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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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aber
locker. Ich machte die entsprechende Auf-und-ab-Bewegung mit der Hand, die für
solche Wichser vorbehalten ist. Sie wollten so tun, als sähen sie mich nicht,
aber sie erkannten mich im selben Moment, in dem ich sie erkannte. Die Bowles,
genau, die ich am ersten Tag mit ihren verkümmerten Tannenzapfen und
schmuddeligen Fischernetzen aus dem Bungalow geekelt hatte. Klar, dass die
Schwedens Antwort auf Sterbehilfe fuhren. Und dann sah ich ihn, auf dem
Rücksitz, wie er durchs Fenster zu mir hochschaute, wie ein ausgesetzter Hund.
Mein Fisch! Der Fisch, für den ich mich abgerackert hatte, der Fisch, für den
Alice und ich einen ganzen Abend geopfert hatten, um ihm Leben einzuhauchen.
Meine erste Fischskulptur, die ich Miss Prosser unbedingt, unbedingt zeigen
wollte.
    Ich sprang aus dem Wagen, riss die Fahrertür vom Volvo auf
und zerrte Bowles am Schlafittchen nach draußen. Er stolperte übers Gras, ehe
er wusste, wie ihm geschah.
    »Ihr habt meinen Fisch gestohlen, du Schwachkopf.«
    »Was?«
    »Bist du blind? Das Ding da auf dem Rücksitz, das ihr aus
meinem Garten geklaut habt.«
    »Ich schwöre, ich ...«
    »Zweihundertfünfzig Mäuse war der Preis, und ihr habt zwei
Pfund fünfzig hingelegt. Sollte wohl ein Witz sein, was?«
    »Sie schulden uns Geld, MrGreenwood. Zahlen Sie uns, was
Sie uns schulden, dann kriegen Sie Ihren Fisch zurück. Ich wollte Ihnen
schreiben.«
    »Was? Ihr verlangt Lösegeld? Ihr klaut meinen Fisch
und...«
    »Wir haben den Fisch nicht geklaut. Wir haben eine Kaution
hinterlassen.«
    »Aha, eine Kaution also, ja? Hier hast du eine von mir.«
Er stieß einen spitzen Schrei aus, hielt sich die Nase. Ich riss die hintere
Tür auf, zog den Fisch von der Rückbank. Mrs Bowles sprang um ihren Mann herum,
versuchte, das Blut abzuwischen, das ihm durch die Finger quoll. Er konnte froh
sein, dass er keinen Ohrring trug.
    Ich ging ganz langsam zu Carols Wagen zurück, schnallte
den Fisch auf dem Rücksitz an, setzte mich wieder ans Steuer und trat das
Gaspedal durch. Schlingernd jagten wir an ihnen vorbei und auf die Straße. Das
Ganze hatte keine zwei Minuten gedauert. Michaela saß entspannt auf ihrem
Sitz.
    »Ich schätze, das nennt man eine denkwürdige Flucht«,
sagte sie. Irgendwie sah sie ziemlich erfreut aus.
     
    Es ist ein seltsames Gefühl, wenn du an den Punkt kommst,
wo dir einfach alles egal ist, wo du denkst, du wirst mit allem fertig, was man
dir zuwirft. So ein Gefühl hatte ich ein bisschen, als wir zurück zum Bungalow
kamen. Auf den ersten Blick standen die Dinge schlecht. Ich hatte Bowles die
Nase gebrochen, unmittelbar nach dem Diebstahl von Rumps Fisch, aber es bestand
kein Grund, warum irgendwer beides miteinander in Verbindung bringen sollte.
Tagtäglich rasteten Leute wegen irgendwelcher Parkplatzstreitigkeiten aus.
Außerdem würde ich Rumps Koi ja nicht lange behalten. Ich hatte Besseres zu
tun. Ich war verliebt. Ich war zwar erst seit etwas über einer Stunde verliebt,
aber es zehrte bereits an mir wie Fieber. Mir war heiß und kalt, ich schwitzte
und bibberte, alles auf einmal. Wenn ich nicht aufpasste, würde ich noch daran
sterben.
    Als Erstes setzte ich Mutter Teresa in den Teich. Ich
tauchte die Kühlbox ins Wasser, kippte sie auf die Seite, nahm dann langsam den
Deckel ab. Mutter Teresa blieb einen Moment drin liegen, leicht
zusammengerollt, als könnte sie sich nicht bewegen, streckte schließlich die
Nase raus. Sie blickte durch das Wasser geradewegs zur Nymphe hoch. Und ich
schwöre, sie drehte den Kopf weg, schüttelte ihn, als wäre sie angewidert,
wedelte dann mit der Schwanzflosse und verschwand unter den Steinen am
Wasserfall. Hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen, ich hätte es nicht
geglaubt, aber vielleicht war ja doch was dran an dem, was Rump gesagt hatte.
Ich meine, Mutter Teresa wäre ganz bestimmt entsetzt gewesen, wenn irgend so
eine sexy Tusse aus dem Westen splitternackt direkt vor ihrer Hütte rumgehüpft
wäre, als würde es ihr Spaß machen. Mit den Päpsten ist es das Gleiche. Wenn du
als Frau im Vatikan auftauchst und auch nur einen Fußknöchel sehen lässt,
zack, das war's, du fliegst raus. Päpste können den Anblick von nackter Haut
nicht leiden, zumindest nicht leibhaftig, sozusagen. Deshalb haben sie sich von
all ihren Künstlerfreunden mit den Jahren die vielen Nackedeis malen lassen,
damit sie und ihre Kardinäle mal einen Blick darauf werfen können, ohne gleich
in heilige Schwulitäten zu kommen. Nymphen, Engel, fromme

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