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Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
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bald in den Ruf: entsetzlich! bald in den: verkehrt! bald in den: lächerlich! bald in den: tötlich! ausbrach, und endlich den Pack mit den Worten bei Seite legte: »Mich wundert nur, daß Ihr Herr Sohn noch lebt, ob er gleich in Wahrheit zum Gespenste herabgebracht worden zu sein scheint!« Ich erwiderte: ich habe diese Sachen in dem Pack alsbald wieder herausgebrochen, und so konnten sie mich nicht töten! »Das war noch das Beste!« versetzte der Herr Geheimerat mit lautem Gelächter. »Nun, was ich Ihnen jetzt verordne«, sprach er weiter, »muß bei Ihnen bleiben.« Ach! dachte ich, nur das nicht, sonst muß ich sterben! – Das Männlein kam mir wie der gestiefelte Kater vor, der mir aus dem alten Märchen bekannt war; es war mir plötzlich, als hätte ich an ihm, als er am Wagen umgefallen war, auch einen Schwanz hinten bemerkt. Es wurde mir ganz märchenhaft und wunderbar zu Mute, als er nun seine Finger ausstreckte, die ziemlich große Nägel hatten, mir den Puls fühlte, und dann die Augenlider mir mit denselben auseinander zog, und mit seinen grauen blitzenden Augen tief in den Augenstern hineinsah, während er das Kinn auf dem goldenen Knopfe seines spanischen Rohres aufgestützt hielt. Ich bekam Herzklopfen, es kam mir vom Bauche kalt bis in die Stirne herauf, die Leute, die um mich waren, sah ich alle in Tiergestalt und fiel auf einmal bewußtlos zu Boden. »Das ist die erklärteste Asthenie (hörte ich den Herrn Geheimerat sagen, als ich von kölnischem Wasser duftend wieder zu mir kam) und da werden Hopelpobel und Pfefferkörner die zweckmäßigste Diät sein!« – Und ich werde sie sogleich wieder herausbrechen, daß ich nicht sterbe, dachte ich bei mir.
    Der Herr Geheimerat verschrieb mir nun eine Mixtur zu stündlichem Gebrauch und eine Einreibung in den Magen, auch gab er eine lange diätetische Vorschrift, in welcher Hopelpobel und Pfefferkörner eine Hauptrolle spielten.
    Hopelpobel war ein Getränk von Tee, Eigelb und Kirschengeist, echt russischer Art, wie wahrscheinlich auch der Name Hopelpobel. Pfefferkörner sollten nach jeder Speise geschluckt werden, sagte der Herr Geheimerat zu meiner Mutter. »Furchtbare Asthenie durch zu schnelle Entwicklung ist es, sonst nichts«, sprach er, »und da müssen nur stärkende Mittel gereicht werden.«
    Meine Mutter versprach, ihm in allem Folge zu leisten und ihm Nachricht von dem Erfolge seiner Mittel zu geben und sich seinen fernern Rat zu erbitten. Nach erhaltenem Honorar entfernte sich der Herr Geheimerat sehr freundlich, indem er mir strenge Diät und Folgsamkeit empfahl und gewisse Genesung versprach. Glauben Sie mir, liebe Freundin, sagte die Frau von
Stetinkh
zu meiner Mutter, die Heilungen dieses Mannes sind ganz entsetzlich, Menschen, die man begraben wollte, brachte er durch Hopelpobel wieder ins Leben, und ich bin versichert, daß der liebe
Christian
durch die Heilmittel dieses erstaunlichen Arztes in wenigen Wochen von seinem Übel befreit wird; aber sogleich werde ich ihm den Hopelpobel bereiten 1 .
     
Fußnoten
     
    1
Weickardt
war zu Rönnehey im Fuldaischen im Jahre 1742 geboren. Er war ein geistreicher und aufgeklärter Mann, als Arzt aber zu einseitiger Brownianer. Er hatte sich nach der freien Reichsstadt Heilbronn begeben und tat dort den Armen sehr viel Gutes. Der Senat beleidigte ihn dadurch, daß er ihm als einem Fremden Einquartierung gab, und in Unmut verließ er nach einigen Jahren wieder diese Stadt.
     
     
Das amerikanische Nilpferd
    Statt des Mittagessens mußte ich nun ein paar Tassen Hopelpobel trinken, die ich sogleich auch wieder von mir gab; doch blieb von dem geistigen Getränke noch so viel im Magen zurück, daß ich dadurch aufgeregt wurde und es nicht anders tat, als daß man mich abends mit
Matthias
auf den, eine halbe Stunde entfernten, sogenannten nannten Wartberg spazieren ließ. Dem
Matthias
war es bei diesem Gange hauptsächlich darum zu tun, den berühmten Jäger
Nast,
der das Wirtschaftsgebäude auf diesem Berge bewohnte und den Wirt machte, kennen zu lernen.
Nast
hatte einen Hirsch zum Reiten und zu andern Künsten abgerichtet, einen Hasen die Trommel zu schlagen, und einen Esel wahr zu sagen gelehrt. Wir gingen zum sogenannten Sülmertor hinaus. Da begegnete uns bald ein Bauer mit einem stattlichen Pferde an einem Frachtwägelchen, der die gleiche Straße fuhr. »Ei!« schrie der Bauer, »daß wir uns hier begegnen, mein lieber Vetter
Matthias!« Matthias
erkannte in ihm einen nahen Verwandten, einen

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