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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Stimme:
    „Sie sehen nicht wie ein Polizist aus, Monsieur Burma.“
    „Ich bin Privatdetektiv, Mademoiselle.“
    „Ach ja... Wollen Sie sich setzen?“
    Sie kuschelte sich in einen Lehnsessel. Ich legte meinen Hut auf ein Möbel und setzte mich.
    „Zigarette?“ fragte sie.
    Sie hielt mir ein flaches Etui hin, aus dem sie sich eine echte oder falsche Papirossa gefischt hatte, jedenfalls eines von diesen Dingern, die ewig brennen und mehr aus Pappe bestehen als aus Tabak. Ich stand auf, nahm die angebotene Zigarette, zündete beide an, schielte in den Ausschnitt, setzte mich wieder.
    „Ich freue mich, daß Sie mehr einem Gentleman ähneln als diesen schrecklichen Menschen“, sagte sie. „Ich befürchte, ich habe Sie umsonst bemüht. Ich bin sehr impulsiv, und dann... seit ein paar Stunden bin ich mit den Nerven am Ende..
    Ich lächelte. Das geschäftsmäßige Lächeln eines Bürstenverkäufers, der sich beim Kunden einschmeichelt. Ich wartete.
    „Ich heiße Geneviève Levasseur“, sagte sie.
    „Ja, Mademoiselle.“
    „Sie scheinen meinen Namen nicht zu kennen
    „Entschuldigen Sie, aber ich bin kein eifriger Leser der Vogue
    „Aber Sie lesen Zeitung?“
    „Fast alle.“
    „Also haben Sie dort den Namen Etienne Larpent gelesen?“
    „Larpent? Ist das nicht der Mann, den man ermordet auf gefunden hat, mit einer Kopie des Raffael aus dem Louvre? Einer Kopie... oder dem Original. Wissen Sie, ich glaube nicht ohne weiteres, was die Zeitungen drucken.“
    „Ja.“
    Sie sah mich durch ihre langen Wimpern hindurch an:
    „Das war mein Liebhaber.“
    Ich sagte nichts. Ich konnte ihr weder mein Beileid noch meine Glückwünsche aussprechen.
    „Ich war es nicht. Ich habe ihn nicht getötet“, fügte sie hinzu und warf mit einer wütenden Geste ihre Zigarette neben einen Aschenbecher.
    Ich stand auf, hob die Kippe auf, tat sie dorthin, wo sie hingehörte, setzte mich wieder:
    „Werden Sie beschuldigt?“
    „Ja.“
    „Von der Polizei?“
    „Die Polizei hat mich verhört. Ich habe ihnen ein... Wie nennen Sie das?“
    „Ein Alibi.“
    „Ein Alibi geliefert, ja. An jenem Abend sind wir nicht gemeinsam ausgegangen, Etiennen und ich. Er hatte anscheinend etwas zu erledigen. Ich weiß nicht was... na ja, ich wußte es nicht, weil... jetzt... Kurz und gut, ich bin mit Freunden ausgegangen, die das bezeugt haben, und die Polizei hat dieses... dieses Alibi nicht angezweifelt. Aber dieser Mann behauptet, es gebe kein Alibi, das man nicht erschüttern könnte und...“
    Sie unterbrach sich, zog ein Bein an und ließ mich das andere bewundern, das bis übers Knie zu sehen war, bis sehr weit übers Knie.
    „Welcher Mann?“ fragte ich.
    „Mein Alibi war nicht frei erfunden, Monsieur Burma. Ich möchte, daß Sie nicht daran zweifeln.“
    „Ich zweifle nicht daran. Welcher Mann?“
    „Ein Erpresser. Ein Anfänger auf diesem Gebiet. Aber das ist alles lächerlich, ich sehe es jetzt ein.“
    „Erzählen Sie nur. Ich handle erst, wenn Sie mir den Auftrag dazu erteilen, Mademoiselle.“
    „Ein Kerl, den ich auf einer Cocktailparty kennengelernt habe, den ich flüchtig kenne, den ich nie ermutigt habe, der sich aber nie hat entmutigen lassen, wenn Sie verstehen, was ich damit sagen will... Ein gewisser Maurice Chassard „Ist das der Flegel, von dem ich Sie befreien soll?“
    Jetzt nicht mehr. Ich werde mich selbst von ihm befreien. Ich war nervös, eben, als ich Sie anrief. Das ist alles lächerlich.“
    „Wie Sie wünschen“, sagte ich.
    In diesem Augenblick läutete das Telefon. Sie stand auf, um den Hörer abzunehmen, und durch diese Bewegung enthüllte sich mir ein Schenkel zum Anbeißen, der in mir kannibalische Triebe weckte. Als sie stand - den Hörer an ihrem rosa Ohr, mit der linken Hand über ihre Hüfte streichend -, nahm sie die Pose des Mannequins ein. Sie runzelte die Stirn, ihr Gesicht wurde hart:
    „Nein“, sagte sie. „Ich bin nicht da. Nein. Ich... Oh! Einen Moment.“
    Sie legte die Hand auf die Muschel:
    „Vielleicht haben Sie sich doch nicht umsonst herbemüht, Monsieur Burma. Es ist Maurice... Maurice Chassard. Ich habe große Lust, ihn zu empfangen und ein für allemal mit ihm abzurechnen. Ihre Anwesenheit wird mir Mut machen und ihm vielleicht Angst...“
    „Ausgezeichnete Idee“, pflichtete ich ihr bei.
    Sie warf mir einen Blick von der Seite zu.
    „Einen Moment“, wiederholte sie ins Telefon.
    Sie verdeckte wieder die Muschel, sah mir ins Gesicht und sagte streng:
    „Ich mag Ihren

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