Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer
Mach’s gut, du, und halt mir die Daumen, okay?“
„Okay. Toi , toi , toi ! Ich werde ganz fest an dich denken.“ Simon drückte Bille so fest an sich, daß es weh tat . Dann sprang er ins Auto und zog die Tür hinter sich zu. Langsam rollte der Wagen vom Hof.
„Na denn — an die Arbeit, Kinder“, seufzte Florian. „Jetzt geht’s rund!“
Der Umzug
„Willst du nicht endlich essen, Kind? Du rennst mir doch wieder ohne Frühstück aus dem Haus!“ klagte Mutsch und schob Bille den Korb mit den duftenden, frischen Hörnchen
noch ein wenig näher heran. „Nun macht man schon mal etwas Besonderes...“
„Gleich Mutsch, nur einen Augenblick noch!“
„Das mußt du verstehen, Olga. Dies ist Simons erster großer Sieg — da muß sie jedes Wort aus den Zeitungen auswendig lernen!“ sagte Onkel Paul schmunzelnd und zog Billes Teller zu sich herüber. „Honig oder Marmelade?“
„Hm?“ Bille schaute flüchtig über den Rand der Zeitung hinweg. „Honig, bitte.“
Onkel Paul schnitt eines der goldgelben, noch ofenwarmen Hörnchen auseinander, strich dick Butter darauf und füllte die Höhlung mit Honig.
„Da, beiß ab, aber kleckere nicht!“
„Wie im Kindergarten“, murmelte Mutsch. „Die wird uns doch nie erwachsen, wenn du sie so verwöhnst.“
„Macht nichts. Wir haben nur die eine im Haus, und es wird uns schwer genug werden, wenn sie eines Tages auszieht, um ihren eigenen Hausstand zu gründen.“
„Da hast du auch wieder recht . Fertig?“ Mutsch faßte das eine Ende des Zeitungsblattes, das Bille gerade las. „Laß mich auch mal!“
„Moment! Jetzt!“
Bille griff nach dem nächsten Artikel. Onkel Paul hatte bereits am frühen Morgen sämtliche Zeitungen organisiert, in denen etwas über das Turnier in Hannover stand, und die wichtigsten Stellen für Bille rot angestrichen.
„Eines Tages werden Mutsch und ich hier so sitzen und die Berichte über dich studieren!“ Onkel Paul sah Bille versonnen an. „Aber wenn ich ehrlich sein soll, ist es mir doch lieber, dich hier am Tisch sitzen zu sehen und in meiner Nähe zu haben.“
„War die Post schon da?“ fragte Bille, ohne ihre Lektüre zu unterbrechen.
„Aber Kind, die kommt doch nie vor zehn!“
„Stimmt ja, entschuldige. Hier, hast du das gelesen? ,Der noch sehr junge Simon Henrich überraschte durch seinen ausgewogenen, harmonischen Stil. Mit spielerischer Leichtigkeit überwand er auf der bewährten, ja, man kann sagen, berühmten Feodora die schwierigsten Kombinationen. Die Handschrift seines Lehrers Hans Tiedjen, der von der Ehrentribüne aus jeder Bewegung seines Schülers folgte, ist nicht zu verkennen. Und dennoch möchte man die Prognose wagen, daß Henrich den Ruhm seines Lehrers eines Tages noch übertreffen wird. Er besitzt eine Sensibilität, die weit über das hinausgeht, was man von anderen Reitern gewohnt ist und die ihn zu einem idealen Zusammenspiel mit seinem Pferd befähigt.’ Na, was sagt ihr dazu?“
„Sie schreiben alle sehr begeistert. Simon wird der neue Publikumsliebling werden. Hoffentlich steigt ihm das nicht zu Kopf“, meinte Mutsch besorgt. „Und hoffentlich wirst du damit fertig.“
„Weißt du, mein Deern “, Onkel Paul schob Bille ein weiteres Stück Hörnchen in den Mund, „für Simon wird es wichtig sein, zu wissen, daß du zu ihm hältst. Das glaube ich wenigstens. Der Ruhm, das Angehimmeltwerden , das ist alles ganz gut und schön. Vielleicht schmeichelt es ihm sogar, vielleicht genießt er’s. Aber er ist viel zu klug, um sich dadurch blenden zu lassen. Und ich wette, in der Einsamkeit vor dem Turnier, bei der Nervosität, wenn ihn die Zweifel befallen, wenn er nicht zufrieden ist mit sich, da braucht er dich, da muß er wissen, daß du an ihn denkst. Stell dir vor, was du an seiner Stelle tätest, wenn du in der Situation wärst!“
„Das hast du schön gesagt!“ Mutsch schaute andächtig zu Onkel Paul auf.
„Hab ich so ähnlich mal irgendwo gelesen. Aber es stimmt doch, oder etwa nicht?“
„Ja, es stimmt. Ich denke manchmal darüber nach, wenn ich eifersüchtig auf all die Leute werde, die Simon anhimmeln.“ Bille fing mit dem Zeigefinger einen Tropfen Honig auf, der sich von dem Rest des Hörnchens in Onkel Pauls Hand löste, und schob beides — Hörnchen und Finger — zugleich in den Mund. Sie mußten lachen.
„Verschluck dich nicht. Was treibt ihr denn da wieder?“
„ Eß -Akrobatik“, mümmelte Bille mit vollem Mund. „Aber was ich sagen
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