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Billard Um Halb Zehn: Roman

Billard Um Halb Zehn: Roman

Titel: Billard Um Halb Zehn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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fragte Jochen. »Aber gern. Nicht zuviel Sonne? Also Ostseite. Hugo, du sorgst mir dafür, daß die Herren einen Fensterplatz an der Ostseite bekommen. Keine Ursache.« - Trinkgelder werden hier gern angenommen. Eine Mark ist eine ehrliche runde Münze, und Trinkgeld ist die Seele des Berufs, und ich habe doch gesiegt, mein Bester, du hast ihn nicht zu Gesicht bekommen. Wie bitte, ob Herr Dr. Fähmel auch sonntags hier Billard spielt? Schrella? Um Gottes willen! Da brauch ich nicht mal auf die rote Karte zu sehen. »Mein Gott, Sie werden einem alten Mann zu dieser stillen Stunde hier wohl eine außerdienstliche Bemerkung verzeihen, Herr Schrella! Ich habe ja Ihren Vater gut gekannt, gut; der hat doch ein Jahr bei uns gearbeitet - damals in dem Jahr, als das Deutsche Turn- und Sportfest war; Sie erinnern sich sogar daran? Natürlich, Sie müssen damals schon so an die zehn, elf gewesen sein; hier, meine Hand, ich würde mich freuen, wenn Sie sie drückten; mein Gott, Sie werden mir hier ein paar Gefühle verzeihen, die sozusagen nicht zu meinem Dienst gehören; ich bin alt genug, mir das leisten zu können; Ihr Vater war ein ernster Mann, und würdig! Mein Gott, der ließ sich keine Frechheiten gefallen und war zu denen, die nicht frech waren, wie ein Lamm; ich habe oft an Ihren Vater gedacht - verzeihen Sie mir, wenn ich da an alte Wunden rühre; um Gottes willen - ich hab ja ganz vergessen, mein Gott; ein Glück, daß diese Schweine nichts mehr zu sagen haben; aber Vorsicht, Herr Schrella, Vorsicht; manchmal mein ich: die haben doch gesiegt. Vorsicht. Trauen Sie dem Frieden nicht - und verzeihen Sie einem alten Mann ein paar außerdienstliche Gefühle und Bemerkungen. Hugo, den allerbesten Platz an der Ostseite für die Herren, den allerbesten. Nein, Herr Schrella, sonntags kommt Herr Dr. Fähmel nicht zum Billardspiel, nein, sonntags nicht; der wird sich freuen, Sie sind doch Jugendfreunde und Gesinnungsgenossen gewesen, nicht wahr? Glauben Sie nicht, daß alle Menschen vergeßlich sind. Sollte er aus irgendeinem Grund hier auftauchen, so würde
    ich Ihnen Nachricht geben, falls Sie mir Ihre Adresse hinterlassen; ich schicke Ihnen einen Boten, ein Telegramm, ich rufe an, wenn Sie wollen. Für unsere Kunden tun wir doch alles.«
    Hugo verzog keine Miene; Erkennen wird nur auf Wunsch der Gäste vollzogen; im Billardsaal gebrüllt? Diskretion; Stacheldrahtpeitsche? Nein; unangebrachte Vertraulichkeiten und Kombinationen müssen vermieden werden; Diskretion ist das Banner des Berufs. Die Karte? Hier bitte, die Herren. Ist der Platz den Herren genehm? Ostseite, Fensterplatz, nicht zuviel Sonne? Blick auf das Ostchor von Sankt Severin: frühromanisch, elftes oder zwölftes Jahrhundert; Erbauer: der heilige Herzog Heinrich, der Wilde. Jawohl, mein Herr, den ganzen Tag über warme Küche; alle Speisen, die Sie auf der Karte finden, von zwölf bis vierundzwanzig Uhr servierbar. Das beste Menü? Sie haben ein „Wiedersehensfest“ zu feiern; leicht vertrauliches Lächeln, wie es bei einer solch vertraulichen Mitteilung angebracht ist; nur nicht denken; Schrella, Nettlinger, Fähmel; keine Kombinationen; Narben auf dem Rücken? Ja, der Ober wird gleich kommen und Ihre Bestellung entgegennehmen.
    »Trinkst du auch einen Martini?« fragte Nettlinger.
    »Ja, bitte«, sagte Schrella. Er gab dem Jungen seinen Mantel, seinen Hut, fuhr sich durchs Haar und setzte sich; im Saal saßen nur wenige Gäste, in der Ecke hinten, murmelten leise miteinander; sanftes Lachen wurde von mildem Gläserklirren untermalt; Sekt.
    Schrella nahm den Martini vom Tablett, das der Kellner ihm hinhielt, wartete, bis auch Nettlinger seinen genommen hatte, hob das Glas, nickte Nettlinger zu und trank; Nettlinger schien auf eine unangemessene Weise gealtert; Schrella hatte den strahlenden blonden Jungen in Erinnerung, dessen brutaler Mund immer einen gutmütigen Zug behalten hatte; der mit Leichtigkeit einssiebenundsechzig hoch gesprungen, die hundert
    offenbar, dachte Schrella, sind sie nicht einmal ihrer Siege froh geworden; schlechte Erziehung, schlechte Ernährung und keinen Stil; frißt wahrscheinlich zuviel; schon halb kahl, schon Alterssentimentalität im feuchten Auge. Nettlinger beugte sich mit fachmännisch verzogenem Mund über die Speisekarte, seine weiße Manschette rutschte hoch, eine goldene Armbanduhr wurde sichtbar, der Trauring am Ringfinger; mein Gott, dachte Schrella, selbst wenn er das alles nicht getan hätte, würde Robert wohl keine

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