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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Brisch
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Hintergrundstruktur sowie die Handlungspraxis vor Ort daher zugegebenermaßen zusätzlich. Eine trauma-, sucht- und gendersensible integrative Herangehensweise eröffnet jedoch die Möglichkeit, im Therapieprozess komplexe Anforderungen miteinander zu vereinbaren, gendertypische Einengungen in einen flexibleren Umgang mit vorgegebenen Genderrollenanforderungen umzuwandeln und spezifisch reflexive Räume dafür zu eröffnen. Neben der Forderung nach strukturellen Veränderungen lassen sich aus den Erfahrungen insbesondere Schlüsse auf eine umfassendere biografie- und lebensweltorientierte, gendersensiblere Diagnostik und eine sorgsamere Zuweisung in geeignete Therapie- und Beratungsangebote ziehen (Gahleitner 2008).
    Auf diese Weise werden eine Sensibilität gegenüber der Bedeutung, welche die Dimension »Geschlecht« für den spezifischen Einzelfall in der aktuell vorliegenden Situation hat, und ein Anknüpfen der therapeutischen Intervention an die jeweiligen Geschlechterkonstruktionen der Klientinnen und Klienten am ehesten möglich. Es geht jedoch – das darf man nie vergessen – in diesem Kontext um »Gender«, also die jeweilige im biografischen Kontext erworbene Ausgestaltung der eigenen Geschlechtsrolle, die sich stärker oder gerade wenig an den typischen Geschlechtsrollenzuschreibungen orientieren kann. Und selbst hier ist noch eine Einschränkung zu machen. Was an »Entgrenzung« tatsächlich möglich ist, hängt ab von den jeweiligen aktuell vorhandenen Möglichkeiten. Der Prozess kann potenziell statt zur Emanzipation auch zu Leiden und Resignation führen. Gender»sensibles« Vorgehen kann so dazu beitragen, die genderspezifischen Anteile zu erkennen und in die Behandlung einzubeziehen, sie andererseits jedoch auch nicht schemahaft überzubetonen.
Anmerkungen
    1  Vgl. ausführlichere Reflexionen zur Kategorie »Gender« sowie einen vertieften Forschungsüberblick über das Thema »Gender – Trauma – Sucht« in Gahleitner (2012). Der vorliegende Beitrag greift in einigen Inhalten auf den dortigen Artikel sowie auf Gahleitner (im Druck) und Gahleitner (2005b) zurück.
    2  Beide Fallbeispiele sind gekürzt entnommen aus Gahleitner (2005a).
    3  Im von Steins (2010) herausgegebenen Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung fehlt ein Kapitel über Klinische Psychologie (vgl. dazu kritisch Birbaumer 2010; Strasser & Birbaumer 2010).
Literatur
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    Birbaumer, A. (2010): Buchbesprechung: Gisela Steins (Hrsg.) (2010): Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung . Wiesbaden (VS Verlag für Sozialwissenschaften). Journal für Psychologie, 18 (3). Online verfügbar: http://www.journal-fuer-psychologie.de/jfp-3-2010-05.html (Zugriff: 21.10.2011).
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