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Billard um halbzehn

Billard um halbzehn

Titel: Billard um halbzehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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ökonomischen Veranlagung zuzuschreiben; wenn ich sicher wäre, daß sie den Kellnern und Pikkolos erlaubten, die Reste aufzuessen, würde ich es liegenlassen - aber ich weiß, daß sie das hier nicht gestatten.«
    Er dankte dem Boy, der seinen Mantel gebracht und ihm hineingeholfen hatte, nahm seinen Hut, setzte sich noch einmal hin und fragte: »Du kennst Herrn Fähmel?«
    »Ja«, sagte Hugo.
    »Kennst du auch seine Telefonnummer?«
    »Ja.«
    »Würdest du mir einen Gefallen tun und jede halbe Stunde bei ihm anrufen; wenn er sich meldet, ihm sagen, daß ein gewisser Herr Schrella ihn sehen möchte?«
    »Ja.«
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    »Ich bin nicht sicher, daß dort, wo ich hin muß, Telefonzellen sind, sonst würde ich es selbst tun. Hast du meinen Namen verstanden?«
    »Schrella«, sagte Hugo.
    »Ja.«
    »Ich melde mich gegen halb sieben und frage nach dir. Wie heißt du?«
    »Hugo.«
    »Vielen Dank, Hugo.«
    Er stand auf, blickte auf Nettlinger hinunter, der noch eine Lendenscheibe vom Tablett nahm. »Es tut mir leid«, sagte Schrella, »daß du eine so harmlose Handlung als Racheakt empfinden kannst. Ich habe nicht einen Augenblick an Rache gedacht, aber vielleicht verstehst du, daß ich jetzt gehen möchte; sehr lange möchte ich nämlich nicht in dieser gastlichen Stadt bleiben, und ich habe noch einiges zu erledigen. Vielleicht darf ich dich noch einmal an die Fahndungsliste erinnern?«
    »Selbstverständlich bin ich jederzeit für dich zu sprechen, privat oder im Amt, wie du willst.«
    Schrella nahm aus den Händen des Kellners den sauber verpackten weißen Karton, gab dem Kellner ein Trinkgeld.
    »Es wird kein Fett nach außen dringen, mein Herr«, sagte der Kellner, »es ist alles in Cellophan verpackt in unserem Spezial-Picknickkarton.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Schrella.
    Nettlinger hob den Kopf ein wenig und sagte: »Auf Wiedersehen.«
    »Ja«, sagte Jochen gerade, »gerne, und dann sehen Sie schon das Schild: Zu den römischen Kindergräbern, es ist bis acht geöffnet und nach Einbruch der Dunkelheit beleuchtet, gnädige Frau. Keine Ursache, vielen Dank.« Er kam hinter der Theke
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    herausgehumpelt, auf Schrella zu, dem der Boy schon die Tür aufhielt.
    »Herr Schrella«, sagte er leise, »ich werde alles tun, um herauszubekommen, wo Herr Dr. Fähmel zu erreichen ist, eins habe ich inzwischen im Cafe Kroner schon erfahren können: um sieben findet dort eine Familienfeier statt, zu Ehren des alten Herrn Fähmel; dort werden Sie ihn also bestimmt treffen.«
    »Danke«, sagte Schrella, »herzlichen Dank«, und er wußte, daß hier kein Trinkgeld angebracht war; er lächelte dem alten Mann zu, ging durch die Tür, die hinter ihm leise in ihre Filzfugen zurückpendelte.
    -204-

    8
    Die Autobahn war in ihrer ganzen Breite durch massive Schilder gesperrt; die Brücke, die hier über den Fluß geführt hatte, war zerstört, sauber an den Rampen weggesprengt; rostige Drahtseile hingen zerfasert von den Pylonen herunter; drei Meter hohe Schilder verkündeten, was hinter ihnen lauerte: TOD; gekreuztes Gebein, ums Zehnfache drohend vergrößerte Totenschädel, grellweiß auf tiefschwarz gemalt, verkündeten es bildhaft für die, denen das Wort nicht genügte.
    Auf diesem toten Arm übten fleißige Adepten von
    Fahrschulen sich im Schalten, gewöhnten sich an
    Geschwindigkeit, quälten die Gangschaltung, um rückwärts nach links, rückwärts nach rechts zu drehen, sich ans Wenden zu gewö hnen; auf diesem Damm, der am Golfplatz vorbei zwischen Schrebergärten hinführte, ergingen sich auch sauber gekleidete Männer und Frauen, mit ihren Feierabendgesichtern strebten sie auf die Rampe, den drohenden Schildern zu, hinter denen verborgen biedere Baubuden dem Tod zu spotten schienen; blauer Qualm stieg hinter TOD aus Ofen, auf denen Nachtwächter ihren Henkelmann wärmten, Brot rösteten und mit Fidibussen ihre Pfeifen ansteckten. Bombastische Treppen waren der Zerstörung nicht anheimgefallen, dienten jetzt in abendlicher Sommerwärme müden Spaziergängern als
    Sitzgelegenheit; aus zwanzig Metern Höhe konnten sie von hier aus den Fortgang der Arbeiten beobachten: Taucher in gelben Anzügen glitten in die Fluten hinab, führten die Schlingen der Krane an Eisenteile, an Betonbrocken heran, und die Krane zogen ihre triefende Beute herauf, luden sie auf Lastkähne. Auf hohen Gerüsten und schwankenden Stegen, in Mastkörben hoch an den Pylonen schweißten Arbeiter mit bläulich blitzenden Schweißapparaten angerissene

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