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Billard Um Halb Zehn: Roman

Billard Um Halb Zehn: Roman

Titel: Billard Um Halb Zehn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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Schiffsfriedhof war! Erinnerst du dich auch nicht an Alois, der in unserer Klasse gewesen ist?«
    »Ach«, sagte Nettlinger, nahm sich Selleriesalat auf den Teller, »jetzt erinnere ich mich; den Alois haben wir wochenlang gesucht und nicht gefunden, und den alten Trischler hat Wakiera selbst verhört, aber er hat nichts, nichts aus ihm herausbekommen, auch aus der Frau nicht.«
    »Du weißt nicht, ob sie noch leben?«
    »Nein. Aber die Gegend da unten ist oft bombardiert worden. Wenn du willst, laß ich dich rausbringen. Mein Gott«, sagte er leise, »was ist denn los, was hast du vor?«
    »Ich möchte gehen«, sagte Schrella, »entschuldige, aber ich muß jetzt hier raus.«
    Er stand auf, trank im Stehen sein Bier aus, winkte dem Kellner, und als dieser leise herankam, deutete Schrella auf die Silberplatte, wo noch drei Stücke gebratenen Huhns im leise brutzelnden Fett auf dem Warmhalter schmorten.
    »Bitte«, sagte Schrella, »würden Sie mir das so einpacken lassen, daß kein Fett nach außen dringt?«
    »Aber gern«, sagte der Kellner, nahm die Platte vom Halter, beugte sich, schon zum Gehen gewendet, noch einmal zurück und fragte: »Auch die Kartoffeln, der Herr - und vielleicht etwas Salat?«
    »Nein, danke«, sagte Schrella lächelnd, »die Pommes frites werden weich, und der Salat schmeckt später nicht mehr.« Er suchte in dem gepflegten Gesicht des grauhaarigen Kellners vergebens nach einer Spur von Ironie.
    Nettlinger blickte böse von seinem Teller hoch. »Gut«, sagte er, »du willst dich an mir rächen, ich kann das verstehen, aber daß du es auf diese Weise machen mußt.«
    »Wäre es dir lieber, wenn ich dich umbrächt e?« Nettlinger schwieg.
    »Es ist übrigens keine Rache«, sagte Schrella, »ich muß einfach hier raus, ich halte es nicht mehr aus, und ich hätte mir mein Leben lang Vorwürfe gemacht, wenn ich das Hühnchen hätte zurückgehen lassen; vielleicht kannst du dich entschließen, diesen Akt wirklich meiner ökonomischen Veranlagung zuzuschreiben; wenn ich sicher wäre, daß sie den Kellnern und Pikkolos erlaubten, die Reste aufzuessen, würde ich es liegenlassen - aber ich weiß, daß sie das hier nicht gestatten.«
    Er dankte dem Boy, der seinen Mantel gebracht und ihm hineingeholfen hatte, nahm seinen Hut, setzte sich noch einmal hin und fragte: »Du kennst Herrn Fähmel?«
    »Ja«, sagte Hugo.
    »Kennst du auch seine Telefonnummer?«
    »Ja.«
    »Würdest du mir einen Gefallen tun und jede halbe Stunde bei ihm anrufen; wenn er sich meldet, ihm sagen, daß ein gewisser Herr Schrella ihn sehen möchte?«
    »Ja.«
    »Ich bin nicht sicher, daß dort, wo ich hin muß, Telefonzellen sind, sonst würde ich es selbst tun. Hast du meinen Namen verstanden?«
    »Schrella«, sagte Hugo.
    »Ja.«
    »Ich melde mich gegen halb sieben und frage nach dir. Wie heißt du?«
    »Hugo.«
    »Vielen Dank, Hugo.«
    Er stand auf, blickte auf Nettlinger hinunter, der noch eine Lendenscheibe vom Tablett nahm. »Es tut mir leid«, sagte Schrella, »daß du eine so harmlose Handlung als Racheakt empfinden kannst. Ich habe nicht einen Augenblick an Rache gedacht, aber vielleicht verstehst du, daß ich jetzt gehen möchte; sehr lange möchte ich nämlich nicht in dieser gastlichen Stadt bleiben, und ich habe noch einiges zu erledigen. Vielleicht darf ich dich noch einmal an die Fahndungsliste erinnern?«
    »Selbstverständlich bin ich jederzeit für dich zu sprechen, privat oder im Amt, wie du willst.«
    Schrella nahm aus den Händen des Kellners den sauber verpackten weißen Karton, gab dem Kellner ein Trinkgeld.
    »Es wird kein Fett nach außen dringen, mein Herr«, sagte der Kellner, »es ist alles in Cellophan verpackt in unserem Spezial- Picknickkarton.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Schrella.
    Nettlinger hob den Kopf ein wenig und sagte: »Auf Wiedersehen.«
    »Ja«, sagte Jochen gerade, »gerne, und dann sehen Sie schon das Schild: Zu den römischen Kindergräbern, es ist bis acht geöffnet und nach Einbruch der Dunkelheit beleuchtet, gnädige Frau. Keine Ursache, vielen Dank.« Er kam hinter der Theke
    herausgehumpelt, auf Schrella zu, dem der Boy schon die Tür aufhielt.
    »Herr Schrella«, sagte er leise, »ich werde alles tun, um herauszubekommen, wo Herr Dr. Fähmel zu erreichen ist, eins habe ich inzwischen im Cafe Kroner schon erfahren können: um sieben findet dort eine Familienfeier statt, zu Ehren des alten Herrn Fähmel; dort werden Sie ihn also bestimmt treffen.«
    »Danke«, sagte Schrella,

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