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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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auf das Ziel zu. Fünf Minuten. Ich war überrascht, so lange
durchgehalten zu haben. Irgendwo konnte ich das Schrillen eines Feuerwehrautos
hören. Sie trommelte mir mit den Fäusten auf die Ohren.
    »Gib's mir, Nelson!«, rief sie. »Gib's mir!«
    Ich wollte anhalten, aber die Bremsen taten's nicht.
    »Was?«
    »Gib's mir, du Saukerl. Gib's mir!« Ich schloss die Augen.
Gab's ihr.
    Anschließend trank ich wieder einen Schluck Whisky. Ich
konnte ihn brauchen.
    »Wer ist Nelson?«, fragte ich.
    »Nelson?« Sie zuckte nicht mit der Wimper.
    »Sie haben Nelson gesagt. Vorhin, als ich's Ihnen besorgt
habe.«
    »Sie müssen sich verhört haben. Vielleicht hab ich Nielsen
gesagt, der berühmte dänische Komponist.«
    »Wieso hätten Sie Nielsen sagen sollen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wieso hätte ich Nelson
sagen sollen?«
    Wieso hätte sie Nelson sagen sollen? Genau das war mein
Gedanke. Vielleicht war ja an unserem Arrangement ein dritter Partner
beteiligt, von dem ich nichts wusste. Vielleicht erzählte sie mir nicht alles. Vielleicht
wäre es ratsam, das rauszufinden.
    Sie glitt vom Sofa, zog sich den Rock wieder an. Ich
wusste nicht, woher sie die Kraft nahm, aufzustehen.
    »Sie gehen?«
    »Sieht so aus, oder?«
    »Ich meine ja nur, weil ich kein Auto gehört habe. Ich
kann Ihnen ein Taxi rufen, wenn Sie wollen, aber ich selbst sollte wohl nicht
mehr fahren.« Falls sie die Ironie mitbekam, ließ sie es sich nicht anmerken.
»Nicht nötig. Ich gehe zu Fuß.«
    »Zu Fuß? Wo haben Sie sich einquartiert? Im Bindon?«
    Sie zog schwungvoll den Reißverschluss hoch. Jetzt war ich
es, der zu ihr aufschaute.
    »Ich habe den Bungalow nebenan gemietet, Mr Greenwood. Für
sechs Monate. So kann ich Sie im Auge behalten, und Sie können mich im Auge
behalten. Wer weiß, vielleicht spielen wir ja sogar mal eine Partie Scrabble.
Wir sollten uns morgen treffen. Um unsere Aktion zu planen.«
    Und weg war sie.
    Ich lehnte mich zurück, die Hose um die Füße gewickelt.
Ich warf einen Blick zum Kaminsims. Torvill hatte die Lippen angewidert nach unten
gebogen.
    »Aber was hätte ich denn sonst machen sollen?«, sagte ich.
    Sie würdigte mich keines Blickes.
     
    SECHS
     
    M itten in der Nacht stand ich auf,
goss mir noch einen Whisky ein, nahm ihn mit in den Garten. Es hätte ein gutes
Gefühl sein müssen, das Gras unter den Füßen, die kühle Luft am Hintern, aber
um ehrlich zu sein, ich fühlte mich irgendwie immer noch wie im Gefängnis,
umzingelt von all diesen Frauen, Michaela, Audrey, Carol, die große Unbekannte,
sogar Alice, wie sie mich alle anstarrten, mich anstupsten, bloß um
festzustellen, ob ich noch am Leben war. Klar war ich noch am Leben. Ich wusste
bloß nicht genau, warum.
    Alice' Haus war stockdunkel, das von Kim Stokie, wo
Michaela sich eingenistet hatte, ebenso. Mir kam der Gedanke, über den Zaun zu
springen, durch die Hintertür ins Haus zu gehen, nachzusehen, was sie im Bett
anhatte, ob sie überhaupt was anhatte. Eine einzelne Runde auf dem Sofa mit so
einer Frau lässt Wünsche offen. Um unsere Aktion
zu planen. Die Worte hallten mir durch den Kopf. Mir war gar nicht
wohl dabei. Ich hatte schon einmal eine Aktion geplant, und die war gründlich
schiefgegangen. Spontan handeln, das hätte ich machen sollen, die Koffer packen
und für ein Jahr nach Rio abhauen, wie Miranda und ich uns das mal ausgemalt
hatten, oder mich irgendwo im Peak District verstecken, Einsiedler werden, von
Beeren und vorbeikommenden Rucksacktouristen leben. Doch ich war mit einem Mal
näher dran, als ich es für möglich gehalten hätte. Konnte die Frau, die auf
dem Weg zur Klippe gewesen war, irgendwas gesagt haben, das dabei helfen würde,
ihre Identität herauszufinden? Oder wollte diese Rump mich bloß verarschen,
mich kirre machen? Erst hatte sie Audrey aufs Kreuz gelegt, und jetzt legte sie
mich aufs Kreuz. Kein Wunder, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte.
Ich meine, wie sollte ich Rumps Fisch klauen? Was ich gesagt hatte, stimmte,
Kois haben es gar nicht gern, wenn sie aus dem Wasser geholt werden. Und was
würde Torvill denken, wenn ich eines Nachts mit so etwas im Schlepptau nach
Hause käme? Frauen mögen es nicht, wenn ihnen eine Nebenbuhlerin aufs Auge
gedrückt wird. Falls ich an die Informationen über die Unbekannte von der
Klippe rankäme, ohne mich auf Michaelas kleinen Plan einlassen zu müssen, schön
und gut. Falls nicht, sollte ich besser anfangen, die Lage zu sondieren. So
oder so kam ich um

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