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Bin Ich Schon Erleuchtet

Bin Ich Schon Erleuchtet

Titel: Bin Ich Schon Erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Morrison
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Yogini. Yoga ist ein Geschenk der Vorfahren, und eine wahre Yoga-Lehrerin ist die Verbindung zu dieser Tradition. Wenn Geld wichtig wird, ist die gesamte Übertragung gestört, und der karmische Kreislauf setzt sich fort.«
    Karlee hat viel mehr Yoga-Bücher als ich. Ich hatte noch kein einziges gelesen. Ich hatte noch nicht mal das Yoga Journal abonniert.
    Was nicht heißen soll, dass ich komplett unbedarft bin. Oder vielleicht doch, schließlich bin ich auf ihren Plan eingestiegen. Aber ich wusste, dass an ihm was faul war. Ich wusste, dass wir weniger unsere yogische Selbstgerechtigkeit als unser mangelhaftes Urteilsvermögen und unsere Charakterlosigkeit unter Beweis stellten. Aber das Problem war: Ich musste unbedingt richtig viel Geld sparen. Meine Zukunft hing davon ab. Ich musste jeden Penny auf die Seite legen, aber für das, was ich wollte (Yoga), musste ich einen Haufen dieser Pennys wieder ausgeben. Ein solches Dilemma ließ sich lösen, indem man die Rahmenbedingungen änderte. Durch Karlees Plan konnte ich weiter Geld sparen, aber gleichzeitig bekommen, was ich wollte, und zwar zu einem vernünftigen Preis – ich musste nur meine Seele verkaufen.
    »Suzanne, gehen wir heute Abend zum Yoga?« Es war 17.25 Uhr. Die Klasse fing um 18 Uhr an.
    »Geht nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Ich gehe mit meiner Schwester und Fran einen trinken.«
    »Kannst du das nicht nachher machen? Wir sind doch um halb acht fertig!
    »Nein. Bin pleite.«
    »Und?«
    »Und das heißt, Karlee, Wein oder Yoga, und der Wein gewinnt.«
    »Dann zahl doch einfach nicht.«
    »Wie, nicht zahlen?«
    »Trag dich nicht ein, dann warst du praktisch nicht da.«
    »Ah. Okay.«
     
    Und so ist es passiert. Normalerweise zahlten Karlee und ich jeden Monat unseren Mitgliedsbeitrag für das Yoga-Studio. Das funktionierte so: Man trug sich am Eingang ein, und Indra oder Lou verglichen die Namen mit denen in ihren Geschäftsbüchern und sahen daran, wer seinen Beitrag bezahlt hatte und wer nicht. Wenn man seinen Namen nicht hinschrieb, dachte Karlee, gab es keine Möglichkeit herauszufinden, ob man bezahlt hatte oder nicht. Ich hielt das für eine brillante Idee, zumal Indra und Lou in diesem Monat gar nicht da waren. Sie unterrichteten irgendwo auf einem Retreat, und die Ersatzlehrer im Studio kannten uns nicht. Sie würden es nie spitzkriegen. Glaubte Karlee.
    Ich bin mehr als bereit, ihr die Schuld in die Schuhe zu schieben. Es war ihre Idee, und sie wurde nie erwischt.
    Mich haben sie erwischt.
    Aber erst nach der Rückkehr von Indra und Lou. Wenn meine Lehrer in Seattle waren, ging ich viermal die Woche in Indras Kurse und selten in die von Lou. Aber als die beiden verreist waren, achtete ich nicht so genau auf den Wochenplan, und so saß ich eines schönen Nachmittags im Kursraum, aber nicht vor dem Ersatzlehrer, den ich erwartet hatte, sondern Auge in Auge mit der männlichen Hälfte von Indrou-Yoga.
    Ich hatte meine Freundin Joni mit dem Versprechen ins Studio gelockt, dass neunzig Minuten Sonnengruß ihre Oberarme in Form bringen würden. Erst als wir schon unsere Matten ausgerollt hatten, sah ich, wer der Lehrer war. Lous schwarze Pupillen brannten Löcher in meine Stirn.
    Am Ende des Unterrichts blieb Joni unschlüssig am Ausgang vor der Anwesenheitsliste stehen. »Geh weiter«, drängelte ich, »wir haben kein Geld dabei, wie sollen wir da unterschreiben?«
    Sie warf einen ängstlichen Blick zu Lou hinüber, der im Kursraum fünf Zentimeter über dem Boden levitierte und sich mit ein paar fortgeschrittenen Yogis unterhielt. Er blickte flüchtig auf und widmete sich dann wieder seinen ernsthaften Jüngern, und mich beschlich das unangenehme Gefühl, dass er meine Gedanken lesen konnte.
    Er konnte, wie sich später herausstellte. In der nächsten Woche nahm ich all meinen Mut zusammen und ging wieder zum Yoga. Ich lechzte nach einer Stunde, aber ich war zum Abendessen bei meinen Großeltern eingeladen und wagte mich deshalb noch einmal in einen von Lous Nachmittagskursen, weil ich hoffte, sein Blick hätte mehr Neugier als Verachtung ausgedrückt. Ich hatte eine Woche lang vor Scham kaum schlafen können und mir geschworen, ich würde meine Yoga-Lehrer nie wieder betrügen. Was würde Indra von mir denken, wenn sie es herausfand? Wie konnte ich alles aufs Spiel setzen, was ich von ihr lernte, nur um ein paar Dollar zu sparen? Die Krönung der Absurdität war natürlich, dass ich mein Geld für die Reise nach Bali sparte, damit ich dort bei

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