Binde Deinen Karren an Einen Stern
Welt“ (Huxley) den Menschen immer schwerer fällt, einander Freunde zu sein. Je häufiger sie über elektronische Wellen miteinander kommunizieren, desto unerfahrener und ungeschickter werden sie im direkten Kontakt. Dabei bedauern viele Leute, in ihren Freundschaften zu scheitern. Deswegen seien zum Schluss noch ein paar Tipps zur Einübung im „Einander-Freund-Sein“ genannt.
Tipp 1: Aktiv zuhören
Freunde tun einander Gutes. Was also kann man jemandem Gutes tun? Geschenke machen? Als Psychologin würde ich sagen: Das größte Geschenk ist das
aktive Zuhören.
Es ist wertvoller als Gold und Schmuck. „Aktiv“ meint, dass man das Gerede eines anderen Menschen nicht einfach nur über sich ergehen lässt bzw. darauf lauert, dass man endlich selber zu Wort kommt. Es meint vielmehr ein geistiges Beim-anderen-Verweilen, eine (nicht räumliche, sondern) gewissermaßen „ontologische“, seinsmäßige Nähe zum Du, die es einem ermöglicht, dessen Gedanken mit zu erschauen, dessen Gefühle mit zu empfinden, und sich auf diejenigen „Gegenstände“ zu konzentrieren, denen dessen momentane Aufmerksamkeit gehört. Die Menschen von heute haben einen ungeheuren Drang,
von sich zu sprechen
, sich etwas von der Seele zu sprechen, aber kaum einer hört ihnen zu. Gibt es einen lieben Freund, der ihnen diese Erleichterung gewährt, sind sie selig. Freilich kommt es dann vor, dass sie des Freundes Geschenk ausnützen und ihn bei jeder Gelegenheit mit einer Unmenge an Klagen, Gejammer, Selbstlob, Ungereimtheiten, Wiederholungen und Bagatellen „eindecken“. Das ist für diesen nicht leicht zu verkraften. Auch hat selbst ein lieber Freund nicht ständig Zeit zum Zuhören und weiß dann oft nicht, wie er sich dem Redeschwall seines Gegenübers entziehen soll.
Angesichts dieses Dilemmas bewährt sich folgende Regel: Das Zuhören dem anderen bewusst als Geschenk darbringen, aber die Dauer des Zuhörens den eigenen Kapazitäten gemäß begrenzen. Nehmen wir als Beispiel eine verwandtschaftliche Beziehung. Eine betagte Dame in einem Altenheim beginnt anlässlich jeden Besuches ihres Neffen langatmig von ihren Jugenderlebnissen zu erzählen. Ihr Neffe könnte sich nun vornehmen, ihr pro Besuch 20 Minuten aktiv zuzuhören, unabhängig davon, ob er ihre Schilderungen längst auswendig kennt und sich dabei langweilt. Das ist eben sein generöses Geschenk an sie. 20 Minuten lang ist er „ganz bei ihr“. Damit ehrt er sie und macht ihr Freude. Dann verabschiedet er sich höflich-entschieden und kehrt mit gutem Gewissen heim. Dass die Begegnung mit seiner Tante nur 20 Minuten gedauert hat, spielt eine untergeordnete Rolle, wichtig ist, dass sie aufrichtig und ihrer Person zugewandt gewesen ist – nicht die Längen machen es im Leben aus, sondern die Inhalte.
Tipp 2: Gezielt Zeichen der Zustimmung geben
Schließen wir mit einem zweiten Tipp an, den ich
selektive Zustimmung geben
nennen möchte. Man hört nie ohne jegliche Rückmeldung zu, sondern schwingt sich auf den Gesprächspartner ein. Da und dort murmelt man verständnisvolle Worte oder schiebt kleine Satzfragmente dazwischen wie „Das kenne ich von mir“ oder „Leider kann man das nicht ändern“ u. Ä. Auch nonverbale Zeichen werden gesetzt. Die Körperhaltung verrät an gewissen Gesprächsstellen Solidarität oder Befremdung, die Mimik des Zuhörers spricht ihre eigene Sprache. Wie stark das alles auf den Sprechenden zurückwirkt, geht aus einer Untersuchung an der Wiener Universität (1998) anhand von manipulierten Arzt-Patienten-Gesprächen hervor, die gefilmt wurden. Die Ärzte wurden angewiesen, bei derselben Patientengruppe einmal eine eindeutig zerknirschte und deprimierte Haltung einzunehmen, und ein anderes Mal eine aufrechte, zuversichtliche Haltung an den Tag zu legen, mit erhobenem Kopf und besänftigenden Gebärden. Beide Male kommentierten die Ärzte die von den Patienten vorgetragenen Beschwerden nicht. Dennoch war der Unterschied frappant. Den deprimiert aussehenden Ärzten schilderten die Patienten ihre Beschwerden um ein Vielfaches drastischer als den zuversichtlich aussehenden Ärzten. Umgekehrt schätzten die Patienten bei den deprimiert aussehenden Ärzten ihre Hoffnung auf Genesung unvergleichlich geringer ein als bei den zuversichtlich aussehenden Ärzten. Wenn man bedenkt, dass sich die Ärzte bei dieser Untersuchung verbal praktisch nicht geäußert haben, ist das Ergebnis doch erstaunlich und zeigt, wie sehr positive oder negative Signale
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