Billard um halbzehn
wenigsten Aufsehen erregen, deshalb die hohen Preise; das ist der Preis für Kellner, die keine Miene verziehen; aber Brot mit den Fingern essen und Fisch mit
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den Fingern drauflegen - das ist weder unnatürlich noch unpraktisch.«
Er nahm lächelnd die letzte Lachsscheibe vom Tablett, öffnete die Toastschnitten noch einmal und klemmte den Fisch dazwischen. Nettlinger sah ihn böse an.
»Wahrscheinlich«, sagte Schrella, »würdest du mich jetzt am liebsten umbringen, aus anderen Motiven als damals, das muß ich zugeben, aber das Ziel wäre das gleiche; höre, was der Sohn eines Kellners dir zu verkünden hat: ein wirklich feiner Mann unterwirft sich nie der Tyrannei der Kellner, unter denen es natürlich welche gibt, die wie feine Leute denken.«
Er aß seine Schnitte, während der Kellner, von einem Boy assistiert, für den Hauptgang deckte; komplizierte Warmhaltevorrichtungen wurden auf kleinen Tischen aufgebaut, Bestecke und Teller verteilt, die benutzten wurden weggeräumt, für Nettlinger wurde Wein, für Schrella Bier gebracht.
Nettlinger kostete den Wein. »Ein ganz klein wenig zu warm«, sagte er.
Schrella ließ sich Huhn vorlegen, Kartoffeln und Salat, prostete Nettlinger mit seinem Bierglas zu und beobachtete, wie der Kellner Nettlinger tiefbraune schwere Sauce über das Lendenstück goß.
»Lebt eigentlich Wakiera noch?«
»Natürlich«, sagte Nettlinger, »er ist erst achtundfünfzig, und
- du wirst das Wort aus meinem Munde bestimmt komisch finden: er ist einer von den Unbelehrbaren.«
»Ach«, fragte Schrella, »wie soll ich das verstehen; ob es das wirklich geben kann: unbelehrbare Deutsche?«
»Nun, er pflegt dieselben Traditionen, die er im Jahre 1935 zu pflegen beliebte.«
»Hindenburg und so? Anständ ig, anständig, Treue, Ehre -
wie?« »Genau. Hindenburg wäre das Stichwort für ihn.«
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»Und das Stichwort für dich?«
Nettlinger blickte von seinem Teller auf, hielt die Gabel in einem Fleischstück fest, das er gerade abgeschnitten hatte.
»Wenn du mich doch verstehen würdest«, sagte er, »ich bin Demokrat, ich bin es aus Überzeugung.«
Er senkte seinen Kopf wieder über die Lendenschnitte, hob die Gabel mit dem aufgespießten Fleischstück hoch, schob es in den Mund, wischte sich den Mund mit der Serviette, griff kopfschüttelnd nach seinem Weinglas.
»Was ist aus Trischler geworden?« fragte Schrella.
»Trischler? Ich entsinne mich nicht.«
»Der alte Trischler, der am unteren Hafen wohnte, wo später der Schiffsfriedhof war! Erinnerst du dich auch nicht an Alois, der in unserer Klasse gewesen ist?«
»Ach«, sagte Nettlinger, nahm sich Selleriesalat auf den Teller, »jetzt erinnere ich mich; den Alois haben wir wochenlang gesucht und nicht gefunden, und den alten Trischler hat Wakiera selbst verhört, aber er hat nichts, nichts aus ihm herausbekommen, auch aus der Frau nicht.«
»Du weißt nicht, ob sie noch leben?«
»Nein. Aber die Gegend da unten ist oft bombardiert worden.
Wenn du willst, laß ich dich rausbringen. Mein Gott«, sagte er leise, »was ist denn los, was hast du vor?«
»Ich möchte gehen«, sagte Schrella, »entschuldige, aber ich muß jetzt hier raus.«
Er stand auf, trank im Stehen sein Bier aus, winkte dem Kellner, und als dieser leise herankam, deutete Schrella auf die Silberplatte, wo noch drei Stücke gebratenen Huhns im leise brutzelnden Fett auf dem Warmhalter schmorten.
»Bitte«, sagte Schrella, »würden Sie mir das so einpacken lassen, daß kein Fett nach außen dringt?«
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»Aber gern«, sagte der Kellner, nahm die Platte vom Halter, beugte sich, schon zum Gehen gewendet, noch einmal zurück und fragte: »Auch die Kartoffeln, der Herr - und vielleicht etwas Salat?«
»Nein, danke«, sagte Schrella lächelnd, »die Pommes frites werden weich, und der Salat schmeckt später nicht mehr.« Er suchte in dem gepflegten Gesicht des grauhaarigen Kellners vergebens nach einer Spur von Ironie.
Nettlinger blickte böse von seinem Teller hoch. »Gut«, sagte er, »du willst dich an mir rächen, ich kann das verstehen, aber daß du es auf diese Weise machen mußt.«
»Wäre es dir lieber, wenn ich dich umbrächt e?«
Nettlinger schwieg.
»Es ist übrigens keine Rache«, sagte Schrella, »ich muß einfach hier raus, ich halte es nicht mehr aus, und ich hätte mir mein Leben lang Vorwürfe gemacht, wenn ich das Hühnchen hätte zurückgehen lassen; vielleicht kannst du dich entschließen, diesen Akt wirklich meiner
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