Bin ich hier der Depp
Klang das stimmig für sie? Entsprach es ihrem tiefen Willen? Oder wollte sie die Inhalte und die Formulierungen noch verändern? Gedankliche Klarheit war wichtig für sie. »Ehe man den Kopf schüttelt, vergewissere man sich, ob man einen hat«, schrieb der amerikanische Autor Truman Capote.
Claudia Nieber hatte die Sätze recht spontan aufgeschrieben, doch alle drei fühlten sich als neue Glaubenssätze gut an. Ich forderte sie auf, mir typische Situationen der Überforderung zu erzählen. Zum Beispiel berichtete sie von Strategiepapieren aus Frankreich, die jeden Dienstag und Donnerstag nach einem Meeting gemailt wurden. Ihr Chef bat sie oft am späten Nachmittag, »noch schnell« die Übersetzung zu machen. Für sie hieß das Arbeit bis 19 Uhr.
Bislang hatte sie den Wunsch ihres Chefs klaglos erfüllt. Sie wollte es ihm recht machen! Aber wie würde sie handeln, wenn sie sich auf einen neuen Kompass, einen neuen Glaubenssatz eichte? Ich bat sie, sich die Situation wie einen Kinofilm vors Auge zu rufen – nur dass sie nach den neuen Überzeugungen handeln konnte. Durch Fragen unterstützte ich ihr bildhaftes Denken:
»Was fällt Ihnen durch diese Glaubenssätze leichter als durch die alten?
Was genau verändert sich an Ihrem Verhalten? Beschreiben Sie einmal, wie die Szene abläuft!
Wer sonst bemerkt diese Veränderung an Ihnen?
Was fällt Ihrem Chef zuerst auf?
Angenommen, Ihr Chef denkt respektvoll: ›Donnerwetter, heute ist die Frau Nieber aber …‹ – wie könnte dieser Satz weitergehen?
Inwiefern profitieren Sie von diesem Verhalten?
Welche Menschen außer Ihnen profitieren ebenfalls davon?
Mit welchen Gefühlen schlafen Sie an diesem Abend ein?«
Claudia Nieber hatte Spaß an der Übung. Beim Reden kam sie in Fahrt und spielte eine Situation nach der anderen durch. Offenbar machte es ihr Freude, in Gedanken stimmig zu handeln – also der eigenen Stimme zu folgen, der Stimme einer reifen Frau, nicht der eines kleinen Kindes.
Die neuen Glaubenssätze verliehen ihr Standkraft. Sie erzählte ihren inneren Film mit einer tiefen Stimme, mit klaren Worten und mit großer Lebendigkeit. Ihr Auftreten in den Szenen beschrieb sie als selbstbewusst. Mal nahm sie eine Zusatzarbeit an, aber wies ihren Chef darauf hin, dann am nächsten Tag früher zu gehen. Mal wies sie solche Arbeiten ab, aber bot zugleich an, sie am nächsten Morgen zeitig zu erledigen.
Und mit jeder dieser Vorstellungen legte sie neue Nervenbahnen in ihrem Gehirn an, die ihr ein solches Handeln erleichtern und den alten Weg erschweren würden. Am Ende sagte sie von ganz allein: »Ich möchte einmal ausprobieren, wie es ist, wenn ich tatsächlich nach diesen neuen Glaubenssätzen handele.«
Gleich der erste Versuch klappte! Sie nahm eine späte Übersetzung an einem Dienstag nur unter der Bedingung an, am Mittwoch um 14.30 Uhr zu gehen. Genauso hatte sie es gehalten, während ihr Chef im Urlaub war. Genau das hatte sie beim gedanklichen Durchspielen der Szene geübt. Nun gelang es ihr auch in der Realität.
Diesem gelungenen Start folgten etliche Rückfälle: Wochen, in denen sie zu viel arbeitete, sich selbst vergaß, den Willen ihres Chefs wichtiger als ihren eigenen nahm; Wochen, in denen sie wieder nach ihren alten Glaubenssätzen handelte. Das ist normal, denn langjährige Gewohnheiten lassen sich nur mit großer Ausdauer verändern.
Doch sie tat alles, die neuen Glaubenssätze im Auge zu behalten: hing sie an ihrem Spiegel im Badezimmer auf, sprach sie auf der Autofahrt zur Firma vor sich her, stellte sich immer wieder Szenen am Arbeitsplatz vor, in denen sie danach handeln würde. Genau sieben Monate dauerte es, bis es ihr gelang, in fast allen Arbeitssituation nach den neuen Glaubenssätzen zu agieren. Ihr Chef spürte diese innere Stärke. Nachdem er mehrfach abgeblitzt war, unternahm er immer weniger Vorstöße.
Als ich Claudia Nieber zum Abschluss-Coaching empfing, strahlten ihre Augen eine Zufriedenheit aus, die ich nie zuvor darin gesehen hatte. Ihr Fuß suchte nicht mehr die Kupplung – sie fuhr bewusst Automatik.
Zapfen Sie Ihre Emotionen an!
Als der Tod nach ihm griff, als er mit einem Herzinfarkt auf der Intensivstation lag, fasste der Vermögensberater einen Entschluss: Er würde sein Leben verändern! Nie wieder wollte er der Sklave eines Terminkalenders sein, der ihn durch die ganze Republik wirbelte. Nie wieder wollte er seine Freizeit hinter die Arbeit zurückstellen und seinen Kontostand wichtiger als seinen
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