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Binärcode

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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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hatte liegen lassen, aber Bunter machte keine Anspielungen in dieser Richtung.
    »Bis zehn Uhr haben wir auf eine Reaktion von Ihnen gewartet, dann hat sich Charli mit zwei Kollegen vom zweiten Revier auf den Weg gemacht. Die haben fast 20 Minuten durch die Stadt gebraucht, und just als sie den Rhönring überqueren, kommt ein Notruf rein – Wohnungsbrand im Hundertwasserhaus. Die drei disponieren um, Charli steigt am Knell-Gelände aus, die zwei von der Bereitschaft fahren weiter zum Brandort. Dort war ja schließlich unmittelbare Gefahr im Verzug, keiner wusste, ob der Block nicht evakuiert werden musste. Na ja, als wir dann um elf Uhr auf der Knell waren, um nach Ihnen und Charli zu suchen, fanden wir Sie bewusstlos mit einem ziemlich blutigen Kopf, Charli und den Dicken tot.«
    »Hat er einen Namen, der Dicke ?«
    Wedel schob ihm einen Stapel mit Aufnahmen von Kleidungsstücken hin.
    »Keine Papiere, Geld oder Dokumente. Melderegister, INPOL, SIS, AZR – alles negativ. In den drei Wochen seit den Morden sind bundesweit 18 Personen als vermisst gemeldet worden, kein Treffer. Familie, Nachbarn, Freundeskreis, Arbeitgeber – keiner meldet sich. Scheint nicht viele Kontakte gehabt zu haben .«
    »Mediterraner Typ, 1,79 Meter groß, schwarze Haare, braune Augen, starkes Übergewicht«, sagte Bunter. »Sonst keine relevanten besonderen Kennzeichen, keine Tätowierungen, Piercings, Brandings, OP-Narben. Raucher, aber keine Anzeichen von Alkohol- oder Drogensucht, keine Medikamentenrückstände nachweisbar. Sein Gebiss war eine ziemlich stümperhafte Baustelle, sagt Bartmann, wahrscheinlich hat er sich in Ost- oder Südeuropa bei einem Discounter behandeln lassen .«
    Rünz betrachtete die Aufnahmen der Kleidungsstücke des Toten. Unterwäsche, nach dem Exitus eingenässt, ein Sweatshirt mit dem Aufdruck B 612, wahrscheinlich irgendein Kürzel einer amerikanischen Basketballmannschaft, eine gesteppte Jacke, Nike-Turnschuhe und Tennissocken, die nicht nach frischer Waldluft aussahen. Die Jeans hatten fünf Einschusslöcher am rechten Bein, braun umrandet von geronnenem Blut.
    »Die Levis und die Nikes sind Fakes«, sagte Wedel, und er musste es wissen. »Qualitativ hochwertige Produktpiraterie, die irgendwo in Südostasien hergestellt wird. Können Sie sich übers Internet auf der ganzen Welt kaufen. Sweatshirt und Jacke stammen aus Kollektionen, die H&M Ende der 90er in Frankreich, Australien und Deutschland verkauft hat. Den Aufdruck auf dem Sweatshirt hat allerdings irgendwer nachträglich draufgebügelt .«
    »Wo sind die Einschusslöcher im Pulli, er ist doch nicht an den Beinschüssen gestorben ?«
    Bunter übernahm wieder.
    »So wie wir das sehen, hat der – oder haben die – Täter ihn ins Bein geschossen, um ihn zu quälen, vielleicht ein Sadist, vielleicht wollten er oder sie Informationen aus dem Dicken herauskitzeln .«
    Bunter startete Laptop und Beamer und zeigte einige Aufnahmen, die der Rechtsmediziner von der Leiche gemacht hatte. Ein gequollenes, dickes weißes Bein, feist wie eine Presswurst, auf der Rückseite des rechten Oberschenkels fünf große, radiär eingerissene Einschussplatzwunden, umgeben von Brandhöfen und großflächigen Schmauchablagerungen.
    »Also, was war die Todesursache? Ist er an den Beinwunden hier verblutet ?«
    »Thrombenembolie. Wahrscheinlich waren die Schussverletzungen nur der Auslöser, nicht die Ursache. Ziemlich unglückliche Rahmenbedingungen – Adipositas, Bewegungsmangel, außerdem hatte er Typ-II-Diabetes, wahrscheinlich noch symptomfrei und zu Lebzeiten nicht diagnostiziert .«
    Rünz schnappte nach Luft bei der Vorstellung, der Täter hätte ihm nach seinem Sturz die gleiche Behandlung zukommen lassen. Er war nicht mehr sicher, ob er sich wirklich wieder an alles erinnern wollte, was er auf dem Knell-Gelände erlebt hatte.
    Wedel stellte sich mit einem Edding an das Flipchart, skizzierte den Umriss des Geländes, die Stelle am Sensfelder Weg, an der Rünz geparkt hatte, den runden Hochbunker, den Stapel alter Eisenbahnschwellen, hinter dem die Spurensicherung einige Blutstropfen mit Rünz’ DNA gefunden hatte, die Orte, an denen Charli und der Dicke gefunden worden waren, den Punkt, an dem er bewusstlos gelegen hatte. Bunter führte ihm mit dem Beamer synchron Fotos des Tatortes vor. Beide schauten ihn erwartungsvoll an, sie schienen zu hoffen, seinem Gedächtnis mit ihren Informationen auf die Sprünge helfen zu können. Aber Rünz erschien das Szenario

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