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Billard Um Halb Zehn: Roman

Billard Um Halb Zehn: Roman

Titel: Billard Um Halb Zehn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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»herzlichen Dank«, und er wußte, daß hier kein Trinkgeld angebracht war; er lächelte dem alten Mann zu, ging durch die Tür, die hinter ihm leise in ihre Filzfugen zurückpendelte.
8

    Die Autobahn war in ihrer ganzen Breite durch massive Schilder gesperrt; die Brücke, die hier über den Fluß geführt hatte, war zerstört, sauber an den Rampen weggesprengt; rostige Drahtseile hingen zerfasert von den Pylonen herunter; drei Meter hohe Schilder verkündeten, was hinter ihnen lauerte: TOD; gekreuztes Gebein, ums Zehnfache drohend vergrößerte Totenschädel, grellweiß auf tiefschwarz gemalt, verkündeten es bildhaft für die, denen das Wort nicht genügte.
    Auf diesem toten Arm übten fleißige Adepten von Fahrschulen sich im Schalten, gewöhnten sich an Geschwindigkeit, quälten die Gangschaltung, um rückwärts nach links, rückwärts nach rechts zu drehen, sich ans Wenden zu gewö hnen; auf diesem Damm, der am Golfplatz vorbei zwischen Schrebergärten hinführte, ergingen sich auch sauber gekleidete Männer und Frauen, mit ihren Feierabendgesichtern strebten sie auf die Rampe, den drohenden Schildern zu, hinter denen verborgen biedere Baubuden dem Tod zu spotten schienen; blauer Qualm stieg hinter TOD aus Ofen, auf denen Nachtwächter ihren Henkelmann wärmten, Brot rösteten und mit Fidibussen ihre Pfeifen ansteckten. Bombastische Treppen waren der Zerstörung nicht anheimgefallen, dienten jetzt in abendlicher Sommerwärme müden Spaziergängern als Sitzgelegenheit; aus zwanzig Metern Höhe konnten sie von hier aus den Fortgang der Arbeiten beobachten: Taucher in gelben Anzügen glitten in die Fluten hinab, führten die Schlingen der Krane an Eisenteile, an Betonbrocken heran, und die Krane zogen ihre triefende Beute herauf, luden sie auf Lastkähne. Auf hohen Gerüsten und schwankenden Stegen, in Mastkörben hoch an den Pylonen schweißten Arbeiter mit bläulich blitzenden Schweißapparaten angerissene Stahlteile ab, verbogene Nieten, zerschnitten zerfranste Drahtseilreste; die Strompfeiler mit ihren Querstützen standen wie leere Riesentore im Strom, rahmten
    einen Hektar blauen Nichts ein; Sirenen gaben Signal: Fahrrinne frei, Fahrrinne besetzt; rote Lichter, grüne; Schleppzüge brachten Kohle und Holz von hier nach dort, von dort nach hier.
    Grüner Fluß, Heiterkeit, sanfte Ufer mit Weidengebüsch, bunte Schiffe, blaue Blitze aus Schweißapparaten; drahtige Männer, drahtige Frauen, ernsten Gesichts, die Schläger geschultert, gingen über makellosen Rasen hinter Golfbällen her; achtzehn Löcher; Rauch stieg aus Gärten hoch, Bohnenlaub, Erbsenlaub, ausgewechselte Zaunpfähle verwandelten sich in Rauch, bildeten liebliche Schwaden am Himmel, die Jugendstil- Elfen glichen, sich barock zusammenballten, sich dann hellgrau am Nachmittagshimmel zu zerquälten Figuren verzerrten, bevor eine Windströmung oben sie zerfetzte und auf den Horizont zujagte; rollerfahrende Kinder fielen sich auf dem grob belegten Parkstreifen Arme und Knie wund, zeigten erschrockenen Müttern schürfige Wunden und erpreßten Limonadeversprechen, Eisversprechen; Liebespaare, die Hände verschlungen, strebten den Weidenbüschen zu, wo die Hochwasserspur längst gebleicht war: Schilfrohr, Korken, Flaschen und Schuhcremedosen; Schiffer stiegen über schwankende Stege an Land, Frauen mit Einkaufskörben am Arm und Zuversicht in den Augen; Wäsche flatterte auf blitzsauberen Kähnen im Abendwind; grüne Hosen, rote Blusen, schneeweiße Bettücher über dem tiefen Schwarz des frischen Teers, der wie japanischer Lack glänzte; schlammbedeckt, tangbedeckt tauchten Brückenteile auf; hinten die graue schlanke Silhouette von Sankt Severin, und im Cafe Bellevue verkündete die erschöpfte Kellnerin: »Der Sahnekuchen ist alle«, wischte sich den Schweiß vom groben Gesicht, wühlte in der Ledertasche nach Wechselgeld. »Nur noch Sandkuchen - nein, auch das Eis ist alle.«
    Joseph ließ sich das Wechselgeld in die offene Hand zählen, steckte die Münzen in die Hosentasche, den Schein in die
    Tasche seines Hemds, drehte sich Marianne zu und kämmte ihr
    mit der gespreizten Hand die Schilfreste aus dem dunklen Haar, klopfte Sand aus ihrem grünen Pullover.
    »Du hast dich doch so auf die Feier gefreut«, sagte sie, »was ist denn los?«
    »Es ist nichts los«, sagte er.
    »Ich spüre es doch; es ist etwas anders!«
    »Ja.«
    »Willst du es mir nicht sagen?«
    »Später«, sagte er, »vielleicht erst in Jahren, vielleicht auch bald. Ich weiß

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