Binding, Tim
den
Reden zugehört haben.« Er testete die Temperatur seines Kaffees mit dem
Finger. »Michaela. Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß.«
Ich nickte, nutzte die Gelegenheit.
»Ich weiß«, sagte ich. »Verrückte Welt. Meine Ex und Ihre
Frau. Was hatten die beiden wohl gemeinsam - abgesehen vom Offensichtlichen?«
»Meinen Sie ihren blinden Hass auf Fische?«
»Nicht direkt, eher die Rolle, die sie bei dem ganzen
Schlamassel gespielt haben, in den wir reingeraten sind - nicht bloß, wie sie
zueinandergefunden haben, sondern schon davor. Ich meine, man stelle sich vor,
dass Michaela ausgerechnet an dem Tag aufs Kliff hoch ist, an dem Audrey
Miranda getötet hat. Deshalb waren Sie ja wohl auch da oben, nicht um nach
Ihrer Frau zu suchen, sondern nach Beweisen. Sie haben gedacht, ich hätte sie
vielleicht da oben von der Klippe gestoßen, Miranda meine ich, nicht Ihre
Frau.«
»Sie hätten Michaela von mir aus ruhig runterstoßen
können, obwohl ich Sie dann natürlich hätte verhaften müssen. Wissen Sie, dass
ich sie mal dabei erwischt habe, wie sie meine Kois mit Schneckenkorn füttern
wollte?«
»Pervers. Sie haben doch mit Mickey Travers' Tochter gesprochen,
die an dem Nachmittag damals im Kassenhäuschen vom Parkplatz saß. Hat sie
nicht zur fraglichen Zeit jemanden den Pfad hochgehen sehen? Ihre Frau höchstwahrscheinlich.«
Rump schüttelte den Kopf.
»Nein, das war nicht Michaela. Mary Travers meinte, die
Frau, die sie gesehen hat, sei gegangen, als wäre ein Bein kürzer als das
andere, wie bei Ihrer Nymphe mit dem lädierten Knie. Michaelas Beine sind
gleich lang.«
Er hatte recht. Sie hatten ein Stück über die Armlehne vom
Sofa geragt, aber gleichmäßig.
»Sie war es also nicht, und Miranda auch nicht. Ihre Beine
waren so gut wie perfekt.«
»Das haben wir auch zuerst gedacht. Bis wir einen von
diesen Schuhen fanden, unten am Strand, die Pumps, erinnern Sie sich? Na ja,
wenn sie den Pfad mit nur einem von den Dingern an den Füßen hochgehoppelt ist,
dann hätte sie es gewesen sein können.«
»Oder auch Michaela. Sie hätte einen Absatz verloren haben
können.«
Er schüttelte wieder den Kopf. »Michaela hat große Füße.
Fragen Sie mich nicht, welche Größe, aber größer als der Schuh, den wir am
Strand gefunden haben. Jedenfalls, wir haben nicht nach Michaela gesucht. Nur
nach Miranda. Und Miss Travers war sicher, dass es nicht Miranda war. Sie
kannte sie aus dem Fitnessstudio, Michaela vermutlich auch. Die Frau war zu
klein für Miranda, hat sie gesagt. Außerdem hat sie sie sprechen hören. Sie war
sicher, dass es nicht Mirandas Stimme war. Die Frau ist am Fenster vom Kassenhäuschen
vorbeigehastet, hat die Kapuze der Öljacke festgehalten, gegen den Regen. Sie
hatte irgendwas in der anderen Hand, ein Handy, meinte Mary, aber sicher war
sie sich nicht.« Er blickte auf den Rest von seinem Brownie, brach ihn in zwei
Stücke.
»Das war's?«
»Das war's.« Er schob sich ein Stück in den Mund, das andere
in die Tasche.
»Mary hat die Frau doch bestimmt auch wieder runterkommen
sehen.«
»Nein, sie hat fast gleich danach Feierabend gemacht. An
dem Nachmittag ließen sich keine Touristen blicken, bei dem Wetter.«
»War diese Frau vielleicht mit dem Auto gekommen?«
»Mary meinte, sie wäre möglicherweise zu Fuß von der
Kaserne raufgegangen.«
Das fand sie einleuchtend, Rump auch, aber ich nicht. Die
Frau war nicht zurückgekehrt, doch es war niemandem aufgefallen. Das heißt,
kein Auto und keine Kaserne. Sie lebte vermutlich weit weg, war mit dem Bus
rauf zum Kliff gefahren. Aber warum?
»Sie haben also nie rausgefunden, wer sie war.«
Rump schüttelte den Kopf. »Nein, und das war auch nicht
nötig, nachdem wir Miranda gefunden hatten. Nachdem ...« Er hustete, wechselte
das Thema. »Aber genug davon. Sprechen wir über etwas, das wirklich wichtig
ist. Ihre Zukunft. Ihre Fische.« Er zog einen Umschlag aus seiner Innentasche.
Schob ihn über den Tisch. Fehlten nur noch die Sonnenbrillen, und wir hätten
ausgesehen wie zwei Spione.
»Da drin sind Ihr neuer Mitgliedsausweis und eine neue
Anstecknadel, nur für den Fall, dass Sie Ihre alte verlegt haben. Falls Sie an
neue Fische für Ihren Teich denken, unser neuer Kassenwart, Colonel Grace, hat
ein paar wunderbare Kois zu verkaufen, sogar Asagis.«
»Ist das der, der die Schießschule leitet?«
»Ja. Er wäre Ihnen sehr gern behilflich. Er ist ein begeisterter
Karpfenfreund. Kennen Sie ihn?«
Ich kannte ihn
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