Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justinus Kerner
Vom Netzwerk:
könnte ich doch ungestört, und ohne dabei nähen zu müssen, in ein Stübchen eingesperrt, und wenn auch an eine Kette gelegt, lesen und dichten, und Lieberes wußte ich nicht. So konnte es nicht fehlen, daß ich auch ohne Furcht und in freudiger Erwartung, ich werde dadurch mit jener mir so schön gedachten Lage auf der Feste Asperg belohnt werden, sehr verpönte politische Gedichte machte, jugendliches Strohfeuer, das zum Glück für mich nicht zündete. Sie hatten keinen poetischen Wert und wurden alle von mir selbst zerstört. Sie waren, ich muß es sagen, ganz erbärmlich. Einige Gedichte aber, weder satirischen noch politischen Inhalts, die ich noch aus jener Zeit vorfand, teile ich hier mit. Man wird in ihnen noch Anklänge an
Klopstocks, Höltys, Goethes
Gedichte finden, mit denen ich mich während meiner Näharbeit oft heimlich beschäftigte, Anklänge, die aber verschwanden, als der mir eigentümliche Ton später in mir erwachte, und jene Klänge auch durch das deutsche Volkslied, das ich erst später kennen lernte, in mir verdrängt wurden.
     
Gedichte aus dem Knabenalter
     
Auf den Tod eines Kindes
    Was ihr habt gewieget und geküsset,
    Glaubet, war kein Kind, es war ein Engel!
    Aber Engel sind nicht dieser Erde –
    Sind dem Himmel.
     
    Ach! nur auf zwei kleine Augenblicke
    Steigen sie zur Erde still hernieder
    In des Menschen Wohnung, sie zu machen
    Gleich dem Himmel.
     
    Blickt dem Engel nach mit stillen Sehnen,
    In der Heimat ist er angekommen,
    Die mit Tränen einstens euch zu liebe
    Er verlassen.
Der Magnet
     
    Sieh' wie das Eisen
    Fest angezogen
    Von dem Magnet, der
    Über ihm schwebet,
    Emporstrebt!
    Es zieht sich,
    Es dehnt sich,
    Verschweben möchte
    Mit ihm es
    In Eins.
     
    So schwebt auch über
    Allen den Welten
    Ein Magnet, der
    Heißet: die Liebe.
    Und es hebt sich
    Voll Sehnsucht
    Meine Seele
    Aus ihrer Hülle,
    Möchte sie reißen,
    Verschweben möchte
    Mit ihr sie
    In Eins.
In der Krankheit
     
    Sinke, schwacher Wanderstab!
    Welke, welke, Leib! ich will dich nimmer!
    Sterne! streuet euren bleichen Schimmer
    Auf des Frühverstorbenen Grab.
    Mutter! was! ein Trauerflor?
    Kränz' mit Rosen deine grauen Haare,
    Die da sterben in dem Lenz der Jahre,
    Schweben ja am reinesten empor.
Gottes Odem
     
    Was mir so freundich
    Schwebt um den Busen!
    Ist es des Westes
    Stilles Gesäusel?
    Sind es der Sonne
    Scheidende Strahlen?
    Oder was ist es?
     
    Gottes, nur Gottes
    Heiliger Odem
    Ist es, er ist es,
    Der so mit Liebe
    Küßt seine Kinder.
     
    Heiliger Odem!
    Mir auch zum Busen!
    Heiliger Odem!
    Küssest ja dort auch
    Liebend das Würmlein,
    Daß es sich wonnig
    Wälzt in dem Staube.
    Drum weh', o heiliger,
    Mir auch zum Busen,
    Bringe dem heißen
    Herzen des Jünglings
    Kühlung und Frieden!
Auf den Tod einer Nonne
     
    Ha! verschwunden ist die Blume,
    Die mit Purpur übermalt,
    Einsam in dem Heiligtume
    Jenes stillen Bergs gestrahlt.
     
    Über dunklen Felsengründen
    Blühte sie dem Himmel nah,
    Wo, zum Strauße sie zu binden,
    Niemals sie ein Jüngling sah.
     
    Doch in ihrem stillen Glanze
    Hat ein Engel sie erblickt
    Und sie lächelnd zu dem Kranze
    Seines Gottes abgepflückt.
Die Lerche
     
    Ringsum malet die Sonne
    Rot und golden den Himmel,
    Weste lispeln und spielen
    Mit dem Kranze der Schnitterin.
     
    In dem Golde des Morgens
    Wiegt sich wonnig die Lerche,
    Blaue Wölkchen umschweben
    Und verhüllen die Sängerin.
     
    Lüfte! singt sie, o tragt mich,
    An den Busen des Vaters!
    Strahlen! ihr kommt von oben,
    Sagt! wo weilet der Liebende?
     
    Sagt's! auf daß ich ihn liebend
    Mit den Flügeln umfange!
    Aufwärts! Wolken! ihr Lüfte!
    Aufwärts! auf zu dem Liebenden!
Die Zwillingssterne
     
    Blicket in des Äthers blaue Fernen,
    Seht, aus tausend Myriaden Sternen
    Lächeln einzig zwei, die sich zusammen
    Ewig voller Lieb und Lust umflammen.
    Als die Teufel in verruchten Stunden
    Ihrem Heiland an das Kreuz gebunden,
    Und er menschlich ausrief im Erblassen:
    Vater! Vater! hast du mich verlassen?
    Blicket Vater von dem Glanz des Thrones,
    Sieht die Wunden des geliebten Sohnes,
    Wie er stirbt den Tod, den schmerzensvollen,
    Tränen da dem Gottesaug' entrollen,
    Und es blitzen zwei in üpp'ger Fülle
    Durch die Himmel, halten mitten stille
    Und verwandeln sich zu lichten Sonnen,
    Christen leben drauf in ew'gen Wonnen.
Des Gärtners Lied
     
    Der Schäfer singt dort unten
    So manches teure Lied,
    Und froher seine Herde
    Auf grüner Wiese zieht.
    Wohlauf! und angestimmt
    Ein Liedchen,

Weitere Kostenlose Bücher