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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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nicht, welche Schwierigkeiten auftreten können und welche Puffer sinnvoll wären.
    Damit das Personal sich reinhängt, greift der Oberboss zur Motivationsspritze: »Einige Kritiker sagen, der Termin sei nicht zu halten. Aber ich bin sicher: Sie werden durch Ihr Engagement, Ihr Geschick und Ihre Schnelligkeit das Gegenteil beweisen!«
    Was er nicht sagt, aber meint: »Wenn es doch nicht klappt, liegt es nur an Ihrem mangelnden Engagement, Ihrem mangelnden Geschick und Ihrer mangelnden Schnelligkeit – und nicht an dem von mir vereinbarten Termin!«
    Und so reißen sie sich in Stücke, um das Unmögliche zu ermöglichen: Jeder Arbeitstag gerät zu einem Wettlauf gegen die Uhr. Sie schuften wie die Berserker, schieben Überstunden, rotieren schneller als die Betonmischmaschinen. Doch egal wie sie sich reinhängen: Das Porzellan ist schon zersprungen!
    Ein Paradebeispiel ist der Flughafen Berlin-Brandenburg. Einmal war seine Eröffnung bereits verschoben worden, als am 3. Juni 2012 endlich die Eröffnungsparty steigen sollte. Die Smokings lagen parat, die Kapelle war bestellt, es roch nach einem Erfolg im zweiten Anlauf. Noch Ende April hatte der damalige Technik-Geschäftsführer Manfred Körtgen mit dem Daumen nach oben gezeigt: Alles im grünen Bereich – der mangelhafte Brandschutz verhindere die Eröffnung nicht. [29]
    Doch war den Aufsichtsräten des Flughafens, darunter Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, noch am 20. April ein Controlling-Report präsentiert worden. [30] Aus diesem Bericht ging hervor: Den Flughafen, den man eröffnen wollte, gab es noch gar nicht – nur eine chaotische Baustelle.
    Nichts, aber auch gar nichts funktionierte! Die Türen ließen sich nicht steuern, die Sicherheitstechnik war lückenhaft, die Fahrtreppen hakten. Die Starkstromanalage? Weit hinter Plan! Die Datentechnik? Mangelhaft. In läppischen sechs Jahren seit Baubeginn war es nicht einmal gelungen, die Toiletten termingerecht zu kacheln, die Tischlerarbeiten abzuschließen und alle Wände zu streichen.
    Dennoch bekräftigten die Geschäftsführer des Flughafens, es sei ein »störungsfreier Betrieb« möglich. Genauso gut hätte man behaupten können, das Tote Meer in ein paar Wochen in ein Quellwasserbecken zu verwandeln.
    Der Eröffnungs-Termin platzte. Klaus Wowereit fing sich den Spott der Republik ein. Und der Flughafensprecher Ralf Kunkel sagte kleinlaut: »Uns ist klar: Die nächste Terminangabe muss zuverlässig sein.« [31] Das magische Datum für den dritten Anlauf: 17. März 2013.
    Zuverlässige Terminangabe? Schon im Sommer sickerte durch, dass sich die Eröffnung voraussichtlich bis ins Frühjahr 2014 verzögere, wieder durch hausgemachtes Chaos. Nach der zweiten Verspätung hatte man hektisch die Planungsbüros gewechselt. Niemand stimmte mehr ab, was auf dem Bau passieren sollte. Die Folge war grotesk: Auf der eiligsten Baustelle der Republik passierte – gar nichts mehr. Dieselben Bauarbeiter, die jahrelang gehetzt worden waren, mussten nun tatenlos herumstehen. Ein Aufsichtsrat sagte: »Viele Firmen wissen nicht, was sie wann anfangen sollen, und die Bauleitung auch nicht.« [32]
    Im Januar 2013 lief im Verschiebe-Theater ein weiterer Akt. Diesmal waren die Bauschnecken schlau genug, die Eröffnung auf einen Termin zu verschieben, der nicht verfehlt werden kann: auf unbestimmte Zeit. Dilettantismus pur: Nicht der Termin bestimmt die Fertigstellung, sondern die Fertigstellung den Termin! Klaus Wowereit trat als Vorsitzender des Aufsichtsrats zurück, sein Co-Versager Matthias Platzeck rückte an die Spitze. [33]
    Ganz nebenbei waren die Kosten des Projektes von ursprünglich zwei Milliarden Euro auf über vier Milliarden angeschwollen. Und jeder Monat Verspätung kostet den Steuerzahler mindestens 25 Millionen Euro. Wo landet das zusätzliche Geld? Ganz sicher nicht in den Taschen der Mitarbeiter, die von morgens bis abends das Terminporzellan ihrer Chefs zusammenkehren!
    Dass Großprojekte als Großblamagen enden, dass Termine in den Sand gesetzt, Kosten maßlos überzogen und Mitarbeiter unnötig gescheucht werden, ist eher Regel als Ausnahme. Ein paar Beispiele:
Die Elbphilharmonie in Hamburg hätte 2010 eröffnet werden sollen, für 77 Millionen. Doch der renommierte Baukonzern Hochtief brachte es in Kooperation mit der Stadt Hamburg fertig, die Kosten auf mehr als das Siebenfache zu treiben: 575 Millionen Euro. Und der Eröffnungstermin verschob

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