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Bildnis eines Mädchens

Titel: Bildnis eines Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dörthe Binkert
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verloren hast, ja?« Und damit ließ Betsy ihre Nichte allein.
    ***
    Kate hatte das Zimmermädchen gerufen und ein Bad herrichten lassen. Das Mädchen, Andrina hieß es, war flink, und Kate verlangte
     grundsätzlich nach ihr, weil sie lieber hübsche als hässliche Mädchen herumdirigierte.
    »Wissen Sie eigentlich, wie hübsch Sie sind?«, fragte sie Andrina, als die ihr mitteilte, das Bad sei bereit. »Sie werden
     es leicht haben im Leben, glauben Sie mir. Schönheit ebnet manchen Weg. Darum gebe ich den Hässlichen gern ein Trinkgeld,
     sie müssen sich so mühen, die Armen«, und damit entließ sie das Zimmermädchen ohne die kleinste Münze, aber mit einem aufmunternden
     Lächeln.
    Das warme Wasser, das Badesalz, die weichen, duftenden Handtücher entspannten und erregten Kate. Sie hatte James zu verstehen
     gegeben, dass sie mit Betsy und Mathilde im Hotel zu Abend essen würde und ihn später in ihrem Zimmer erwartete. James war
     vage geblieben. Edward wolle ihm sicher von seiner Bergtour berichten, und er wisse nicht, wie der Abend sich entwickeln werde.
     Darauf hatte sie leicht ungehalten erwidert: »Vom Abend, mein Lieber, spricht auch niemand.«
    Er würde schon kommen. Ein Mann wie er ließ sich keine Nacht mit einer attraktiven Frau entgehen, da war sie sich sicher.
     Und schon gar nicht, wenn sie ohne Konsequenzen zu haben war: keine Gefühlsausbrüche, kein Klammern, keine Zukunftserwartungen,
     keine Ewigkeit, kurz, keine Handschellen und nicht einmal die Gefahr einer Syphilis.
    Der Abend mit Betsy und Mathilde war kurz gewesen. Landschaftsbeschreibungen, Esel und Alpenrosen langweiltensie, und der Name Segantini sagte ihr immer noch nicht mehr, als sie beim Picknick am Stazer See über ihn erfahren hatte.
    Kate betrachtete ihren Körper, der klein und geschmeidig war, auf dem Sprung wie ihr Kopf, der ständig nach Gelegenheiten
     suchte zu gewinnen. Ihr Körper gab sich so wenig hin wie ihr Herz oder ihr Verstand, und es faszinierte die Männer, wie er,
     glatt und unverblümt, Befriedigung suchte. Der parfümierte Puder verbreitete seinen Duft im Bad. Kate hüstelte, als sie sich
     mit der Puderquaste bestäubte und etwas von den feinen Partikeln einatmete. Sie schlüpfte in ihren Hausmantel und die Samtpantöffelchen,
     die ihre kleinen Füße zur Geltung brachten, ging ins Zimmer zurück und klingelte nach dem Etagenkellner, der Augen machte.
     Ja, der Mantel mit seinen üppigen Samtblumen in Blassrosa, Lachs und Gold auf dem seidenen, weich fließenden Grund war hinreißend,
     das wusste sie. Ihr Mann, der sie gern »mein kleines Luder« nannte, liebte es etwas ordinärer, aber eigentlich ging das an
     ihrem Wesen vorbei. Lust bestand für sie in der Durchsetzung ihres Willens, nicht in einer körperlichen Sinnlichkeit, die
     geil erscheinen mochte; bestand in der Kontrolle anderer und nicht darin, dass sie sich vergaß und an irgendetwas verlor.
    Der Kellner stand immer noch abwartend da.
    »Bringen Sie Foie gras und Champagner, zwei Teller, zwei Gläser. Und schauen Sie mich nicht so an, das zweite Glas ist nicht
     für Sie.«
    Sie war plötzlich verärgert, dass James noch nicht da war. Und während sie bestellte, sah sie sich plötzlich allein vor dem
     Champagner sitzen. Eine demütigende Vorstellung, dass der Kellner fragen könnte: »Soll ich den Champagner schon für Madame
     öffnen, oder möchten Sie noch warten?«
     
    Sie war erleichtert, als es an der Tür klopfte und James davorstand.
    »Eilig haben Sie es nicht gehabt«, bemerkte sie statt einer Begrüßung und zog ihn in den Salon.
    »Sie sehen zauberhaft aus, Kate«, entgegnete James, nahm auf dem Sofa Platz, breitete beide Arme über die geschwungene Rückenlehne
     und betrachtete sie lächelnd.
    »So nehmen Sie schon Ihren Hut ab, James«, gab sie sein Lächeln zurück. »Oder wollen Sie ganz förmlich bleiben?« Sie zog ihm
     den Hut vom Kopf und beugte sich dabei zärtlich zu ihm vor.
    Kates Duft war verführerisch, James nahm sie bei der Taille und zog sie auf seinen Schoß. Der seidene Hausmantel mit den delikaten
     Blumenapplikationen rutschte ihr über die Schultern, und James küsste ihren Hals, die makellose Schulter, legte die Fingerspitze
     auf die Stelle zwischen ihren Brüsten, die in einem großzügigen Dekolleté eben noch zu sehen gewesen wäre.
    Kate wartete nicht, bis er sie auf den Mund küsste. Mit einem kleinen, unwillkürlichen Laut, der Triumph ausdrückte oder vielleicht
     auch nur Wohlbehagen, legte

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