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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Brisch
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darauf, dass Anzeichen für ein entsprechendes Risiko schon in den frühen Lebensjahren vorhanden sein können (Jansen et al. 1995; Noll et al. 1990; Zucker & Fitzgerald 1991). Aus fortlaufenden Studien mit kleinen Kindern alkoholabhängiger Väter geht in der Tat hervor, dass ein Zusammenhang zwischen dem Alkoholismus des Vaters, der Qualität der Vater-Kind-Interaktionen und dem Ärger des Vaters über das Kind besteht – ein Zusammenhang, der durch die Depression des Vaters vermittelt wird (Eiden et al. 1999; Eiden & Leonard 2000).
    Jüngere Studien mit Alkoholikerkindern im Vorschulalter haben gezeigt, dass es Variationen in der Art der Risikostruktur in den Familien gibt und dass die Äußerung negativer Affekte von Seiten der Eltern als Mittler des Risikos späterer Externalisierungsprobleme dieser Kinder fungiert (Wong et al. 1999). Zusätzlich zu den unmittelbaren Zusammenhängen zwischen Alkoholismus und einer negativen Entwicklung der Kinder sind auch indirekte Zusammenhänge – etwa auf dem Weg über eine psychische Störung (z. B. Depression, antisoziales Verhalten) der Eltern – sowie die kumulative Wirkung von Begleitrisiken des Alkoholismus und anderen psychopathologischen Entwicklungen nachgewiesen worden (Loukas et al. 2001; Mun et al. 2001; Wong et al. 1999; Eiden et al. 1999). Ein Zusammenhang besteht auch zwischen dem Alkoholismus des Vaters oder der Mutter und einem von Konflikt und Gewalt geprägten Familienklima (Leonard & Quigley 1999; Murphy & O’Farrell 1996; Quigley & Leonard 2000; Spaccarelli et al. 1994), das sich seinerseits negativ auf das elterliche Fürsorge- bzw. Erziehungsverhalten und die Entwicklung des Kindes auswirkt (Cummings & Davies 1994; Fergusson & Horwood 1998). Das heißt also, die Alkoholabhängigkeit des Vaters fungiert als Markervariable für ein erhöhtes familiäres Risiko und ein negatives elterliches Fürsorge- bzw. Erziehungsverhalten. Diese Aspekte der Funktionsweise einer Familie gelten als signifikante Prädiktoren der Qualität der frühen Bindung des Kindes.
Längsschnittstudie mit Kindern alkoholabhängiger Väter
Grunddaten zur Studie
    Für unsere fortlaufende Studie mit Kindern alkoholabhängiger Väter machten wir anhand des Geburtenregisters des Staates New York zunächst Familien mit Kindern ausfindig, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Dabei trafen wir insofern eine Vorauswahl, als wir Frühgeborene und Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht, Kinder von Müttern, die jünger als 19 bzw. älter als 40 Jahre waren, Mehrlinge sowie Kinder mit angeborenen Anomalien oder Geburtsfehlern ausschlossen. Die in Frage kommenden Familien erhielten ein Schreiben, das ihnen die Studie vorstellte, und wurden gebeten, bei Interesse an näheren Einzelheiten die beigelegte frankierte und adressierte Antwortkarte zurückzusenden. Die Familien, die dies taten, wurden telefonisch in Bezug auf ihren Alkoholkonsum, auf etwaige alkoholbedingte Schwierigkeiten und auf die entsprechenden Kriterien überprüft. Mütter, die während ihrer Schwangerschaft Alkohol getrunken hatten, wurden von der Studie ausgeschlossen.
    Die Stichprobe umfasste schließlich 227 Familien (mit 111 Mädchen und 116 Jungen). Mit ihrer Aufnahme in die Studie wurden sie in zwei Gruppen eingeteilt: Die eine Gruppe bildeten die Familien, in denen die Eltern keine oder nur geringfügige aktuelle Alkoholprobleme hatten (n = 102); zur anderen Gruppe zählten diejenigen Familien, in denen zumindest eine der Elternpersonen alkoholabhängig war (n = 125). In 102 dieser letztgenannten Familien erfüllte nur eine der Elternpersonen die Kriterien für Alkoholmissbrauch bzw. Alkoholabhängigkeit (in 93 % der Fälle war dies der Vater), während die Partnerin abstinent oder nur »leichte Trinkerin« war. In den verbleibenden 23 Familien dieser Gruppe erfüllten beide Eltern zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Studie die diagnostischen Kriterien der Alkoholabhängigkeit. Die Aufnahme in die Studie erfolgte, als die Kinder neun bis elf Monate alt waren; Bewertungen erfolgten, als sie 12, 18, 24 und 36 Monate alt waren, des weiteren zur Zeit ihrer Zugehörigkeit zur »Kindergarten«-Stufe (fünf bis sechs Jahre alt), die in den Vereinigten Staaten dem Elementarunterricht vorgeschaltet ist, und in jüngerer Zeit noch einmal im vierten und im sechsten Grundschuljahr. Dabei wurde zunächst die Mutter-Kind-Situation und etwa zwei bis vier Wochen später die Vater-Kind-Situation erfasst. Wir führten jedes

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