Es wäre ein Versuch wert. Ich bin kein Kostverächter.
„...Ich bin jünger als Sie,“ fuhr er fort, „aber ich rieche alt, ich rieche nach alter Haut. Jaja, Sie lagen nicht falsch. Damit halt ich mich am Fressen. Mit Alten. Mit alten Schachteln, mit widerlichen alten Schachteln, ganz runzelig, zum Kotzen, die braucht man nicht erst in Fahrt zu bringen, die kommen von überallher angeschissen, bleiben hängen wie mit Stecknadeln, Klebstoff, Salbe, Schönheitscrème. Ach, Scheiße! Schönheitscrème! Häßlichkeitscreme, jawohl! Ich war bekannt, hier in der Gegend. Noch gar nicht so lange her. Ich hab sie aufs Kreuz gelegt, alte Schnepfen, Herzoginnen, Marquisen. Alte Kühe, die für meine Kleidung sorgten, bei denen ich wohnte und aß, aber die mit keinem Sou rausrückten oder nur selten. Und kein Geld, um was Junges zu vernaschen. Sie riechen mich von weitem, die Jungen. Ich stinke nach altem Fleisch. Sogar noch mit Zaster. Aber ohne... Ich weiß nicht, aber ich täte alles, um mir Geld zu verschaffen.“
Ich würde ihm nicht den Rat geben zu arbeiten. Ich sagte:
„Machen Sie einen Bruch.“
„Ich hab zuviel Schiß“, sagte er mit ehrlicher Naivität. „Und weil ich eben immer Schiß gehabt habe, riech ich nach alten Frauen und
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