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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
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alberner Dinge wie die Pads und die Wheels sehen, die das Footballteam benutzte, um das Tackling zu üben. Er atmete langsam aus. Jetzt blieb ihm wohl nichts anderes mehr übrig, als das Auto in Gang zu setzen und Oneida nach Hause fahren, mehr konnte er nicht mehr tun, und – was dann?
    »Ich möchte dein Geheimnis erfahren«, sagte Eugene. »Weil ich Angst habe, jetzt, wo du meins kennst.«
    »Angst?« Oneidas Stimme war ganz dünn. »Was glaubst du denn, dass ich damit anfangen werde?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Es ist ein großes Geheimnis«, sagte er. »Und ich hätte es dir eigentlich nicht erzählen dürfen.«
    »Mein Geheimnis gehört auch nicht mir«, sagte sie.
    Ein Stromstoß jagte durch sein Rückgrat. »Wem dann?«
    »Meiner Mutter.«
    »Hat es was mit Arthur zu tun?« Er hoffte nicht. Denn obwohl er ihn übertölpelt hatte, mochte er Arthur, aber dem Ausdruck in Oneidas Augen nach zu schließen, die sie weit und starr aufriss, schien es kein gutes Geheimnis zu sein.
    »Schon möglich. Ich weiß nicht, wer mein Vater ist.« Sie schluckte. »Ich vermute, es könnte Arthur sein.«
    »Und deine Mom hat es dir nie erzählt?« Eugene konnte sich gar nicht vorstellen, so etwas nicht zu wissen. Dass jemand nicht zu Hause war, ständig unterwegs war, geschieden war – das konnte er sich vorstellen. Aber keine Ahnung zu haben, wer sein Dad oder seine Mom waren, das nicht zu wissen? Ihn fröstelte.
    »O Gott.« Ihre Mundwinkel bogen sich nach unten. »Es könnte wohl tatsächlich Arthur sein, oder nicht? Mom mag ihn wirklich gern, und sie will mit mir auch nicht über ihn reden, aber – ich bin seinetwegen so gemein gewesen. Oh, mein Gott.« Sie setzte ihre Brille ab und wischte sich die Augen, und Eugene merkte entsetzt, dass sie weinte und das wohl, leise, schon die ganze Zeit. Ihr Gesicht war zu nass, um nur das Produkt dieses Augenblicks der Erkenntnis zu sein.
    »Das ist schon okay.«
    »Nein, ist es nicht«, sagte sie. »Es ist alles so anders. Ich bin so ein Idiot gewesen. Ich vermisse meine Mom, ich vermisse … es wäre mir lieber, es würde mir so wie früher nichts ausmachen, es nicht zu wissen. Wenn ich es ein wenig verstehen könnte, würde es vielleicht besser werden, ich weiß nicht – aber vielleicht ist es auch ganz schrecklich, wer weiß? Es muss doch einen Grund geben, warum sie es mir nicht erzählt hat, etwa, dass mein Vater verheiratet ist, im Gefängnis sitzt oder sie – vergewaltigt wurde.« Sie schniefte, und Eugene, der keine Ahnung hatte, was er tun sollte, konnte ihr wenigstens aus dem Fach in der Tür eine Serviette vom Fast-Food-Restaurant reichen. Sie schnäuzte sich.
    »Es ist – es ist, als würde diese Frage in mir immer größer und größer werden, und je größer sie wird, desto mehr vergesse ich, wer ich zu sein glaubte oder auch mal war oder bin. Es ist – es ist …«
    »Absolut ätzend«, warf Eugene mehr aus Panik denn aus Empathie ein, und Oneida musste mitten im Schniefen laut loslachen. Es war ein schönes Geräusch. Es war ein erlösendes Geräusch. Es sorgte für eine Atempause.
    »Kannst du denn mit deiner Mom nicht darüber reden? Kannst du sie nicht fragen?«
    »Ich weiß, ich sollte das tun. Es wäre das Richtige, aber ich glaube nicht, dass ich ihr trauen kann und sie mir wirklich die Wahrheit sagt. Die ganze Wahrheit, alles. Aber – erinnerst du dich an Bert? Ich habe dir von ihr erzählt an dem Tag, als du zu mir kamst?«
    »Lebt auf dem Dachboden, wird irgendwann das Haus abfackeln?«
    Oneida nickte. »Sie kennt es. Sie hätte es uns allen beinahe eines Abends beim Essen erzählt. Und ich versuche seit Wochen, all meinen Schneid zusammenzunehmen und sie danach zu fragen.«
    »Dann frag sie heute Abend«, schlug Eugene vor. »Stell dir doch mal vor, wie das sein wird, wenn du es erst mal weißt. Selbst wenn es schlimm ist, so schlimm wie all die schrecklichen Dinge, die du dir ausgemalt hast, kann es gar nicht sein, denn, ich meine, es kann ja höchstens eine schreckliche Sache sein. Sollte es überhaupt schrecklich sein. Und du würdest es wissen. Du würdest es wissen und du müsstest dich nicht mehr ständig fragen und du hättest auch nicht mehr das Gefühl, nicht mehr du selbst zu sein.«
    Oneida tupfte sich ihre Nase mit der Serviette ab. »Ich weiß«, sagte sie. »Ich sollte fragen.«
    Eugene fühlte sich großartig. Edelmütig sogar. Nicht nur stellte diese Enthüllung sie auf eine Stufe, sie machte sie sogar gleich. Nie hatte er

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