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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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sich auf eine listige Argumentation zurück: Der Mitarbeiter habe auf eigenes Risiko gehandelt; zu keinem Zeitpunkt sei ihm die Partnerschaft zugesagt worden. Außerdem seien die Überstunden durch eine Klausel im Vertrag abgegolten.
    Das Landesarbeitsgericht sah das anders: 30 000 Euro sprach es dem Anwalt zu. Doch das Bundesarbeitsgericht pfiff die Vernunft zurück. Zwar erklärten die Richter die Klausel, nach der die Mehrarbeit durch das Gehalt abgegolten sei, für unwirksam. Andererseits sahen sie das Arbeitsverhältnis des Anwalts jedoch als »Dienst höherer Art«. Seine Jahresvergütung von bis zu 88 000 Euro beinhalte die Überstunden.
    Wie bitte? 465 Überstunden pro Jahr – fast drei reguläre Arbeitsmonate! – sollen akzeptabel sein? Dieses Urteil ist eine Steilvorlage für Ausbeuter, die per Gehaltszettel die grenzenlose Herrschaft über das Leben ihrer Mitarbeiter erkaufen wollen. Zur Strafe sollten die Bundesarbeits-Richter, die ebenfalls »Dienst höherer Art« verrichten, genau diese drei Monate an ihre jährliche Arbeitszeit hängen müssen!
    Hamsterrad-Regel: Böse Zungen behaupten, dass sich unbezahlte Überstunden nicht lohnen. Das ist definitiv falsch: Die Firmen sparen viel Geld durch sie!
    Deppen-Erlebnisse
    Wie mein Chef zum Geiselnehmer wurde
    Es war »Liefertag«: Wir mussten ein Konzept an einen Kunden schicken. Aber die Zeit war mal wieder so knapp kalkuliert, dass wir um 17.30 Uhr noch lange nicht fertig waren. Da ich um 18 Uhr zur Massage musste, packte ich meine Tasche. Doch mein Chef, der am Kopfende des Großraumbüros saß, raunzte mich an: »Wir müssen erst das Konzept fertig stellen!«
    »Aber ich habe um 18 Uhr einen Termin.«
    »Und ich habe eine Abgabe. Das geht vor!«
    Eine Kollegin schaltete sich ein: »Können wird das Konzept nicht morgen in Ruhe abschließen? Ich wette, der Kunde schaut heute Abend nicht mehr drauf.«
    »Ich habe zugesagt, dass wir heute liefern. Und wir werden heute liefern.«
    Als er sah, dass sich unter den Kollegen Unruhe ausbreitete, fügte er hinzu: »Keiner verlässt den Raum, ehe wir fertig sind!«
    Er führte sich auf wie ein Geiselnehmer. Aber weshalb standen eigentlich Arbeitszeiten in unseren Verträgen? Wer zahlte mir meine Massagestunde, wenn sie ausfiel? Und warum sollten wir dafür büßen, dass er unrealistische Zusagen machte?
    Ich stand auf und ging in Richtung Ausgang. Er sprang auf und stellte sich mir vor der Tür in den Weg: »Hab ich mich undeutlich ausgedrückt? Keiner geht, bevor das Konzept verschickt ist!«
    »Aber ich …«
    »Kein ›Aber‹! Das Projekt muss heute noch raus.«
    »Aber ich möchte …«
    »Was Sie möchten, ist mir egal – hier geht es ums Geschäft!«
    Ich spürte, wie mein Puls zu trommeln begann. »Lassen Sie mich jetzt gefälligst mal ausreden! Ich möchte zur Toilette. Verstanden?!«
    Der Geiselnehmer ging einen Schritt zur Seite. Zum ersten Mal an diesem Tag wurde in unserem Großraumbüro herzhaft gelacht. Das war auch bitter nötig, denn erst um 21.30 Uhr kamen wir endgültig frei.
    Sahra Martens, Consultant
    Wie mein Vorgesetzter mich umtaufte
    Mein Chef trug den Beinamen »Herr«. Oft passierte es, dass er einen Mitarbeiter beim Meeting so ansprach: »Das ist keine schlechte Idee, Herr …« Und weil ihm der Nachname nicht einfiel, blieb »Herr«, wechselweise auch »Frau«, einfach im Raum stehen. Vielleicht war es zu viel verlangt, die Namen von 25 Mitarbeitern auswendig zu lernen. Vielleicht hätten wir Namensschilder auf den Schreibtischen aufstellen müssen.
    Warum er die Namen nach drei Jahren als Chef noch nicht kannte? Die Menschen in seiner Abteilung interessierten ihn nicht die Bohne! Als eine Kollegin nach der Geburt ihres Kindes zurückgekommen war, hatte er sich die unglaublich dämliche Frage erlaubt: »Geht es Ihnen wieder besser?« Offenbar hatte er gedacht, sie wäre länger krank gewesen.
    Sein Augenmerk galt den Ergebnissen, den harten Fakten. Und zu diesen Zahlen hatte ich in einem Jahr durch viele wichtige Abschlüsse beigetragen. Deshalb konnte ich mich mit ihm im Gehaltsgespräch auf eine Erhöhung von 350 Euro einigen.
    Doch wo blieb das Geld? Am Ende des nächsten Monats stand auf meinem Gehaltszettel nur die alte Summe. Ich ging in sein Büro und fragte nach.
    »Doch, das Geld habe ich angewiesen«, sagte er. »Das muss gekommen sein!«
    »Ist es aber nicht«, sagte ich.
    »Das werde ich überprüfen, Herr …«
    »Schmidt«, half ich.
    »Schmidt?«, stutzte er.
    Es

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