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Bildnis eines Mädchens

Titel: Bildnis eines Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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sichtbaren Furchen rieb, die durch seine Malweise entstanden, wenn er in divisionistischer
     Manier Farbstrich neben Farbstrich setzte. Seine Bilder bekamen so einen eigentümlichen Schimmer und einen Zauber, den man
     sich als Betrachter nicht erklären konnte. Einen solchen Zauber übte Nikas Haar auf ihn aus. Und das Blaugrün ihrer Augen,
     war es nicht genau die Farbe, die sein Bild »Die Quelle« dominierte? War sie nicht die schöne Nackte, die neben dem sprudelnden
     Quell lag?
    Nika berührte leicht den Ärmel seiner schwarzen Jacke und sah ihn fragend an.
    »Nenn mich Segante«, sagte er da fast unwillig, weil sie ihn in seinen Gedanken gestört hatte, »so nennen mich meine Freunde.«
    »Aber wir sind keine Freunde«, sagte Nika, »auch wenn Sie mich hier besuchen.«
    Er sah sie überrascht an. »Nun, wie du meinst. Jedenfalls dachte ich, ich könnte dich im Zeichnen unterrichten. Wenn du willst,
     bringe ich das nächste Mal dein Heft mit. Ich gebe dir eine Aufgabe, und das folgende Mal besprechen wir, wie du es besser
     machen kannst.«
    Sie stand wie erstarrt, als hätte er etwas Schreckliches gesagt. Dann füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Das würden Sie
     tun? Für mich?«
    »Warum nicht. Probieren könnte man es.«
    Er sah verlegen zur Seite. Dass sie auch noch weinen musste.Und weil er wegsah, konnte er sich nicht rechtzeitig dagegen wehren, dass sie seine Hand nahm, an ihr nasses Gesicht presste
     und einen Kuss darauf drückte.
    »Nicht«, sagte er.
    »Doch«, sagte sie mit vom Weinen erstickter Stimme, »doch.«
     
    Als Segantini am Hotel vorbeiging, hob Achille Robustelli, der vor das Haus getreten war, grüßend die Hand. Segantini grüßte
     zurück und ging schnell weiter. Es lag ihm nicht daran, in ein Gespräch verwickelt zu werden.
    Seine Furcht war unbegründet. Achille Robustelli sah vieles, ohne das Bedürfnis zu haben, darüber zu sprechen.
    ***
    Betsy telefonierte mit ihrer Schwester Emma und versuchte, die Panik, die nun wahrscheinlich in Zürich im Hause Schobinger
     ausbrechen würde, so weit als möglich aus der Ferne zu dämpfen.
    »Emma, wir haben hier alles getan, was man im Moment tun kann. Der Arzt ist gut, ich frage mich, warum euer Hausarzt nicht
     früher etwas gesehen hat. Aber nun gut. Dr.   Bernhard meint, die Krankheit sei noch nicht lange ausgebrochen. Die Privatklinik in St. Moritz ist neu, bestens geführt und
     sehr komfortabel. Mathilde hat ein schönes Zimmer mit Liegebalkon und Blick auf den See, sie ist froh, hierbleiben zu können
     und nicht in ein Sanatorium nach Davos oder sonstwohin zu müssen.«
    Sie unterbrach sich, aber nur kurz, um Luft zu holen, denn sie wollte ihre Schwester nicht zu Wort kommen lassen, ehe sie
     ihr das Wichtigste mitgeteilt hatte.
    »Und schau, es trifft sich gut: Ich habe nichts Besonderesvor im Moment und kann meinen Aufenthalt hier beliebig verlängern, um bei Mathilde zu bleiben. Bring jetzt erst einmal Franz
     das Ganze schonend bei. Und dann kommst du oder kommt ihr beide zu Besuch, sobald ihr es einrichten könnt.«
    Betsy seufzte und hielt den Hörer weit weg von ihrem Ohr. Ein Redeschwall drang aus der Hörmuschel. Dass Emma diese unerwartete,
     bedrohliche Nachricht nicht gelassen hinnahm, war ja nicht weiter verwunderlich.
    »Wir müssen auch Zollers informieren«, sagte Emma gerade, »das ist ja schrecklich. Was werden sie sagen! Gleich nach eurer
     Rückkehr aus St. Moritz hätten wir mit den Hochzeitsvorbereitungen anfangen wollen. Und nun ein solcher Schlag. Hat Mathilde
     schon mit Adrian gesprochen?«
    »Nein, Emma. Aber ich glaube wirklich, es ist besser, wenn du das im Moment übernimmst. Und schick ihn nicht gleich zu Besuch
     herauf, hörst du? Erst muss Mathilde selbst die Diagnose verkraften, ihre Gemütslage schwankt im Moment sehr. Wir wollen doch
     nicht, dass es mit Adrian zu ungewollten Missverständnissen kommt, nur weil die Aufregung im Moment noch so groß ist.«
    Eins nach dem anderen, dachte Betsy, nicht dass ihre Schwester noch einen Herzinfarkt bekam.
    »Da hast du recht, Elisabeth.«
    Gott sei Dank verfing dieses Argument.
    »Gut«, erwiderte Besty, »also, du hältst alle fern, bis Mathilde sich ein wenig beruhigt hat und der Tagesablauf in der Klinik
     Alltag für sie geworden ist. Denn weißt du, und darauf müsst ihr euch leider einrichten, eine Weile wird sie hierbleiben müssen.
     Ihr werdet noch viel Zeit für Besuche haben.«
    ***
    Während Mathilde unter der Obhut von Dr.  

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