Binde Deinen Karren an Einen Stern
zwischen Menschen (sogar „lautlos“) überspringen.
Dessen eingedenk tut man Menschen Gutes, wenn man ihnen im Gespräch „selektive“, das heißt, „ausgewählte“ Zustimmung spendet. Und zwar wählt man Stellen aus, an denen das Gegenüber kluge Ansichten, gütige Einstellungen, Erfolg versprechende Lösungsansätze u. dgl. in seine eigenen Bekundungen einflicht, und betont diese Stellen durch fröhliche Blicke, strahlendes Lächeln, Händedruck oder ein paar anerkennende Worte. Dieses Verfahren ist eleganter als vehementer Einspruch oder offene Kritik. Kommen wir nochmals auf die Tante im Altenheim zurück. Sagt sie zum Beispiel zu ihrem Neffen: „Die Jungen sind heute schamlos und frivol, sie kennen keinen Anstand mehr, nicht so wie zu meiner Zeit … da haben wir noch Respekt gehabt … obwohl natürlich auch wir keine Englein waren und mancherlei Schabernack ausgeknobelt haben …“, so wäre dem Neffen zu empfehlen, die erste Passage dieses Textes (eine Pauschalverurteilung der Jugend) zu ignorieren, dafür aber in das Eingeständnis, dass Tantchen auch kein Englein war, lachend einzustimmen, wodurch er sanft zum Ausdruck brächte, dass sie mit Milde gegenüber jugendlichem Ungestüm „richtig liegt“. Nur wenige Menschen beherrschen die Kunst der selektiven Zustimmung zu weisen Lebensansichten, toleranten Weltanschauungen, gesunder Selbstironie usf., und doch wäre sie ein wahrer Freundschaftsdienst: das Beste aus dem anderen hervorzulocken, ohne ihn mit Belehrungen vor den Kopf zu stoßen.
Tipp 3: Man nehme eine Prise Heiterkeit!
Mein dritter Tipp rankt sich um den
Einsatz von Heiterkeit.
Fast alle Menschen beschweren sich sehr viel häufiger über Unangenehmes, als dass sie sich für Angenehmes bedanken. Es ist geradezu Mode geworden, grantig und frustriert zu sein. Gelassenheit wird kaum mehr eingeübt. Da kann ein lieber Freund, der gut aufgelegt ist und ein wenig Humor in den grauen Alltag einwebt, herzerfrischend wirken. Man muss nicht jede Unpässlichkeit todernst nehmen. Mit Spiel und Spaß kommt man über mancherlei Hürde hinweg, gemeinsam noch leichter als allein. Sollte besagte Dame im Altenheim etwa jammern, dass die Fernsehfilme fast nur noch Familienstreitigkeiten und Gangstergeschichten servieren, könnte ihr Neffe kontern: „Schau Tantchen, das Schöne an solchen Filmen ist, dass sie dir vor Augen führen, welche Sorgen du alle
nicht
hast! Deine Angehörigen sind friedlich, dein Neffe ist zahm wie ein Lamm, von Gangstern wirst du nicht verfolgt, und ein dickes Bankkonto, das dir jemand rauben könnte, hast du auch nicht; also genieße die Filme und freue dich an allem,
was dir erspart bleibt
!“ Vielleicht ringt er Tantchen damit ein Schmunzeln ab, und vielleicht glimmt der lustige Funke immer noch in ihr, wenn die Besuchszeit des Neffen bereits vorüber ist.
Das Lachen-Können ist erlernbar bzw. wieder erlernbar. Ich erinnere mich an eine Rollstuhlfahrerin, die ich einmal zu einer externen Beratung aufsuchte und mit einem Bildband über die grandiose Tempelwelt Indiens auf den Knien antraf. Da sie ein bisschen weinerlich aussah, ergriff ich die Initiative und rief aus: „Ja, auf
diese
Art ist Reisen lustig! Keine Strapaze, kein Staub, kein Trubel, kein Hitzekoller, keine Angst vor vergessenen Pässen, verlorenen Koffern und verseuchtem Trinkwasser – und trotzdem herrliche Landschaftsbilder vor Augen. Sie haben die richtige Wahl getroffen!“ Schon lachte sie, obwohl noch eine winzige Träne auf ihrer Wange blinkte. „Sie haben völlig recht“, erklärte sie. „Hier habe ich jede Bequemlichkeit und Hilfe, die ich brauche. Ich darf wirklich zufrieden sein.“
Tipp 4: Mittragen – ohne große Worte
Um Missverständnissen vorzubeugen, soll mein vierter Tipp den zweiten und dritten sogleich eingrenzen: Keine echte Tragödie, die man im Gespräch mit einem anderen Menschen erfährt, darf ignoriert oder gar belächelt werden.
Freund sein bedeutet u. a., das Kreuz eines anderen mit auf die eigene Schulter zu laden.
Und das funktioniert am besten in stummer Mitbetroffenheit. Man hüte sich davor, bei schweren Leideinbrüchen, die einem zur Kenntnis gelangen, vorschnellen, billigen Trost spenden zu wollen. Einem Mann, dessen Frau ihn betrogen und verlassen hat, zu sagen: „Ach, andere Mütter haben auch hübsche Töchter!“, ist genauso platt und unergiebig wie die oft gebrauchte Phrase Todkranken gegenüber, dass „es schon wieder werden wird“. Versuche von
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