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Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
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auf, um seinen Freund wenigstens zur Unterdrückung der letzteren zu bewegen: –
Lux
beharrte standhaft auf seinem einmal gefaßten Entschlusse – ›wenn die Wahrheit, erwiderte er, wenn die Gerechtigkeit unterliegen soll, so will ich wenigstens mit unterliegen.‹ Die Schrift wurde abgeschickt und, wie Sie wissen, gedruckt.
    Was man erwartet hatte, geschah.
Lux
wurde in Verhaft genommen: ein Kommissär des Revolutions-Ausschusses der Sektion erschien mit der Wache, das heißt mit ein paar bewaffneten Bürgern, die sich frei glaubten und meistens unwissende Instrumente der Tyrannei waren. Er fragte
Lux,
ob er der Verfasser der beiden erschienenen Schriften sei. – ›Ja Kamerad, antwortete
Lux,
ich bin der Verfasser, und hier ist das einzige Exemplar, das ich noch davon besitze.‹ – Während der Kommissär mit dem Protokoll beschäftigt war, frühstückte
Lux
mit der größten Gelassenheit, und weit entfernt, daß der Gedanke, in den Händen der Inquisition zu sein, seinen Appetit verminderte, schien derselbe vielmehr dadurch vermehrt worden zu sein.
    Man führte ihn in einer Kutsche vor den allergemeinsten Sicherheitsausschuß des National-Konvents. Nachdem man ihn lange genug in einem Vorzimmer hatte warten lassen, wurde er endlich zu den Inquisitoren eingelassen.
    Der Kapuziner
Chabot
(der nämliche, der sich mit einem österreichischen Fräulein verheiratet hat) präsidierte damals das hohe Inquisitionstribunal der fränkischen Republik oder vielmehr der Bergfaktion. – Republikanischer Stolz, edle Entrüstung, die endlich in einen gerechten, allein gemessenen Zorn überging, dies waren die Antworten, die der deutsche Mann dem fränkischen Lumpen gab.
Chabot
und seine Kollegen hatten nicht Lust, länger mit einem solchen Mann in Gesellschaft zu bleiben.
Lux
wurde ungesäumt in die Force abgeführt. Er lebte in dem Gefängnisse zum erstenmale in Gesellschaft, er traf hier
Miranda, Montanié
1 und einige andere edle Republikaner an. In der Folge kamen
Vergniaud, Valazé
und einige andere dem Tode geweihte Deputierte hinzu.
    Lux
widmete, wie die meisten der anderen Gefangenen, den Vormittag der Lektüre. Vor dem Mittagessen versammelten sich alle in dem mit Alleen gezierten inneren Hof des Gefängnisses; man unterhielt sich hier mit vieler Freimütigkeit über die Zeitgeschichte und die Ereignisse des Tages, und hier war es, wo ich – Dank sei es dem Zufall, der mich begünstigte – mehr denn einmal in der Gesellschaft der edelsten Republikaner, die so zu sagen schon den Giftbecher von ferne sahen, ganze Stunden zubrachte.
    Lux
war von seinen Unglücksgefährten geschätzt und bewundert, das heißt er war schon auf Erden für dasjenige schadlos gehalten, was man im gewöhnlichen Leben Unglück nennt. Die Kerkermeister, die Gefängniswärter selbst waren über seinen stoischen Mut betroffen – keine Klage entschlüpfte seinem Munde, und jedes Verlangen, jede Forderung war von einer Würde begleitet, deren der freie Mann am wenigsten dann vergessen darf, wenn ihn die Sklaven in Fesseln halten.
    Um einen Gefangenen besuchen zu können, mußte man von dem Revolutions-Ausschuß seiner Sektion einen Erlaubnisschein haben, den man alsdann auf dem Sicherheits-Ausschuß der Gemeinde unterzeichnen lassen mußte: – ich war damals schon wegen starker Verbrechen als
Feuillant
von den einen, als
Girondist
von andern Dummköpfen denunziert – ich hütete mich also wohl, weder in die eine, noch in die andere dieser Banditenhöhlen zu gehen. Meine abgeschnittenen Haare, meine langen Hosen und meine Jacke waren, verbunden mit meinem jugendlichen Aussehen, hinreichend, um wenigstens nicht gleich von den Gefängniswärtern (die immer damit anfingen, den Erlaubnisschein zu fordern) zurückgewiesen zu werden. Als ich den Namen
Lux
nannte, verwandelten sich die finstern Züge des Concierge, und die hundert Riegel sprangen vor mir auf. Eines Tages fand ich
Lux
mit dem Journal de la Montagne in der Hand sehr bewegt und beinahe entrüstet auf- und niedergehen. Ich wußte schon zum Voraus die Ursache. – Einer seiner Mitbürger, der durchaus
Luxen
aus dem Gefängnis retten wollte (G. Wedekind), hatte
Lavaux,
den Verfasser des Journals, dahin bewogen, einen Artikel in dasselbe zu Gunsten
Luxens
einzurücken. Man schilderte in demselben seine Verdienste um die Freiheit, schrieb seine große Handlung der Liebe für
Charlotte Gorday
zu, die ihm den Kopf verrückt habe, suchte ihn also als einen Narren, der zur Zeit, als er seinen

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