Bille und Zottel 08 - Ein Filmstar mit vier Beinen
Keller hinuntergestiegen.“
„Na, da ahne ich schon, was kommt.“
„Was denn?“
„Er macht seine Maibowle. Er wäre doch todunglücklich, wenn der Mai verginge, ohne daß er einmal Maibowle gemacht hat.“
„Na, da werde ich ja wieder prima schlafen heute nacht .“
„Du? Du bist noch viel zu jung für Alkohol. Es ist mir gar nicht recht, wenn Onkel Paul dich immer ein Glas mittrinken läßt!“
„Aber Mutsch , ich werde im Herbst fünfzehn!“
„Trotzdem. Nun mach mal den Tisch fertig, sonst klebt mein Reis und der Salat wird matschig.“
„Okay.“
Sie hatten gerade mit dem Essen begonnen, als das Telefon klingelte. Mutsch sah stumm zu Bille hinüber, und Bille erhob sich seufzend.
„Ja, hallo?“ sagte sie, nicht sonderlich begeistert.
„Bille? Hier ist Inge! Bitte, kannst du mir ganz schnell mal Mutsch geben?“
„Was ist los? Du klingst so komisch! Ist was passiert?“
„Nein, nein, ich muß nur schnell Mutsch sprechen…“
„Ich flitze schon.“
Mutsch kam bereits angelaufen.
„Ja, Kleines? Was ist denn?“
Bille, die sich sofort wieder über ihren Teller hermachte, hörte nur halb zu. Inge erwartete ihr erstes Baby und hatte andauernd etwas mit Mutsch zu besprechen, was mit dem kommenden Familienzuwachs zusammenhing. Bille interessierte dieses Thema nicht sonderlich, wenn sie sich auch auf ihr künftiges Patenkind freute.
Diesmal dauerte das Gespräch nicht lange. Gleich darauf erschien Mutsch mit hochrotem Kopf in der Tür.
„Wir müssen sofort fahren, Paul!“ sagte sie energisch.
„Was denn, jetzt? Mitten beim Essen?“ Onkel Paul sah bedauernd auf seinen Teller.
„Das hilft nichts. Es geht los. Sie muß ins Krankenhaus. Und Thorsten ist noch nicht aus der Stadt zurück.“
„Ich dachte, das hätte noch drei Wochen Zeit?“
„Es scheint es eben eiliger zu haben. Nun mach schon!“
„Ich komme mit!“
Bille stopfte sich schnell noch den letzten Bissen in den Mund und stand auf. Blitzschnell hatte sie Schüsseln und Teller in die Küche getragen. Das Essen stellte sie im Ofen warm. Das Baby kam! Ganz überstürzt! Vielleicht würde es sogar schon im Auto — na, jedenfalls mußte sie dabeisein .
Fünf Minuten später hielten sie vor dem kleinen Strohdachhaus, in dem Billes große Schwester mit ihrem Mann Thorsten wohnte.
Mutsch sprang aus dem Wagen und ging Inge entgegen, die blaß, aber tapfer lächelnd bereits in der Tür stand, neben sich einen kleinen Koffer.
„Ich habe Thorsten einen Zettel auf den Küchentisch gelegt.“ Inge atmete in kurzen Stößen und schloß die Augen. Dann entspannte sich ihr Gesicht wieder. „Daß es aber auch so schnell geht
Mutsch packte ihre Älteste vorsichtig auf den Beifahrersitz und klappte die Lehne so weit wie möglich nach hinten. Onkel Paul zog und zerrte mit zitternden Fingern am Sicherheitsgurt, bis er die nötige Weite für Inges augenblicklichen Umfang aufwies.
„Immer mit der Ruhe, geht schon alles klar“, murmelte er, und Bille war sich nicht sicher, ob er damit Inge oder sich selbst Mut zusprach.
„Soll ich lieber fahren?“ fragte Mutsch .
„Unsinn!“
Die Fahrt verlief schweigend. Bille überlegte sich, was sie Inge Lustiges erzählen könnte, um sie abzulenken, aber ihr wollte beim besten Willen nichts einfallen. Und Inge schien so mit sich und dem ziehenden Schmerz in ihrem Leib beschäftigt zu sein, daß sie den Versuch unterließ.
Hoffentlich schreit sie nicht plötzlich, so wie man das manchmal im Fernsehen sieht, dachte Bille. Dann fährt Onkel Paul sicher vor Schreck in den Graben! Aber Inge stöhnte nur hin und wieder leise.
Eine Ewigkeit schien es zu dauern, bis sie vor der Klinik in Neukirchen hielten. Bille ließ ihre Schwester nicht aus den Augen, ob das Baby nicht vielleicht doch schon — aber nein, so schnell ging so etwas wohl nicht.
Mutsch und Onkel Paul stützten Inge von beiden Seiten und führten sie das Portal hinauf, Bille folgte mit dem Köfferchen. In der Halle kam ihnen eine Schwester entgegen und nahm ohne viele Worte zu machen die werdende Mutter und ihr Handgepäck entgegen.
„Bitte warten Sie hier, ich komme gleich wieder zu Ihnen.“ Sie nickte Mutsch noch einmal kurz zu, dann waren sie hinter einer Glastür verschwunden.
„Mein Gott aber auch“, seufzte Mutsch .
Inzwischen war Thorsten müde und hungrig von seinem Ausflug in die Stadt zurückgekehrt. Er hatte um einen größeren Auftrag verhandelt. Das Landesamt für Denkmalspflege brauchte für eines der
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