Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)
verschränkten Händen auf dem Hof steht und sie anlächelt. »Was haben Sie zu meinen Kindern gesagt?«, will sie erbost wissen.
»Ich had dene verbode, middie Schtein zu werfe. Nix weida.«
»Jetzt hören Sie mir mal gut zu«, faucht sie, »um die Erziehung meiner Kinder kümmere ich mich selbst, klar?«
»Ebbe net«, meint Herby. »Des isch ja des Problem!«
So einfach kann’s also sein. Manchmal sind die ehrlichsten Worte die besten. Die Mutter der beiden scheint hinlänglich beeindruckt, denn mehr oder weniger sprachlos lässt sie den Vermieter stehen und verschwindet kopfschüttelnd mit ihrem Nachwuchs in der Wohnung.
Als wir an diesem Nachmittag in unser Feriendomizil zurückkehren, finden wir dort himmlische Ruhe vor – schade, dass es unser letzter Abend ist. Am nächsten Morgen nimmt Herby uns zum Abschied in den Arm und gibt uns ein Töpfchen Aloe vera mit. Etwas wehmütig gestehen wir ihm, das gute Wetter, die Küste und die tolle Wohnung vermissen zu werden.
»Ach komm, alles had sei Vor- un Nachdeile«, schwäbelt er und zeigt lachend auf die überquellende Mülltonne in seinem Hof. »Im Heimatland der Regeln und Vorschrifde wird wenigstens de Müll pünktlich abg’holt!«
4
RUHIGE KÜGELCHEN
J a, in der Tat: Alles hat seine Vor- und Nachteile, und als notorischer Optimist versuche ich stets, mich eher über Erstere zu freuen, als mich über Letztere zu ärgern.
Beim Durchforsten verschiedener Jobbörsen im Internet gerät meine Grinsebackenmentalität jedoch immer wieder an ihre Grenzen, denn seit Wochen lese ich Stellenausschreibungen, in denen »einschlägige Berufserfahrung in der Erwachsenenbildung« gefordert wird – auf eine Möglichkeit, diese Erfahrung irgendwo zu sammeln, bin ich bis jetzt aber leider nicht gestoßen. Und angesichts der kürzer werdenden Tage und der nach und nach abfallenden Temperaturen höre ich den Hartz- IV -Countdown immer lauter ticken. Inzwischen sind immerhin schon drei Monate vergangen, ohne dass sich auch nur irgendetwas getan hätte.
Sarah tritt an den Schreibtisch heran und schaut über meine Schulter auf das aktuelle Bewerbungsschreiben. … halte ich mich für geeignet, die von Ihnen ausgeschriebene Stelle zu besetzen, weil … Dahinter blinkt der Cursor. Meine Freundin legt mir ihre Hände auf die Schultern und gibt mir einen Kuss auf die Wange. »Und, kommst du voran?«
Ich schüttele den Kopf und erkläre ihr, an genau dieser Stelle einfach nicht weiterzuwissen.
»Willst du denn überhaupt da arbeiten?«
Wieder schüttele ich den Kopf.
»Also, wenn du mich fragst«, beginnt sie und setzt sich auf meinen Schoß, »dann warst du am glücklichsten als Pressesprecher der Werbekampagne vor zwei Jahren. Es gab da doch diese Stiftung, die euch unterstützt hat – frag doch mal bei denen an.«
Keine schlechte Idee. Eigentlich sogar die beste, die ich zu dem ganzen vermaledeiten Thema gehört habe!
Während Sarah unser Töchterchen fürs Babyschwimmen fertig macht, setze ich eine Mail an den Vorstandssprecher dieser Stiftung auf. Mit dem habe ich mich damals schließlich sehr gut verstanden, und wer weiß: Vielleicht gibt es ja eine Chance, dort unterzukommen. Denn eines muss ich mir immer wieder vor Augen halten: die Einsicht, dass ich die vielen Jahre meines zukünftigen Berufslebens nicht nur in bare Münze verwandeln will. Stattdessen wird der Drang in mir immer stärker, mit meiner Arbeit auch etwas Sinnvolles zu tun.
Gespannt klappe ich nach dem Absenden der Mail den Rechner zu und und stehe auf. »Warum müssen wir eigentlich bis nach Prenzlberg fahren«, rufe ich in Richtung Kinderzimmer, »nur um an einem Schwimmkurs teilzunehmen? Gab’s nichts bei uns in der Nähe?«
Sarah lacht laut und kommt mit Klara im Arm auf mich zu. »Du warst doch derjenige, der bis vor Kurzem täglich frustriert aus der Schule im Kiez gekommen ist und sein Kind nicht in solchen Zuständen aufwachsen lassen wollte«, erinnert sie mich.
Ich bezweifle zwar, das jemals so gesagt zu haben, aber immerhin ist der Prenzlauer Berg bundesweit für seine ausgesprochene Kinderfreundlichkeit bekannt. Außerdem sei ihr der Kurs von einer Kommilitonin empfohlen worden, erklärt Sarah, und bei den bisherigen Treffen habe sie dort total nette Leute kennengelernt, mit denen sie danach immer noch ins Eltern-Kind-Café gegangen ist.
Das stimmt mich milde, denn solange ich guten Kaffee bekomme, bin ich mit nahezu jeder Lokalität glücklich. Ein bisschen gespannt bin ich ja
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