Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer
Boden ringelte.
Wozu sie nur diese blödsinnigen Wälle aufgeschaufelt hatten? Kaum zwei Schritte konnte man tun, dann stand man schon wieder auf so einem Berg, der unter einem wegrutschte! Die nächste Sandburg war leer, nur ein Handtuch und etwas Unterwäsche befand sich darin. Zottel stampfte auf der Suche nach Eßbarem beides in den Sand, bis nichts mehr davon zu sehen war.
Von der nächsten Burg wurde er schreiend vertrieben, aber in der übernächsten hatte er Glück. Dort stand, von einem Handtuch bedeckt, ein großer Korb. Hier endlich wurde er fündig! Apfel und Trauben, Butterbrote und Kekse — Zottel schnaubte begeistert und machte sich in aller Ruhe über die Herrlichkeiten her.
Aber nichts auf der Welt ist vollkommen. Er war gerade bei den Keksen angelangt, da hörte er wütendes Schimpfen. Die Arme wild durch die Luft schwenkend, kam ein baumlanger Kerl auf ihn zu, gefolgt von einer dicken, heftig schnaufenden Rothaarigen, die in den höchsten Tönen keifte.
Zottel beugte sich lieber solchen Argumenten und trat höflich den Rückzug durch die Sandmauer an, wobei er die Muschelschrift „Herzlich willkommen in Sandmännchens guter Stube“ knirschend unter seinen Hufen begrub.
Da, ein bekanntes Gesicht, der Militärische von vorhin! Der würde ihn sicher freundlicher aufnehmen. Zottel nahm einen Anlauf und schob mit allen vieren zugleich die Burg des alten Herrn zu einem platten Pfannkuchen zusammen.
Der Militärische war gerade dabeigewesen , seine Badehose zu wechseln. Er stand auf einem Bein und versuchte, krampfhaft balancierend, im Schutz eines über die Schultern gehängten Badelakens das zweite Bein in die Öffnung der Hose zu stecken, als Zottel sich stürmisch näherte.
„Verdammtes Vieh! Weg! Weg hier!“ brüllte der Militärische und verlor das Gleichgewicht.
Zottel begriff, daß er auch hier nicht erwünscht war und preschte weiter. Zwischen den Zähnen hielt er immer noch die Kekspackung, Badelaken und Badehose des Militärischen gingen bei der Enge der Sandburg nun ebenfalls mit und verwickelten sich in seine Hufe. Ärgerlich keilte Zottel aus und beförderte auf diese Weise wenigstens das Badelaken in die Luft, von wo aus es sanft auf die Bewohner der nächsten Sandburg niederschwebte und sie unter sich begrub.
„Meine Badehose! Gib sofort meine Badehose her!“ Der Militärische griff in Ermangelung seines Handtuchs nach einer Zeitung und hielt sie sich vor seine Blöße, während er die Verfolgung aufnahm.
Jetzt wurde es ungemütlich. Aber wo sollte man hin, wenn sich eine Burg an die andere reihte und sich nirgends ein Fluchtweg zeigte? Zottel beschloß, den direkten Weg einzuschlagen und zog eine Furche quer durch sämtliche Sandwälle hindurch. Wildes Schreien und Schimpfen begleitete seinen Weg. Dabei war es schwer genug, sich durch den lockeren Sand zu arbeiten. Endlich schien er die letzte Befestigung erreicht zu haben. Ein großes Rund, mit bunten Fähnchen besteckt, ragte vor ihm auf.
Drinnen saß der Familienvater mit seinem rundlichen Eheweib und den fünf Sprößlingen beim Mittagsmahl. Wie ein wildgewordener Eber brach Zottel durch die Wand in die friedliche Runde. Mit einem Huf landete er in einer Schüssel Kartoffelsalat, der andere verarbeitete einen Teller voller Tomaten in Sekundenschnelle zu Ketchup.
Dem Familienvater fiel vor Staunen das Brötchen aus der Hand und legte sich mit der Butterseite auf den Sand. Die Mutter tauchte vor Schreck das Würstchen statt in den Senf in ihren Kaffeebecher, und das älteste der Kinder goß mit fasziniert auf Zottel gerichtetem Blick dem Jüngsten seine Limonade über den Kopf.
Auf den Resten des Sandwalles erschien wie ein rächender Engel der Militärische, in seine Zeitung gewickelt.
„Haltet den Dieb! Er hat meine Badehose! Haltet das Mistvieh doch fest.“
Zottel hielt es für besser, sich nicht länger bei der Gesellschaft aufzuhalten. Die Badehose ließ er im Kartoffelsalat zurück. Endlich hatte er eine freie Fläche vor seinen Hufen. Erlöst trabte Zottel von dannen.
Bille war eingeschlafen. Leise trat Zottel zu ihr heran. Endlich konnte er sich im Kreis der Freunde ungestört seiner Mahlzeit widmen. Er ließ die Keksschachtel fallen, trat sie geschickt mit dem Huf auseinander und zog mit gespitzten Lippen etwas von dem Inhalt heraus.
Seine Herrin fühlte einen sanften Regen wie von Sand und kleinen Brocken auf sich niedergehen und öffnete schläfrig ein Auge. Plötzlich fuhr sie hoch.
„Igitt, du
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