Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit
Despotismus auf eine des republikanischen Bürgers würdige Art zu entfliehen und durch seinen hohen Mut die Ehre derer zu retten, die ihn durch eine ehrenvolle Mission noch näher an die Sache der Freiheit selbst gefesselt hatten. – Zur nämlichen Zeit, als seine beiden Schriften erschienen, hatte man schon so sehr in Paris dem neuen Despotismus gehuldigt, daß beinahe jedermann den Namen
Lux
für einen fingierten Namen, das Ganze für das Werk eines Unbekannten hielt. Als man endlich erfuhr, daß dieser
Lux
wirklich existiere, so hielten ihn die meisten für einen Mann, dem die Liebe den Kopf verrückt habe, die meisten erwähnten der Sache mit Achselzucken und nur eine kleine Zahl von Republikanern fühlte den ganzen großen Umfang dieser Handlung, die um so größer ist, als damals, wo
Lux
gegen den 31. Mai schrieb, alle Federn in Paris dem Tyrannen huldigten, und alle Bürger, teils durch wirkliche nähere oder entferntere Teilnahme, teils durch ein strafbares Stillschweigen die Begebenheiten und die Folgen vom 31. Mai zu verantworten hatten. Kaum hatte ich die beiden Schriften erhalten, so eilte ich zu
Lux.
– Ich fand ihn in seiner Wohnung, in dem Hotel der holländischen Patrioten, in der Straße Desmoulins. – Er schien, als er mich sah, zu erschrecken – ich ließ ihm keine Zeit, mich um die Ursache meines Besuchs zu fragen – an seinem Halse weinend fluchte ich dem Schicksale, das eine solche Zernichtung der schönsten Hoffnungen und Aussichten zugeben konnte.
Lux
drang in mich, ihn zu verlassen, indem er jeden Augenblick seine Verhaftung erwarte und schlechterdings keinen seiner Freunde der geringsten Gefahr, dem geringsten Verdachte aussetzen wolle.
Als seine erste Schrift unter der Presse lag und das Manuskript der zweiten schon dem Buchdrucker übergeben ward, schrieb er folgenden Brief an einen seiner Landsleute, dessen Weise, die damaligen politischen Ereignisse anzuschauen, von der seinigen in etwas abwich, der aber vorzüglich insofern von ihm verschieden dachte, als er behauptete, daß für die Mainzer Deputation vollkommene Neutralität Pflicht wäre. Dieser Brief beweist zur Genüge, wie sehr er von aller Überspannung entfernt war, und gleichsam in dem Schoße der Seelenruhe den Umfang seiner Pflichten maß. Hier die Abschrift oder vielmehr die Übersetzung seines Briefes, der in fränkischer Sprache geschrieben ist.
An .....
Mein teurer Freund und Mitbürger!
Da eine Schrift, die ich ohne Ihr Wissen verfaßte und dem Drucke übergab, im Publikum erscheinen wird; da mich die Verfolgungen, die dieselbe mir zuziehen wird, in Ungewißheit über den Augenblick meiner Verhaftnehmung lassen, so komme ich jedem Ereignisse zuvor, um Ihnen ein Lebewohl in diesen Zeilen zu sagen. Ich erkläre Ihnen hierin förmlich, daß ich meine Betrachtungen ohne Ihr Wissen niedergeschrieben habe, ich erkläre dieses nicht sowohl, um Ihnen einen Streit über die Art, womit ich unsere politische Lage ansehe, und die von der Ihrigen abweicht, zu ersparen, sondern vorzüglich deswegen, weil ich die Erbitterung der Inquisitoren kenne und niemanden als mich selbst der Gefahr aussetzen will.
Glauben Sie ja nicht, daß ich Tor genug sei, um nicht das Schicksal vorauszusehen, das mir eine Schrift bereitet, die die Machthaber um so mehr verwundern muß, da sie mich nicht persönlich beleidigt haben. Allein mein Grundsatz ist, daß man, was es auch kosten möge, laut der gerechten Partei folgen müsse. Meine Uneigennützigkeit und mein Gewissen werden mich, wie ich hoffe, für dies Schicksal entschädigen können, das meiner wartet. Ich bin sehr vergnügt darüber, mit Ihnen während unserer Verbannung gelebt zu haben – ich danke Ihnen für alle mir erwiesenen Freundschaftsdienste und umarme Sie von Herzen. Leben Sie wohl.
Adam Lux.
Dieser Brief, in einer ruhigen Sprache geschrieben, legt die Motive der Handlung selbst in dem ungeschmücktesten Stile dar und trägt zu gleicher Zeit das vollkommenste Gepräge eines festen Charakters.
Forster,
der in dem nämlichen Hause mit
Lux
wohnte, erfuhr den Schritt des letzteren erst dann, als die erste Schrift schon dem Druck übergeben war, und las die zweite, bevor
Lux
dieselbe dem Buchdrucker zugeschickt hatte. Bekannt mit der damaligen Lage der Dinge, sah er wohl ein, daß die zweite Schrift von noch größerem Belang als die erste sei und unvermeidlich unangenehme Folgen für
Lux
nach sich ziehen müsse. Er bot daher, allein vergebens, alle Mittel zur Überredung
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