Bin ich hier der Depp
Sie sind nicht ausgelastet.« Wer da einen Appell hört, zum Beispiel »Arbeite mehr, du fauler Hund!«, ist selber schuld.
Und was geschieht, wenn ein Mitarbeiter absäuft? Wenn seine Nerven zusammenbrechen, er mit einem Burn-out in der Klinik landet oder mit einem Herzinfarkt aus der Firma getragen wird? Dann klopft der Reserveleutnant jenen Spruch, den man verdächtig oft aus dem Mund von Vorgesetzten hört: »Nur die Harten kommen in den Garten.«
Schuld ist der Mitarbeiter, der untergeht, nicht die Firma, die ihn überladen hat! Das System verzichtet darauf, sich selbst in Frage zu stellen. Natürlich ist es leichter, einen Mitarbeiter zum »Weichei« zu erklären, als sich zu fragen: »Beute ich meine Mitarbeiter aus?« Und natürlich ist es bequemer, das Problem in der Burn-out-Klink zu entsorgen, statt selbst eine Therapie gegen Überlastung zu entwickeln: jedem Mitarbeiter nur so viel Arbeit zuzumuten, wie er auch (er-)tragen kann.
Paradoxerweise sind Schinder-Chefs nicht sonderlich erfolgreich: Gerade die engagiertesten Mitarbeiter, die bereitwillig an ihre Grenzen gehen, saufen im Strudel der Überforderung ab und enden als seelische Wracks. Andere sind nur noch mit ihrem Überleben, nicht mehr mit der Qualität der Arbeit beschäftigt.
Und wieder andere gehen scheinbar perfekt mit der Überforderung um – doch tatsächlich sind sie nur perfekte Schauspieler. Sie täuschen Auslastung vor, wo keine ist. Solche Mitarbeiter erteilen am laufenden Band Druckaufträge. (Es muss ja niemand wissen, dass es nur die Protokolle ihres Kegelvereins sind!) Sie führen am Telefon spektakuläre Verhandlungen mit Lieferanten (und ihr Lebenspartner lacht sich am anderen Ende der Leitung fast tot). Und natürlich reisen sie am laufenden Band zu »wichtigen« Kunden (auch wenn der Umsatz, den sie mit ihnen erzielen, kaum die Benzinkosten deckt).
Je größer der Druck, den ein Chef ausübt, desto raffinierter die Techniken der Mitarbeiter, ihm auszuweichen. Wer das nicht schafft, ist dem Untergang geweiht.
Hamsterrad-Regel: Wer einen Mitarbeiter mit Händen erwürgt, der mordet. Wer ihn mit Arbeit erwürgt, der delegiert.
Deppen-Erlebnisse
Wie mir acht Urlaubstage geklaut wurden
Am liebsten hätte ich meinen Urlaub während des laufenden Jahres aufgebraucht. Doch mein Chef ließ das nicht zu: Nie passte es, immer standen dringende Arbeiten an. Nicht mal zwischen Weihnachten und Neujahr gab er mir grünes Licht. So blieb ich auf acht Urlaubstagen sitzen, mit dem Hinweis, ich könne sie ja noch bis Ende März des neuen Jahres nehmen.
Doch der Arbeitsdruck setzte sich im Folgejahr fort. Und immer, wenn ich meinen Chef nach Urlaub fragte, hob er abwehrend die Hände. Schließlich war der März vorüber. Nun wäre mein Urlaub verfallen, hätte ich ihn durch eigenes Verschulden nicht genommen gehabt. Aber ich war ja daran gehindert worden! Mein Chef sollte mir bestätigen, dass die Urlaubtage aufs neue Jahr übergingen.
Doch er tat empört und plusterte sich auf. »Das kommt nicht in Frage.«
»Aber diese Tage stehen mir zu!«, protestierte ich.
»Was wollen Sie mit 38 Urlaubstagen? Sie schaffen es doch nicht einmal, 30 Urlaubstage pro Jahr zu nehmen!«
»Das ist mein Resturlaub!«
»Den hätten Sie bis Ende März nehmen müssen: Jetzt ist er verfallen.«
Erst hatte er mich daran gehindert, den Urlaub zu nehmen. Und dann drehte er mir einen Strick daraus, dass ich den Urlaub nicht genommen hatte. Es war ein Diebstahl mit Kalkül. Und ich konnte nichts dagegen tun; er hatte meinen Urlaub stets mündlich abgelehnt, das war nicht zu belegen.
Nach diesem Gespräch war ich total frustriert – und urlaubsreifer als je zuvor!
Arne Jörges, Betriebswirt
Warum ich mit einem Geist mein Gehalt verhandeln sollte
Es gibt viele Gründe, warum eine Gehaltsverhandlung scheitern kann, aber bei mir war es der kurioseste: Ich hatte keinen Gesprächspartner! Ich stieg in den Boxring der Verhandlung, aber dort wartete kein Gegner.
Ein halbes Jahr zuvor hatte die Firma unseren langjährigen Abteilungsleiter, einen Endfünfziger, abgesägt und nicht ersetzt. Es ging ums Sparen. Aber wem sollte ich meinen Gehaltswunsch nun vortragen? Nur der Chef meines (ehemaligen) Chefs kam in Frage. Doch er gab sich handlungsunfähig:
»Das muss auf Abteilungsleiter-Ebene entschieden werden. Da darf ich mich nicht einmischen.«
»Also kann ich mich an einen beliebigen Abteilungsleiter wenden?«
»Nein, das muss Ihr eigener Abteilungsleiter
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