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Binärcode

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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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Das Ding nutzt den transparenten GSM-Kanal zur Verschlüsselung, Gesprächsaufzeichnungen sind da nicht zu erwarten. Pfeiffer & Weiss haben das Ding 2001 an einen italienischen Geschäftsmann verkauft, der in Noordwijk in den Niederlanden lebt. Unsere holländischen Kollegen haben sich mit dem Mann unterhalten. Er hat glaubhaft beteuert, das Handy vor drei Jahren gegen Bargeld an einen ihm unbekannten Landsmann verkauft zu haben, ein schnelles Straßengeschäft .«
    »Hat der Mann ein Foto vom Toten gesehen ?«
    »Ja. Er sagt, von der Figur her könnte das passen, aber er könnte sich nicht mehr genau erinnern, hat sich ja nur ein oder zwei Minuten mit ihm unterhalten. Prozessor und Speicher der SIM-Karte sind völlig zerstört, wir konnten keine Daten mehr auslesen. Die Techniker haben erst gestern den Identifikator wieder lesbar machen können. Ist eine Prepaidkarte .«
    »Wo ist das Problem, beim Kauf dieser Dinger werden doch die Personalien registriert ?«
    »Ist auch so. Diese hier hat eine MobiConnect-Filiale in Schwabing an einen Münchner Studenten verkauft, der hat das erste Guthaben halb abtelefoniert und die Karte dann über eBay versteigert. Ist nichts Besonderes, die werden zu Tausenden im Web angeboten. Der ideale Weg, um anonym zu telefonieren, wenn man eine ersteigert und immer wieder auflädt. Der Studi kann sich natürlich nicht mehr dran erinnern, an welchen Bieter er sie geschickt hat, aber wir haben bei eBay eine Anfrage laufen, der Käufer muss da mit Adresse registriert sein. MobiConnect wird uns morgen die Verbindungsdaten der Prepaidkarte schicken .«
    Rünz torkelte vom Fenster ein paar Meter durch den Raum auf den Tisch zu, Wedel drehte einen Stuhl um und bot ihm wie einem Invaliden einen Platz an. Die Liegezeit im Krankenhaus hatte seiner ohnehin unterdurchschnittlichen Konstitution einen nachhaltigen Schlag versetzt. Wenn er sich nicht bald erholte, würde er in nicht allzu ferner Zukunft dem Rat des Arztes folgen und Sport treiben müssen – eine entwürdigende Perspektive. Er versuchte, von seinem kleinen Schwächeanfall abzulenken.
    »Wie ist der Dicke auf die Knell gekommen? Auto, zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln?«
    »Wir sind alle Varianten durchgegangen«, sagte Wedel. »Seiner Statur nach zu urteilen hat der sich nicht einen Meter freiwillig bewegt, wenn es nicht unbedingt notwendig war. Welche Möglichkeiten hatte er? Variante A – er wohnte in der Nähe. Wir haben ein Mailing an alle Haushalte in einem halben Kilometer Umkreis geschickt, mit Foto und Personenbeschreibung. Außerdem Aushänge in den Treppenhäusern. Morgen erscheint eine Meldung in der ›Allgemeinen‹. Variante B – er ist selbst mit einem Fahrzeug gekommen, Fahrrad, Auto, Roller, was auch immer. Wie haben die Halter aller gemeldeten Fahrzeuge gecheckt, die seit den Morden rund um die Knell stehen und nicht bewegt wurden – negativ. Acht Fahrzeuge standen zum Tatzeitpunkt in Halteverbotszonen an der Frankfurter und der Kasinostraße und wurden am gleichen Tag oder in den Tagen danach abgeschleppt – negativ. Drei fahruntüchtige, alte Fahrräder lagen auf der Knell herum, das ist die ganze Ausbeute .«
    »Vielleicht ist er zusammen mit dem Täter gefahren«, sagte Rünz.
    »Richtig«, sagte Bunter, »das ist Variante C. Und der Täter ist möglicherweise mit dem Fahrzeug des Toten geflohen. Oder, Variante D, öffentliche Verkehrsmittel.«
    Wedel rollte einen Netzplan der Darmstädter Verkehrsbetriebe auf dem Tisch aus und beschwerte die Ecken mit Kaffeetassen. Die beiden spielten sich gegenseitig die Bälle zu und boten eine perfekte Vorstellung.
    »Die Straßenbahnlinien 4, 5, 6, 7 und 8 fahren über die Frankfurter nach Norden Richtung Arheilgen, direkt an der Knell vorbei. 4 und 5 biegen auf Höhe des Messplatzes nach Osten Richtung Kranichstein ab. Dann sind da noch der R-Bus, der im Osten und Norden um die Knell herumfährt, und zwei Buslinien der regionalen DADINA. Wir haben mit allen Fahrerinnen und Fahrern gesprochen, die diese Linien in den letzten zwei Monaten gefahren sind. Außerdem haben wir Aushänge in den Fahrzeugen gemacht. Die freien Taxifahrer und Taxiunternehmen sind informiert. Ergebnis – null .«
    Rünz hatte einen Erinnerungsblitz, ein Bild kurz vor der Schwelle zum Bewusstsein, quälend wie ein Traum, an den man sich direkt nach dem Aufwachen vergeblich zu erinnern versuchte. Seine Gedanken drohten abzuschweifen, er versuchte sich auf das

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