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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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dass ich mir zu Herzen genommen und in die
Tat umgesetzt hatte, was sie mir im Gefängnis geraten hatte. Es ging mir nicht
bloß darum, sie für eine schnelle Nummer in den Bungalow zu locken. Ich spürte
Gefühle für sie in mir aufwallen, Gefühle, die ich noch nie für irgendwen
empfunden hatte. Klar, ich hatte schon Freundinnen gehabt, hatte sogar geheiratet,
aber die Geschichte mit Audrey war mehr eine Herausforderung gewesen als sonst
was, wie den Annapurna während einer Schlechtwetterphase besteigen oder falsch
herum die Welt umsegeln. Der Kick war die Eroberung gewesen, der unermüdliche
Kampf gegen die Elemente, aber als ich mit Mutter Teresa, die in der Kühlbox
hörbar mit der Schwanzflosse schlug, zurückstrampelte, wusste ich, dass es mit
Miss Prosser etwas anderes wäre, mit Emily, wie ich sie jetzt nennen durfte.
Zwischen uns würde es Herzenswärme und Verständnis geben und, ja, kritisches
Hinterfragen. Dank ihr sah ich die Welt mit anderen Augen. Plötzlich kam mir
das ganz offensichtlich vor. Je mehr ich mit ihr zusammen wäre, desto mehr
würde ich sehen, genau wie es John Lennon mit Yoko Ono ergangen war. Auch sie
war Künstlerin, genau wie Emily. Ich fühlte mich ihr schon ganz nahe, sogar
näher, als ich mich Miranda gefühlt hatte. Miranda war mein eigen Fleisch und
Blut gewesen, aber es hatte zwischen uns immer so eine Distanz bestanden, weil
ich wusste, was ich wusste, was ich ihr aber nie sagen durfte, so toll, so
wunderschön sie auch war - und auch solche Gefühle durfte ich nicht für sie
haben. Miss Prosser, Emily, sah dagegen nicht halb so gut aus wie Miranda und
war wahrscheinlich nicht halb so gescheit, trotzdem war da was, eine Art
strahlende Güte und ehrliche Erotik, etwas, was mir den Magen nach außen
stülpte. Emily Prosser. Was für eine Fügung. Was für eine Wahnsinnsfügung. Eine
solche Chance würde ich im Leben nicht noch einmal kriegen. Sie war vielleicht
bloß auf einen Urlaubsflirt aus, ohne jede Verpflichtung, ohne mehr zu
erwarten, aber ich nahm die Sache auf jeden Fall ernst. Hätte ich ihr meinen
ersten Fisch zeigen können, hätte ich sie vielleicht schon so gut wie im Sack
gehabt.
    Wir gaben das Tretboot ab, gingen den Anlegesteg hoch,
mischten uns unauffällig unter die Leute. Die Hälfte der Männer um mich herum
hatte etwas Ähnliches in der Hand wie ich, und unzählige Frauen trugen Hüte,
manche noch größere als Michaelas. Auf dem Parkplatz war das alte Pärchen neben
mir verschwunden. Umso besser. Ihnen wäre aufgefallen, wenn ich mit einer Frau
wie Michaela im Schlepptau zurückgekommen wäre, und sie hätten auf der Fahrt
nach Hause darüber gewitzelt.
    Wir fuhren los, mit geöffneten Fenstern. Im Auto war es
heiß wie in einem Backofen, aber das konnte Rumps Fisch nichts anhaben. Ihm
würde es gut gehen, sicher verstaut hinter dem Beifahrersitz. An der Ausfahrt
hatte sich eine Warteschlange gebildet, die Leute wollten nur noch nach Hause,
sich den Sand aus den Haaren spülen. Ich schaute gar nicht richtig hin, achtete
kaum auf die anderen, wollte selbst auch nur nach Hause, diesen Schlamassel so
gut ich konnte zu Ende bringen, den Fisch und die Frau auf der Klippe und Robin
hinter mir lassen. Einen Neuanfang machen mit Emily, reinen Tisch. Hatte denn
nicht auch ein Mann wie ich eine anständige Chance auf ein gutes Leben
verdient?
    Wir krochen im Schneckentempo dahin. Ich spielte schon mit
dem Gedanken, einfach aus dem Wagen zu springen, Michaela zu sagen, sie könne
mir gestohlen bleiben, die Straße runter zurückzuflitzen, Rumps Fisch wieder
in den Teich zu setzen, wo er hingehörte, und dem Schicksal seinen Lauf zu
lassen. Vielleicht hätte ich es auch getan, wenn sich nicht so ein dämlicher
Volvo vor mich gedrängelt hätte, um sich nicht hinten einfädeln zu müssen. Wie
einige von Ihnen wissen, bin ich kein großer Volvo-Fan. Autos für Untote nenn
ich sie gern, gesteuert von selbstgefälligen Schnöseln, die man wieder auf den
Teppich holen muss. Nicht dass ich voreingenommen wäre oder so. Es ist einfach
ein Erfahrungswert, der auf zahllosen Stunden im Straßenverkehr und an
Autowaschanlagen basiert. Der hier hatte, was für eine Überraschung, die
Scheinwerfer an. Drei Uhr am Nachmittag, und er hatte die Scheinwerfer an.
Sagt einem doch schon alles, oder? Der Fahrer kam mir bekannt vor, welliges
Haar, kariertes Hemd, irgendwie so ein billiger Cowboy-Look, und auch die
Frau, Stirnband, sommersprossige Haut, Statur wie eine Wikingerin,

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