Bille und Zottel 06 - Gefahr auf der Pferdekoppel
Handschuh steckte. Der Ärmel schob sich hoch, und unter dem schwarzen Leder erschien ein weißer Arm. Ein weißer Arm mit einer Tätowierung . . .“
Eine Ente mit einem breiten Schnabel watschelte auf sie zu und quakte: schnell weg hier - schnell weg hier - schnell weg hier - und bei jedem Wort kippte sie nach vorn und pickte mit ihrem harten Schnabel an Billes Stirn wie ein Hammer. Und dann kamen immer mehr Enten mit ihren harten Schnäbeln und hackten und pickten auf sie ein. Auf ihre Schultern, den Hals, den Hinterkopf, den ganzen Körper. . .
Bille wußte nicht, wie lange diese Qualen gedauert hatten. Sie erwachte von einem warmen Hauch, der über ihr Gesicht fuhr. Mühsam richtete sie sich auf, ihr Körper brannte wie Feuer, und im Kopf hämmerte ein unerträglicher Schmerz. Es war dunkel geworden und eiskalt. Und neben ihr stand Zottel und blies ihr seinen warmen Atem ins Gesicht.
„Zottel, mein Liebling. . .“, wimmerte Bille und schlang ihrem Freund die Arme um den Hals. „Bring mich nach Hause.“
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis es ihr gelang, in den Sattel zu kommen, und als sie endlich oben war, sackte sie nach vorn und blieb, nur halb bei Bewußtsein, so hängen - die Arme um Zottels Hals geklammert - bis er sie behutsam vor der Haustür absetzte.
Mutsch und Onkel Paul hatten immer wieder nach ihr ausgeschaut. Schließlich hatten sie telefoniert, aber weder in Peershof noch in Groß-Willmsdorf war Bille gewesen. Gerade eben war Onkel Paul aus dem Haus getreten, um sie zu suchen, als er Zottel - scheinbar ohne seine Reiterin - auf das Haus zukommen sah.
„Olga, komm schnell!“ hatte er gerufen, und Mutsch war herausgestürzt, gerade rechtzeitig, um die aus dem Sattel rutschende Bille aufzufangen.
An das, was dann geschah, konnte sich Bille später nicht mehr erinnern.
„Die Bande . . . die Lederjackenbande . . .“, hatte sie gestammelt. Mutsch und Onkel Paul hatten sie hinauf in ihr Zimmer getragen und den Arzt angerufen.
Einmal war Bille noch aufgewacht, hatte etwas von „Peershof. . . die Pferde füttern . . . um Zottel kümmern . . .“ gemurmelt und war wieder in den Zustand tiefer Ohnmacht gerutscht. Sie merkte nichts davon, daß der Arzt kam. nichts davon, daß sie ins Krankenhaus umquartiert wurde. Erst nach zwei Tagen erwachte sie — in einem Gipskorsett und mit einem gewaltigen Kopfverband.
Edmund der Weise hat doch recht
Einer der ersten, die Bille besuchten, war Edmund der Weise. Er stand in der Tür, einen großen Blumenstrauß in der einen Hand, in der anderen eine Tüte mit einem Dutzend Krapfen, weil irgend jemand ihm verraten hatte, daß Bille Krapfen besonders gern aß. Angezogen war er genauso feierlich, wie bei seiner Ankunft auf Groß-Willmsdorf.
„Hallo . . .“, sagte er verlegen, „ich wollte nur mal sehen, wie es dir geht.“
„Scheußlich!“ Bille lächelte. „Weil ich mich nicht rühren kann und noch so lange hierbleiben muß. Das macht mich ganz kribblig, vor allem, wenn ich an die Pferde denke. Ich halte es vor Sehnsucht kaum aus!“
„Iß ein paar Krapfen“, sagte Edmund der Weise, „das wird dir guttun.“
Er legte die Tüte vor sie auf die Bettdecke und öffnete sie einladend, wobei er den Zucker gleichmäßig über die frische Bettwäsche verteilte.
„Das ist aber lieb von dir - eh, von Ihnen! Danke schön! Hm. duften die herrlich!“
„Du kannst ruhig du sagen. Wir sind schließlich so was wie Kollegen, oder?“ meinte Edmund verschämt. „Und so alt bin ich doch noch gar nicht . .
„Okay, Edmund. Und nun schieß los, erzähl mir alles bis ins kleinste!“
„Was soll ich erzählen?“
„Na, alles, was in Groß-Willmsdorf passiert ist!“
„Nun ja, alle reden natürlich von dir. Herr Tiedjen wird dich morgen besuchen, und Petersen und Hubert kommen natürlich auch. Die Sache hat wie eine Bombe eingeschlagen! Nur. was nützt das alles, wenn man die Kerle doch nicht erwischt. Du kannst dich an nichts erinnern?“ forschte Edmund.
„O doch, an den Vorfall selbst erinnere ich mich genau. Nur die Kerle identifizieren kann ich nicht. Sie machen das so geschickt, daß man sie nicht erkennen kann. Ich weiß nur, daß sie den Anführer ,Tarzan’ nennen. Ansonsten - Fehlanzeige, das habe ich unserem Polizisten gestern auch schon gesagt. Vielleicht, wenn ich seine Stimme hören würde . . .“
„Zottel würde sie wiedererkennen . . murmelte Edmund. „Wenn man nur wüßte, wo man sie suchen muß!“
„Meinst du
Weitere Kostenlose Bücher