Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
Vom Netzwerk:
besuchte die Niederlassung in Toronto, wo sie nicht nur als Sekretärin eingespannt, sondern auch noch vom Chef angebaggert wurde: »Praktikant(in) ersetzt volle Stelle, und zwar die einer einfachen Sekretärin. Man lernt weder beruflich etwas noch für das Studium Praktisches hinzu. Es entstand aufgrund der einfachen Tätigkeit (Telefonate durchstellen, E-Mails schreiben etc.) rasch der Eindruck, dass hier eine vollbezahlte Sekretärin auf kostengünstige Art und Weise dauerhaft durch immer wieder wechselnde Praktikanten ersetzt werden soll!!!
    Gewarnt seien vor allem Studentinnen und Absolventinnen, denn der Chef hat nicht gern vom »Freund« / »Ehemann« gehört, obwohl selbst verheiratet …!«
    Und der Praktikant eines Instituts für Forschung und Beratung musste »ca. 70 Wochenstunden« ranklotzen, für 300 Euro (mit Uni-Abschluss) oder Nulltarif (ohne Uni-Abschluss). Gelernt hat er dabei nichts außer dem Verzicht auf die Mittagspause und die Rolle als Sündenbock: »Der Praktikant arbeitet in Vollzeit plus massig Überstunden, ohne etwas (…) beigebracht zu bekommen. Es wird einem zwar das Recht eingeräumt, eine Mittagspause zu machen, nimmt man dieses Recht jedoch wahr, wird man komisch angeguckt. Man könne doch auch kurz ein Brot am Schreibtisch essen. (…) Der größere Teil der Arbeit war äußerst stupide. Stundenlange Zahlen- und Buchstabenkolonnen in den Computer hacken, Kisten schleppen, Akten sortieren, Fahr- und Kurierdienste. Dann wiederum sollte ich als Praktikant, ohne vorherige Einweisung, nicht ganz einfache Arbeiten mit großer Verantwortung übernehmen. (…) Machten ich oder die anderen Praktikanten einen Fehler, wurde man angeraunzt. Verbesserungsvorschläge (…) wurden ignoriert. Ich rate jedem dringend davon ab, hier ein Praktikum zu absolvieren. Ich habe mich ausgebeutet gefühlt.«
    Dass der Arbeitstag schon mal 15 Stunden lang ist und Überstunden schnell geklaut sind, erlebte der Praktikant eines Medienunternehmens: »Fairness ist (…) ein Fremdwort. Überstunden werden nur durch Freizeit ausgeglichen, wenn sie am Wochenende abgeleistet wurden. Alle Überstunden während der Woche verschwinden im Nichts, auf Veranstaltungen sind Schichten von bis zu 15 Stunden üblich, die ebenfalls nicht abgegolten werden, nicht einmal die Pausen sind garantiert. Insgesamt ist der Ton (…) rau und die Praktikantenstellen nicht darauf ausgelegt, zu lernen, sondern zu arbeiten. Sehr enttäuschend, das Ganze.«
    Und ein angesehenes Auktionshaus gibt den Praktikanten zu verstehen, dass sie in der Hackordnung ganz unten stehen: »Hochmütiger Ton gegenüber den Praktikanten und höchst unkollegial! Definitiv keine Wertschätzung. Man wird regelrecht ausgenutzt. Der Ausbildungsgedanke ist verloren gegangen. (…) Im Laufe von fast zwei Jahrzehnten wird ein Praktikant an den nächsten gereiht und als eine Art Aushilfe angesehen. Die Firma hat eine Übernahme nicht im Sinn.«
    Eine interessante Erklärung, warum er keinen Kaffee kochen, aber zeitweise mit fünf anderen Praktikanten zusammenarbeiten musste, liefert der Praktikant einer Tageszeitung: »Absolutes Praktikanten-Praktikum, sprich: Schreiben von ein, zwei Polizeimeldungen am Tag, der Rest ist oftmals Zeit absitzen! Doch nicht alle Klischees werden erfüllt, denn Kaffeekochen muss man dann doch nicht. Wahrscheinlich, weil das Kaffeetrinken in den Redaktionsräumen – außer für die Chefs – verboten ist. (…)
    Man bekommt kaum etwas erklärt bzw. Feedback; mit mir waren zeitweise fünf (!!!) weitere Praktikanten am Start, denen es (…) allen so erging wie mir. Kein faires Gehalt; kein fairer Umgang, kein faires Praktikum.
    Habe (…) gehört: ›Sie müssen nur ein unbezahltes Praktikum machen, dann können Sie als Volontär bei uns einsteigen.‹ Nach dem Praktikum gab es eine niveaulose Absage von der Sekretärin.«
    Doch es kann noch schlimmer kommen! Wer ein Praktikum macht, muss mit allem rechnen – auch damit, dass er gemobbt und zur Putzhilfe degradiert wird wie die Praktikantin eines Konzerthauses: »Die Vorgesetzte mobbte ihre Praktikantinnen durch unprofessionelles und respektloses Verhalten wie Anschreien und persönliche Beschimpfungen. Am ersten Tag warnte mich meine Vorgängerin, dass unsere Chefin sehr aggressiv werden könnte, dies bestätigte sich im Verlauf des Praktikums. Es wurden weder eine ausreichende Einarbeitung noch klare Arbeitsweisungen von ihr gegeben. Bei Fehlern verlor die Vorgesetzte mehrmals die

Weitere Kostenlose Bücher