Bin Ich Schon Erleuchtet
Jason und Lara uns besuchten, sagten sie beide, sie täten sich so schwer damit und hätten gerne einen Rat.
»Du Glückspilz«, seufzte Lara, und mir schien, ihre grünen Augen schillerten besonders grün . Vor Neid . »Wir haben Tausende von Dollars für Workshops ausgegeben, um so etwas zu erleben, und dir fällt es einfach so zu.«
»Erzählst du uns noch mal von dem Traum?«, bat Jason, und ich fing an. Sie taten mir so leid. Sie sind in dieser Schleife der Selbstsabotage gefangen, sie reden sich ein, es sei schwierig, und fragen sich dann, warum es schwierig ist. Aber es ist überhaupt nicht schwierig! Man muss nur loslassen, es ist eigentlich leicht.
Aber ich frage mich, ob ich nur deshalb weiß, dass es leicht ist, weil ich dieses Talent zum Meditieren habe.
Später
Der Unterricht ging heute ziemlich merkwürdig zu Ende. Jason kann Lou absolut perfekt imitieren. Dazu sitzt er im Lotussitz, rubbelt sich die Beine wie ein Massagetherapeut auf Speed und nennt uns mit entrückter Stimme »Leute«, während er die Augen verdreht, als würde er zu einem anderen Planeten aufsteigen. Wir brachten ihn dazu, für Lou nach dem Unterricht eine Sondervorstellung zu geben, und ich stand währenddessen neben Indra am Rand des Wantilan. Alle lachten, besonders Lou, der sich besser amüsierte, als ich es ihm je zugetraut hätte. Kaum zu glauben, dass ich mich jemals vor diesem reizenden, sanftmütigen Mann gefürchtet habe.
Ab und zu sah ich zu Indra hinüber. Ich konnte ihre körperliche Anspannung spüren. Sie lächelte zwar, aber mit zusammengepressten Lippen, als könne sie das Ende kaum erwarten. Als würde sie etwas Unschönes und Unangemessenes erleben. Ich hatte das Gefühl, dass ihr nicht wohl in ihrer Haut war. So hatte ich sie noch nie erlebt. Verkrampft. Das passt nicht zu ihr.
Ob sie fand, dass wir es an Respekt mangeln ließen? Oder hätte sie auch so eine Hommage gewollt?
Andererseits ist sie nach dem Unterricht immer ein bisschen distanziert. Vielleicht hatte sie nur Hunger und wollte zum Mittagessen. Bärbel ist es allerdings auch aufgefallen. »Tja«, sagte sie, als wir uns im Casa Luna vor unsere Teller mit Grünzeug und Reis setzten, »das hat Indra überhaupt nicht gefallen.«
1. April
Ostersonntag
Ich liege im Bett und versuche zu akzeptieren, dass ich leichte Schmerzen habe, na gut, aber sie werden vergehen. Ich bin losgelöst von meinem Schmerz und voll auf das Schreiben konzentriert.
Abgesehen davon rennt ein irrsinnig süßer kleiner Babygecko auf dem Fenstersims rum. Er ist nicht mal so groß wie mein kleiner Finger!
Heute also: Ostern. Die Auferstehung. Wir sind nicht in die Kirche gegangen. Ich weiß nicht mal, ob es auf dieser Insel Kirchen gibt. Wir sind auch in keine Tempel gegangen. Wozu auch? Wir gingen in eine Wellnessoase! Sie hieß Sacred Spa – hat also auch was mit heilig zu tun, oder? (Manchmal könnte ich mich über diesen New-Age-Kram schieflachen. Ich wette, in den Achtzigern hätte das Hotel Ihr-seid-reich-und-sie-sind’s-nicht-Hotel geheißen. Aber heutzutage muss alles, was eine Stange Geld kostet, spirituell sein, sonst findet es nicht unsere Billigung.)
Coole Sache. Irgendwie hat sich meine Wellnesserfahrung tatsächlich spirituell angefühlt. Aber vielleicht liegt das auch an mir – es existiert inzwischen kein Unterschied mehr zwischen meinem Geist und meinem Körper, und deshalb fühlt es sich himmlisch an, berührt und verwöhnt zu werden. Ich komme mir vor wie Sorbas, der Grieche, ich breite die Arme aus und umfasse die Welt.
Jessica schniefte ein bisschen bei ihrer Pediküre. Die Frau, die ihre Füße behandelte, bestand darauf, ungefähr zwanzig Schichten Hornhaut von Jessicas Fersen abzuschaben. Sie hat jetzt ungefähr eine Schuhgröße weniger. Ich wette, Jess war für ihre Fußpflegerin das Highlight des Tages.
»Ich habe diese Hornhaut durch das Barfußgehen auf der Erde bekommen«, klagte Jessica, während sie zusah, wie sich die Hautkrümel unter ihren Füßen sammelten wie Parmesanspäne. »Mein ganzes Leben war in meinen Füßen enthalten.« Sie warf mir einen hilflosen Blick zu.
»Deine Fersen wurden wiedergeboren«, erwiderte ich. »Betrachte sie als Opfergabe, zu Ehren der Auferstehung. Es ist der Anfang eines neuen Zyklus.«
Das hat sie ein bisschen aufgemuntert.
Im Nachhinein kommt mir die Zeit im Sacred Spa fast wie eine spirituelle Reise vor. Ich ging durchs Feuer, um Erlösung zu erlangen. Ich erklomm die Klippen der Angst und des
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