Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
Vom Netzwerk:
eines nicht herum: Adam Rump.
    Am nächsten Morgen zog ich mich entsprechend an, schlichte
Krawatte und neue braune Schuhe, nichts Protziges. Ich und ein Knacki? Ich
brauchte eine gute Stunde für die Fahrt zu den Water Gardens. Ich hätte es
schneller schaffen können, aber ich nahm die Küstenstraße. Ich genoss es, mich
langsam an den Citroën zu gewöhnen.
    Rump wartete schon auf mich, als ich ankam, stand vor
diesem Klumpen aus glattem Stein, den sie draußen aufs Gras gepflanzt hatten.
Er hatte denselben Hut auf wie damals, als er zu uns nach Hause gekommen war,
um nach Mirandas Verschwinden Alice Blackstock zu vernehmen, die kurzfristig
bei uns gewohnt hatte; allem Anschein nach auch denselben Anzug. Vier Jahre im
Gefängnis, vier Jahre auf der Polizeiwache. Ich wusste, wer nach dieser Zeit
besser aussah. Wir schüttelten uns die Hände. Er wirkte erfreut, mich zu
sehen.
    »Sehen Sie sich den Quatsch da an«, sagte er. »Nicht zu
fassen, dass jemand einen Haufen Geld dafür bezahlt hat.«
    »Das ist ein Henry Moore«, sagte ich. Ich kannte die
Skulptur von einem Foto in dem Buch, das Miss Prosser mir geschenkt hatte.
»Vielleicht war es eine Schenkung.«
    »Tja, ich würde mir so was jedenfalls nicht auf den Rasen
stellen. Ob er auch mal Skulpturen von Fischen gemacht hat, was meinen Sie?«
    »Nur falls sie Riesenlöcher hatten.«
    »Das ist das Problem mit moderner Kunst. Wo bleibt die
Realität? Als ich vorhin hier rumspaziert bin, kam mir der Gedanke, dass Fische
das letzte große Thema sind, mit dem sich Künstler noch nicht befasst haben.
Sie haben Pferde und Hunde dargestellt, sie haben nackte Frauen dargestellt, zu
oft, wenn Sie mich fragen, aber Fische hat sich noch keiner vorgenommen.
Rembrandt, Gauguin, Dick Van Dyke, wo sind ihre Fischmotive? Dafür muss es
einen Grund geben.« Er sah mich an, als wäre die Frage ernst gemeint.
    Ich gab mein Bestes. »Nun ja, ich schätze, ein Nachteil
ist, dass Fische unter Wasser leben. So sind sie sicher schwer zu malen. Und im
Gegensatz zu einem Hund, den man dazu bringen kann, sich in sein Körbchen zu
legen, und zu Miss April, der man sagen kann, sie soll aufhören, sich zu
kratzen, halten Fische nun mal nicht still, so flink einer auch mit dem
Bleistift ist.«
    Wir gingen ins Café. Ich bestellte eine Tasse Tee und ein
Stück Biskuittorte. Er nahm einen Kaffee und einen Brownie. Es war das erste
Mal seit meiner Entlassung, dass ich wieder unter normalen Leuten saß, Leuten,
die keine Bösewichte waren oder Angehörige von Bösewichten, denen sie Kippen
oder Dope rüberreichten, ihnen versicherten, dass draußen alles bestens sei,
während der ganze Raum vor Misstrauen und unbefriedigter Geilheit schwitzte.
Alle hier sahen anders aus, verhielten sich anders, als hätten sie nicht das
geringste Problem auf der Welt, als wäre alles bestens. Alle außer mir. Auf
einmal fühlte ich mich ganz und gar nicht mehr so. Bei mir war nicht alles
bestens. Ich hatte eine Frau von einer Klippe gestoßen. Carol war aus
Australien hergekommen, um mich für das dranzukriegen, was ich Robin angetan
hatte. Und jetzt musste ich diesem Schwachkopf seinen Fisch klauen. Ich hatte
noch immer das Gefühl, als wäre ich im Knast, als würde jeder hier, wenn er
mal von seinem Tisch aufsah, erkennen, dass ich gesessen hatte. Es stand mir
quasi auf der Stirn geschrieben: wie ich saß, wie ich die Leute ansah, sogar
die blöden neuen Klamotten, als wäre ich frisch ausgepackt worden. Es war kein
gutes Gefühl.
    Die Torte kam. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für
Biskuittorte, der luftige Teig, die Himbeermarmelade in der Mitte, der
Puderzucker obendrauf, alles irgendwie traumhaft, als wäre sie von einem
Regenbogen gerutscht. Meine Mum konnte eine erstklassige Biskuittorte backen,
die beste der Welt. Ich hoffte noch immer, eines Tages eine zu finden, die nur
halb so gut war, mir ein Stück Vergangenheit zurückbrachte, aber das war
bisher noch nie passiert. Audrey hatte mal eine gebacken, als Überraschung zu
meinem Geburtstag. Eine Woche später benutzte ich sie noch immer als Frisbee
für Monty. Ich biss in dieses Stück hinein. Nicht schlecht, wenn man Gummi
mochte. Rump griff nach dem Zuckerschälchen und schüttete sich sechs Tütchen
braunen Zucker in den Kaffee.
    »Wir haben hier geheiratet, wissen Sie«, sagte er beim
Umrühren, »Michaela und ich, in dem Pavillon da drüben. An dem Tag ist mir die
Idee für meinen Teich gekommen, ich hab mir Notizen gemacht, während alle

Weitere Kostenlose Bücher