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Binärcode

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Titel: Binärcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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er seine Tochter rückführen und beerdigen konnte .«
    »Die Beisetzung – war von euch jemand dabei ?«
    Bunter nestelte nervös am Revers seines C&A-Sakkos.
    »Ich bin mit Hoven rübergefahren. War keine angenehme Sache, sie hatte eine große Familie, viele kleine Nichten und Neffen, die mit den Nerven völlig fertig waren .«
    Bunter war mit Hoven rübergefahren. Ein trauriger Anlass, aber eine gute Gelegenheit, mit Hoven ins Gespräch zu kommen. Rünz trat ein paar Schritte vor und überblickte die Fotos, Skizzen und Notizen, die auf dem Tisch ausgebreitet lagen.
    »Wo ist Meyer ?«
    »Feiert Resturlaub ab«, sagte Bunter. »Hat sich im Urlaub krankgemeldet, Knöchel verstaucht oder so .«
    »Hat der sich schon mal in einem Urlaub nicht krankgemeldet ?«
    Rünz musste sich zusammenreißen. In Gegenwart von Untergebenen über Mitarbeiter herzuziehen, zeugte nicht von Führungsqualität. Er wechselte das Thema.
    »Warum hält mich keiner auf dem Laufenden? Und an meiner Aussage hatte wohl auch keiner Interesse. Seit drei Wochen studiere ich das deutsche Gesundheitssystem von innen, ich könnte bei Maischberger als Experte anheuern .«
    »Wir haben versucht, mit Ihnen zu sprechen, aber Ihre Ärzte …«
    »Ja, ja, die Schutzhaft, schon gut. Wo ist die ganze Entourage – BKA, LKA, Interpol –, eine Kollegin ist ermordet worden .«
    Bunter zog ratlos die Schultern hoch.
    »Wir können uns das auch nicht erklären. In den ersten 14 Tagen nach den Morden hatten wir hier einen richtigen Hofstaat, die Leute haben sich gegenseitig Hühneraugen getreten. Wir hatten hier eigens für den Fall eine Einsatzzentrale improvisiert mit den besten Leuten, Rheinland-Pfalz und Bayern haben mit Spezialisten Amtshilfe geleistet, Geld schien keine Rolle zu spielen. Tagelang stand uns ein Expertenteam aus Nanterre auf den Füßen, SCTIP der Police Nationale, der Dienst für internationale technische Zusammenarbeit. Die wollten sich hier voll einbringen bei den Ermittlungen. Und dann, nach zwei Wochen, kommen wir Montagmorgen hierher – und alle sind weg. Die Staatsanwältin druckste herum, und Hoven sagte, das ginge schon in Ordnung, wir hätten bundesweit akute Terrorwarnungen, die Leute müssten sich erst mal darum kümmern. Seitdem köcheln wir hier wieder allein .«
    »Wir hatten hier einen richtig schönen internationalen Presseauflauf in den ersten Tagen«, sagte Wedel. »Eine französische Polizistin, die in Deutschland ermordet wird – hat ganz schön Staub aufgewirbelt bei unseren Nachbarn. ›Le Monde‹ hatte uns mit einem Einspalter auf der Titelseite, der ›Figaro‹ auf Seite zwei, von der deutschen Presse mal ganz abgesehen .«
    Er stand breitbeinig da in seiner Goldjacke und den Schlabberjeans und gestikulierte beim Reden im Stil afroamerikanischer Rapper. Erwachsen zu werden war keine leichte Aufgabe.
    »Sie können sich vorstellen, was hier los war. Hat einiges an Energie gekostet, uns die Medienmeute vom Hals zu halten, aber Hoven hat sich da voll eingebracht .«
    Bunter grinste schelmisch, und Rünz konnte sich lebhaft vorstellen, mit welcher Begeisterung sich sein Vorgesetzter vor die Objektive gestürzt hatte.
    »Wie weit seid ihr ?« , fragte Rünz.
    »Woran können Sie sich noch erinnern ?« , fragte Bunter.
    »Mir fehlen die letzten zwei oder drei Stunden vor dem Sturz .«
    »Gut. Wir hatten um 9.25 Uhr einen Anruf per Handy in der Notrufzentrale. Klang ziemlich undeutlich, wie ein Besoffener, die Stimme kaum verständlich, danach ein paar Worte mit russischem Akzent, dann war die Verbindung weg. Das Ganze klang nicht dramatisch, keine Anzeichen unmittelbarer Gefahr, eher so, als hätte jemand versehentlich den Notruf seines Handys aktiviert. Wir haben die Signalquelle mit dem IMSI-Catcher auf dem Knell-Gelände geortet. Die Stadt war ziemlich dicht, ein Schwertransport mit einem Stahlteil für das neue Kongresszentrum hatte sich in der Pallaswiesenstraße verkeilt. Wir oder die Kollegen vom ersten Revier unten im Schloss hätten ziemlich lange gebraucht, deswegen haben wir erst mal gecheckt, ob zufällig jemand in der Nähe ist. Um 9.30 Uhr haben wir Ihr Auto in der Otto-Röhm-Straße lokalisiert und Sie angefunkt, Sie haben zugesagt, mal nachzusehen. Wir haben eine Baumarktquittung und ein paar Regalbretter in Ihrem Dienstwagen am Sensfelder Weg gefunden. Vermute, Sie waren beim Männershopping im Baumarkt .«
    Rünz überlegte krampfhaft, ob er irgendwelche kompromittierenden Privatsachen in seinem Wagen

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