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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Ordnung.
    „Monsieur Burma!“
    „Seien Sie still!“
    Ich ging wieder auf den Blutsauger Chassard zu.
    „...Man schlägt sich also durch, hm? Man schläft mit reifen Damen, mit überreifen, und wenn man dann Lust hat, was' Junges zu vernaschen, wagt man eine kleine Erpressung, hm?, um dem Sex-Appeal nachzuhelfen.“
    „Wie schrecklich!“ rief Geneviève aus.
    „Jetzt hören Sie mal zu, Mademoiselle. Wenn Sie Angst um Ihre niedlichen Öhrchen haben, dann ziehen Sie sich in Ihr Schlafgemach zurück.“
    Sie stampfte mit dem Fuß auf:
    „Nein! Ich bleibe. Schließlich bin ich hier zu Hause.“
    „Wie es Ihnen gefällt. Aber unterbrechen Sie mich nicht immer.“
    Ich setzte mich neben sie, um sie, wenn nötig, zu bändigen. „Ich fahre fort, mein lieber Chassard. Sie beschuldigen Mademoiselle, ihren Liebhaber getötet zu haben?“
    „Ja.“
    „Das ist alles lächerlich“, sagte das Mädchen.
    Ihre Finger suchten meine Hand, ergriffen sie und hielten sie umklammert. Sie zitterte, und ich spürte ihre Brust an meinem rechten Arm beben. Chassard sah uns voller Haß und Angst an.
    „Und warum sollte sie ihn getötet haben?“
    „Um...um an das Bild zu kommen.“
    „Sie sind ein Esel. Ich habe schon viel zuviel Zeit mit Ihnen vergeudet, Chassard...“
    Geneviève zog ihre Hand zurück.
    „...Ich rate Ihnen, Ihre Einschüchterungsmasche aufzugeben. Sie zieht nicht. Mademoiselle Levasseur hat vielleicht einen Mann geliebt, der ein Dieb war. Einverstanden. Aber sie hat ihn nicht getötet. Ich will weder auf Einzelheiten eingehen noch eine Rede halten. Ich sage Ihnen nur das: ich stehe bei Mademoiselle Levasseur im Dienst, und wenn Sie ihr auf die Füße treten, tun mir die Hühneraugen weh. Also, nehmen Sie sich in acht. Und versuchen Sie nicht, Ihre Klatschgeschichten an Revolverblätter zu verscheuern. Es könnte ihnen leid tun. Kapiert?“
    Er zuckte mit den Schultern:
    „Schon gut“, sagte er erleichtert.
    Er war wohl auf einen Tritt in den Hintern gefaßt gewesen und war ganz glücklich, daß er nicht sofort einen bekam. Bei genauerem Hinsehen war er doch nicht so sympathisch. „Jetzt können Sie verduften“, sagte ich.
    „Ich bin ein Esel“, knurrte er.
    „Wie ich schon sagte. Auf Wiedersehen, Chassard.“
    Der Hasenfuß machte sich dünne. Ich schloß hinter ihm die Tür.
    „So“, sagte ich, als ich wieder zu Geneviève zurückging. „Zufrieden?“
    Bei Chassard hatte sie sich nicht sehr viel Mühe gegeben, aber jetzt, da er die Flucht ergriffen hatte, nahm sie wieder eine intimere Haltung in ihrem Lehnsessel ein.
    „Danke, Monsieur Burma“, gurrte sie. „Ich... ich habe Etienne wirklich nicht getötet, verstehen Sie?“
    „Sprechen wir nicht mehr davon.“
    „Sie haben recht. Ich... äh... es fällt mir schwer... ich wollte sagen... wegen des Honorars…“
    „Sie können später bezahlen. Wenn die Sache endgültig erledigt ist.“
    „Aber ich dachte…“
    „Bei diesen Kerlen weiß man nie so genau. Es ist besser, wenn er mich noch ein paar Tage in Ihrer Nähe sieht. Selbstverständlich nur, wenn Sie es erlauben.“
    Sie vertiefte sich in die Betrachtung ihres Schuhs, innerlich mit einem Problem beschäftigt. Sie dachte wohl daran, daß sich nun solche Kerle bei ihr die Klinke in die Hand geben würden. Schließlich sagte sie:
    „Aber selbstverständlich, Monsieur Burma.“
    „Ich werde versuchen, mich so unauffällig wie möglich im Hintergrund zu halten“, lächelte ich.
    Sie lächelte zurück:
    „Dann wird Chassard keine große Angst haben.“
    „So meinte ich das nicht.“
    „Ich habe verstanden. Danke, Monsieur Burma. Und guten Abend.“
    Sie reichte mir mit herausfordernder Anmut ihre Hand. Ich küßte sie ihr. In solchen Förmlichkeiten habe ich nicht viel Übung, aber ich tat mein Bestes. Ich zog mich recht gut aus der Affäre. Als ich meinen Hut von dem Tischchen nahm, fiel eine gelbe Karte auf den Boden. Ich hob sie auf. Beinahe ungewollt warf ich einen Blick drauf. Es war eine Einladung für diesen Abend zur Eröffnung eines neuen Cabarets in der Avenue de 1‘Opéra: der „Grille“.
    „Entschuldigen Sie bitte“, sagte ich.
    „Das macht nichts.“
    Noch im Fahrstuhl hatte ich noch immer ihr Parfüm in der Nase.
     
    ***
     
    Als ich aus dem Fahrstuhl trat, kam ein Mann, der davor auf einer Bank gesessen hatte, direkt auf mich zu. Es war Chassard, von Natur aus anhänglich. Er sah wieder mutiger aus. „Ich bin Ihnen nicht böse“, sagte er.
    „Ich Ihnen auch

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