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Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Titel: Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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eine halbe Stunde in Schleife gelaufen war, hatte ich Sarah und unsere Freunde mit meinem Ärger über das Trinkvolk so sehr genervt, dass sie mich zur Beschwerde nach drüben schickten. Dort angekommen, war die Ansage der Berliner jedoch klar: »Wir tun hier seit ’91 Dauergäste sein, du hast uns janüscht zu sagen! Sei mal nich so spießig, trink een’ mit uns – oder verpiss dich!«
    »Leute, ich bin mehr als drei Stunden hergefahren, um meine verdammte Ruhe zu haben«, erklärte ich der angeheizten Gesellschaft in möglichst ruhigem Tonfall. »Warum feiert ihr nicht in Berlin, wo ihr niemanden stört?«
    Als der Bräutigam mir für diese Frage aufs Maul hauen wollte, verließ ich fluchtartig das Wohnwagenvorzelt und gesellte mich wieder schimpfend zu meinen Freunden. Die waren jedoch schon bald genervter von mir als von der Party nebenan, also verkrümelten wir uns an den Strand und genossen dort den Sonnenuntergang.
    Bei unserer Rückkehr zum Zelt hörten wir schon aus der Ferne, dass noch immer – mittlerweile also schon seit mehreren Stunden – derselbe Song lief und von der Hochzeitsgesellschaft mitgegrölt wurde. Sofort stieg mein Blutdruck und ließ tonnenweise Stresshormone durch meine Adern pulsieren.
    Zu meiner Beruhigung stellte ich jedoch fest, nicht der Einzige zu sein, der sich darüber ärgerte, dass eine Gruppe von dreißig Betrunkenen einen ganzen Campingplatz wach hielt. Junge Eltern mit weinenden Kindern standen ratlos vor ihren Zelten und berichteten mir von den erfolglosen Versuchen, die Kleinen über den dicken Beat hinweg in den Schlaf zu singen. Ein klarer Fall für Philipp Möller, den erfahrenen Ruhestörungsexperten! Die erste Beschwerde bei der Campingplatzleitung blieb ergebnislos, die Party ging unverändert weiter. Bei der zweiten Beschwerde wurde immerhin die Musik leiser gedreht, gepöbelt wurde aber immer noch, und an Schlaf war für niemanden im Umkreis von hundert Metern zu denken. Erst bei der dritten Beschwerde wurde den Saufbolden der Strom abgedreht, es gab einen Rieseneklat, und die Party wurde endlich aufgelöst.
    »Und, bist du jetzt zufrieden?«, wollte Sarah wissen, als endlich nichts zu hören war außer dem Zirpen der Grillen und dem entfernten Rauschen des Meeres.
    Ja, ich war zufrieden, und trotzdem regte ich mich innerlich noch so sehr über die dreiste Rücksichtslosigkeit dieser Menschen auf, dass ich die halbe Nacht nicht schlafen konnte.
    Sarah schaut mich aus ihrem Korbstuhl an und zieht eine Augenbraue hoch. »Hast du noch mal die ganze Ostsee-Story Revue passieren lassen, oder was?«
    Ich schaue zu Boden und nicke.
    »Mal ganz ehrlich«, fährt sie fort, »ich glaube, als Oppa wirst du mal so ein richtiger Spießer!«
    Ich atme tief durch und lächele sie an. »Ist ja gut, ich werde dran arbeiten. Aber bei rücksichtsloser Ruhestörung gehen mir einfach die …«
    »Philipp?«
    »Schon gut, schon gut!«, lenke ich ein und massiere mir lächelnd die Schläfen. »Lass uns schlafen gehen.«

    Als wir am nächsten Morgen unsere Wohnung verlassen, ist mein Unmut vorerst vergessen, die beiden Streithammel aber sind wie gewohnt in voller Lautstärke unterwegs. Diesmal liefern sie sich eine Schlacht mit Kieselsteinchen, die sie vom Boden der Einfahrt aufsammeln und sich gegenseitig ins Gesicht werfen. Den Geräuschen entnehme ich, dass auch unser Auto einige der Kiesel abbekommt, und obwohl die Kiste schon ein paar Beulen hat, hört der Spaß spätestens hier auf. Wenigstens eine deutsche Macke werde ich mir wohl erlauben dürfen …
    Gerade will ich Luft holen und den beiden endlich die Grenzen setzen, nach denen sie in den vergangenen Tagen vergeblich gebrüllt haben, da betritt Herby die Szene. »Was isch des hier?«, fährt er die beiden Krachmacherkinder laut an. »Ihr habt ’se doch ned mehr alle! Middie Schtein wird net g’worfe, klar?«
    Mit offenen Mündern stehen Frikka und Rouwen im Hof und schauen den halb nackten Vermieter großäugig an. Sein weißes Haar weht im leichten Sommerwind, und mit der Muschelkette um den Hals und dem Jeansslip gibt er nicht gerade das typische Bild des heldenhaften Retters der Ruhelosen ab, als der er sich gerade entpuppt. Offensichtlich sind auch die Kinder überrascht. Erschrocken lassen sie die Kiesel fallen und rennen heulend in die Wohnung, aus der sie einen Moment später mit ihrer Mutter an der Hand wieder herauskommen.
    Wutentbrannt stampft die blonde Dame nun auf Herby zu, der mit hinter dem Rücken

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