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Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Titel: Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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tun!«
    Offenbar sind wir unbewusst in bayerisches Territorium eingedrungen. Ich reibe mir die Augen, schiele vorsichtig durch meine Finger und entdecke Sarahs Gesprächspartner: einen Bauch auf Beinen. Über zwei dünnen Stelzen thront der gigantische Wanst, haarig und eher kastenförmig als rund.
    Ich spiele kurz mit dem Gedanken, dem Meckerer vorzuschlagen, für seinen nächsten Strandurlaub einen Maschendrahtzaun mit eingebauten Bewegungsmeldern einzupacken, überlasse diesen Teil dann aber doch lieber meiner Freundin. Meine diplomatischen Fähigkeiten sind erfahrungsgemäß begrenzt – vor allem im Umgang mit Strandplatzreservierern.
    Auf blauen Gummisohlen zieht die wandelnde Wampe schließlich ab und lässt sich motzend ein paar Meter weiter nieder.
    »Wie lang hab ich denn geschlafen?«
    »Über zwei Stunden«, sagt Sarah und zeigt mir die Uhrzeit auf ihrem Telefon. »Und sei froh – die Sachsen von der anderen Seite haben auch schon genörgelt.«
    Ich nicke und atme tief durch. Mal eben zwei Stunden gepennt? Den Urlaub hab ich anscheinend doch nötiger als gedacht … Aber wen wundert’s? Die geplante Übernahme des vierten Jahrgangs, die letzten Wochen mit Geierchens Chaosklasse und der ständige Lärmpegel im Klassenzimmer sind mir doch sehr an die Substanz gegangen – von der Hiobsbotschaft am Ende mal ganz abgesehen! Ganze dreizehn Tage bleiben mir nun also, um mich zu erholen und mein inneres Gleichgewicht wiederzufinden – mal schauen, was angesichts des anwesenden Publikums daraus wird.
    »Ich geh mich mal abkühlen«, beschließe ich und entkomme somit gleichzeitig der Volksmusik, die inzwischen aus der portablen Stereoanlage unserer Nachbarn dudelt. Etwas verschlafen schlüpfe ich in meine Aquashoes, balanciere über den Kies und wate bis zum Bauchnabel in das kalte und glasklare Salzwasser. Dann lasse ich mich in die sanft wiegenden Wellen gleiten, tauche ein paar Züge und treibe dann auf dem Rücken durch die Bucht, die Arme zu den Seiten ausgestreckt und den Oberkörper der wärmenden Sonne zugewandt. Weil meine Ohren unter Wasser sind, herrscht endlich Ruhe. Ich bin im Urlaub!
    »Dööörte!«, reißt mich eine mir bereits bekannte Stimme aus meiner paradiesischen Wunschvorstellung. Beinahe wäre ich gegen meine Supermarktbekanntschaft getrieben, die nun lautstark mit der besseren Hälfte am Ufer Kontakt aufnimmt: »Döööööörtäääää!«
    »Jaaaahhaaaa«, brüllt Dörte zurück. »Ich komm gleich! Ich geh noch mit der Jolanda beim Eeeeeismaaaann!«
    Wie um alles in der Welt soll ich angesichts solcher Typen nicht zum Misanthropen werden? Die Lust aufs kalte Nass ist mir jedenfalls komplett vergangen, also paddle ich langsam zum Ufer zurück. Ob es irgendwo auf der Welt einen Urlaubsort gibt, an dem keine schwarz-rot-goldenen Spinner herumlaufen?
    Als ich aus dem Meer steige, steht Sarah schon bereit und hält mir unsere Tochter entgegen. Mit Klara auf dem Arm begebe ich mich zum nahe gelegenen Imbiss und reihe mich dort in die Warteschlange ein.
    »Mir hätte jään zwei Kölsch!«, höre ich den Mann am Anfang der Schlange in bester Rheinkultur sagen, die Verkäuferin zuckt aber mit den Schultern und schüttelt den Kopf.
    »Walter, bis du jeck? Die sprisch vielleisch kein Deutsch, du Blötschkopp!«, wirft seine Frau ein, deren Kopf unter einem Hut mit riesiger Krempe vollständig verschwindet.
    »Wat is? Nä, do leckste mich am Aasch! Un jetz?« Walter stützt die Hände ins Hüftgold und überlegt. »Pivo!«, fällt ihm dann ein, dazu hält er zwei Finger hoch und reibt sich schließlich die Hände, als die junge Frau ihm zwei Dosen eiskalten Gerstensaft reicht. Aus der Gürteltasche, die er weit über dem Bauchnabel trägt, befördert er eine Lederbörse zutage und inspiziert jede der kroatischen Münzen ganz genau, bevor er sie über den Tresen reicht. »Viiie-len Daaank«, sagt er dann ganz langsam und möglichst dialektfrei zu der Frau, »und eeei-nen schööö-nen Tag noch!«
    Ich versuche krampfhaft eine Erklärung für die Szenen zu finden, die ich seit unserer Ankunft in Kroatien erlebe. Zwei Möglichkeiten scheinen mir plausibel: Entweder habe ich mich bei der Zieleingabe ins Navi vertippt, und wir haben die Grenzen der Freak-Republik nie überquert, oder aber wir sind versehentlich in die Dreharbeiten für einen neuen Film von Helge Schneider geraten. Da ich mich aber bestens an unsere Fahrt erinnern kann und weit und breit keinen Regiestuhl entdecke, muss ich der

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