Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
Vom Netzwerk:
befand sich ein halbmondförmiger, mit Steinplatten gefliester
Bereich, der von Palmen und Topfpflanzen umstanden war und sich zu einem
Sandsteinweg hin verjüngte. Als wir ihn betraten, hörte ich Wasserplätschern
und zittrige Musik, als hätte jemand seine Geige nicht richtig gestimmt.
    »Japanisch ...«, sagte Rump stolz. »Das setzt automatisch
ein, wenn jemand durch die Lichtschranke geht.«
    Er führte mich den Weg hinunter, wobei wir von riesigen
Bambusrohren rechts und links gestreift wurden. Und dann auf einmal lag er vor
uns, der Teich, wohl fünf Meter breit. Die Ränder waren mit Holzstäben
befestigt, und übers Wasser ragte ein kleiner Steg, als wäre er die Pforte ins
Paradies. Rump führte mich auf den Steg. In der Mitte war ein Glasfenster in
den Boden eingelassen, durch das man direkt ins Wasser schauen konnte, wo Kois
in allen Formen und Farben hin und her schwammen. Es machte mich stinksauer.
Gemessen daran hatte mein alter Teich wie eine Scheißpfütze ausgesehen. Das war
einfach nicht in Ordnung. Torvill und Dean hätten sich in so einem Teich
pudelwohl gefühlt, nach Herzenslust schwimmen und tauchen können. Im Vergleich
zu dem hier hatten sie kaum Platz gehabt, sich umzudrehen. Und Rump hockte
hier, drehte Däumchen und glotzte den ganzen Tag seine Fische an, wo er doch
unterwegs sein sollte, um Räuber und Lumpenpack zu fangen, um die Welt ein
bisschen sicherer zu machen. Wenn ich noch irgendwelche Zweifel gehabt hatte,
ob ich ihm seine blöde Fischkönigin klauen sollte, so waren sie nun mit einem
Schwanzflossenschlag verflogen. Ich sah mich um, orientierte mich. Am gegenüberliegenden
Ufer, neben dem Kasten mit den Pumpen und Filtern, saß ein dreckiger fetter
Buddha mit gekreuzten Beinen, wie Buddhas das so machen. Dahinter
Rhododendronsträucher und Weidenbäume, dahinter ein Zaun.
    »Tolle Anlage«, sagte ich. »Was ist hinter dem Zaun?«
    »Ein steiler Hang bis runter zum Strand. Aber was soll ich
da, wenn ich hier so ein Wunder wie Mini zu bestaunen habe.« Er legte die Hand
an die Augen, als würde er sie suchen.
    »Muss schwer sein, sie zwischen den vielen anderen zu
finden, wenn Sie sie sehen wollen.« Ich bemühte mich, nicht allzu neugierig zu
klingen.
    Er lächelte selbstzufrieden. »Ja, möchte man meinen.« Dann
fing er an, sich mit einer Hand auf den Mund zu schlagen und ein Geheul
auszustoßen wie Kinder, wenn sie Cowboy und Indianer spielen. Eine rasche
Bewegung im Wasser und ein plötzliches Plätschern, und da war sie, schwamm
längsseits. Sie war größer, als ich gedacht hatte, größer und schöner, lang und
geschmeidig, mit einem Glanz wie auf der Haut einer Frau, wenn sie frisch aus
dem Bad kommt, richtig strahlend, bereit, eingewickelt zu werden. Rump hatte
recht. Sie war verdammt schön. Ich hätte nichts dagegen, so einen Fisch zu
haben, wenn auch nur für ein oder zwei Wochen. Torvill müsste es ja nicht erfahren.
    »So was hab ich noch nicht erlebt«, sagte ich. »Ein Fisch,
der so auf einen Ruf hört.« Rump legte mir eine Hand auf die Schulter.
    »Sagenhaft, was? Es sind die Schwingungen, glaube ich,
nicht das eigentliche Geräusch. Manchmal denke ich, es steckt vielleicht doch
mehr in ihr, als man glaubt.«
    Er angelte den Rest von seinem Brownie aus der Tasche und
warf ihn ins Wasser. Sie schluckte die abgebrochenen Stückchen eins nach dem
anderen, blickte auf. War das ein Lächeln?
    »Wie meinen Sie das?«, sagte ich.
    Er sah mich an. »Naja, Sie werden mich vielleicht für total
bescheuert halten, aber ...« Er senkte die Stimme, als fürchtete er, einer
seiner Bullennachbarn könnte was aufschnappen. »Glauben Sie an Reinkarnation,
Al?«
    »Ich kann nicht behaupten, schon viel darüber nachgedacht
zu haben.«
    »Hatte ich auch nicht, bis Mini Ha Ha in mein Leben trat.
Sie hat irgendwas an sich. Ich kann nicht recht glauben, dass sie nur ein Fisch
ist. Schauen Sie genau hin. Sie ist zu perfekt, zu gut. Sie hat eine Seele,
wissen Sie. Haben Sie gesehen, wie sie die Browniestückchen gefressen hat? Beinahe
menschlich, nicht? Letzte Woche hab ich sie mit den anderen beobachtet. Da war
sie, meine Preisträgerin, die Goldmedaillengewinnerin 2009 von Südwestengland,
und doch hat sie allen anderen hier im Teich Fischpellets zugeschubst - den
Kleineren, den Schwächeren, den Jungen -, hat gewartet, bis sie alle genug
hatten, bevor sie selbst gefressen hat. Das war reine Herzensgüte, Al,
Herzensgüte und Selbstlosigkeit und ja, vielleicht Heiligkeit in

Weitere Kostenlose Bücher