Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer
erklärte Bille. „Da muß Edmund sich um den Hof kümmern.“
Sie band Pünktchen in der Stallgasse an und begann die Stute mit sanften, gleichmäßigen Strichen zu striegeln. Immer wenn sie jetzt den rotgoldglänzenden Leib der hübschen Fuchsstute berührte, mußte sie an das Fohlen denken, das in ihr wuchs und bald beginnen würde, sich zu bewegen. Ob es ein Hengstfohlen war — oder eine kleine Stute, ein Ebenbild ihrer Mutter? Würde Pünktchen eine gute Mutter sein? Würde das Pferdekind leicht auf die Welt kommen, ohne Komplikationen?
Bille mußte an die Nacht nach dem schrecklichen Unfall denken, als Pünktchen ihr erstes Fohlen verloren hatte. Würde diesmal alles gutgehen?
„Ich werde gut auf dich aufpassen, meine Schöne“, sagte Bille zärtlich. „Kein Haar soll dir gekrümmt werden. Ich will, daß du nur noch glückliche Tage in deinem Pferdeleben hast!“
„Seit Simon nicht mehr da ist, schmust du zum Trost mit seinem Pferd, wie?“ stichelte Florian.
„Zum Trost für wen? Wenn hier einer getröstet wird, ist es Pünktchen“, verteidigte sich Bille. „Sie braucht das.“
„Ich brauche auch dringend Trost!“ knurrte Florian. „Jeden Tag ein halbes Dutzend Pferde putzen und bewegen... Ich bin total gestreßt !“
„Ein halbes Dutzend, übertreib doch nicht so!“ wetterte Bettina. „Wen hast du denn geputzt? Lohengrin und Bongo!“
„Und jetzt putze ich Asterix und dann Troilus .“
„Das sind immer noch erst vier! Und Bille nimmt dir Troilus gern ab, wie ich sie kenne. Bille nimmt Sinfonie und Troilus , ich Troja. Wenn du dann Asterix übernimmst, ist das doch wirklich nicht zuviel verlangt!“
„Ja, aber bewegt werden müssen sie alle, und dann werden sie nach Groß-Willmsdorf überführt, danach wird das ganze Zeug rüberverfrachtet , die Ställe werden hier in Ordnung gebracht, drüben wird wieder alles eingeräumt — die Schufterei steht mir bis hier!“
„Was ist denn mit dir los?“ Bille ließ erstaunt Striegel und Kardätsche sinken.
„Er hat schlechte Laune, das ist alles“, bemerkte Bettina. „Er ist ganz plötzlich auf die Idee gekommen, daß das Leben ohne Pferde viel einfacher ist. Man könnte in den Ferien lange schlafen, den halben Tag auf dem Bett liegen und lesen oder Radio hören, aber beides auf einmal...“
„Na und?“ unterbrach Florian sie. „Ist das vielleicht nicht wahr? Ich könnte vor Müdigkeit umfallen!“
„Warum gehst du dann nicht einfach früher ins Bett? Wer zwingt dich denn, bis Mitternacht vor der Glotze zu sitzen und dann noch bis halb drei im Bett zu lesen!“
„Das ist mein gutes Recht! Andere genießen ihre Ferien, indem sie herumreisen und sich ein schönes Leben machen, ich genieße sie eben auf meine Weise!“
Bille lachte. Ihr war eben eine gute Idee gekommen. Während Florian Asterix, der sich natürlich mal wieder mit Genuß in seinen eigenen Mist gelegt und über Nacht eine grünlichgraue Färbung auf der rechten Seite angenommen hatte, wütend mit einem feuchten Lappen bearbeitete, trat sie leise zu Bettina und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
Bettina nickte begeistert.
„ Flori , wir haben eine Idee“, sagte Bille in versöhnlichem Ton. „Ich kann verstehen, daß du keine Lust hast, in den Ferien nur zu arbeiten. Wie wär’s, wenn wir uns noch einen Helfer holten?“
„Einen Helfer? Wo willst du denn den herkriegen?“
„In unserer Schule gibt es so viele Pferdenarren. In unserer Klasse zum Beispiel weiß ich mindestens fünf, die reiten. Wir brauchen nur anzurufen, dann haben wir morgen einen zusätzlichen Pferdepfleger und Reiter.“
„Die Ziegen aus eurer Klasse? Das hat mir gerade noch gefehlt. Kommt überhaupt nicht in Frage!“
„Na, es muß ja nicht unbedingt jemand aus unserer Klasse sein. Wie steht es denn mit deiner? Da gibt’s doch sicher auch Reiter genug“, lenkte Bettina ein. „Ich meine, wenn dir drei Mädchen im Stall zuviel sind...“
„Du sagst es. Blöd werde ich sein — damit ihr zu dritt über mich herzieht!“
„Aber ein Junge wäre doch eine echte Unterstützung für dich, hab ich nicht recht ?“
„Also, na ja. Wenn ich darüber nachdenke, ich könnte es ja mal mit Helmut versuchen. Er ist im Reitverein Neukirchen, aber er hat kein eigenes Pferd. Er ist ein netter Kerl und reitet prima.“
„Na bitte. Wenn wir hier fertig sind, rufen wir ihn an, okay?“
„Ist gut.“
Florian putzte Asterix fertig, bis er wieder in strahlendem Weiß schimmerte wie ein lupenreiner
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