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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Brisch
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gebunden klassifiziert. Etwa 70 % der Kinder in der Kontrollgruppe, 62 % der Kinder in der Gruppe der alkoholabhängigen Väter und 50% der Kinder in der Gruppe, in der beide Eltern Alkoholiker waren, wurden als sicher an ihre Väter gebunden klassifiziert. Kinder, deren Eltern beide Alkoholiker waren, hatten also ein höheres Risiko einer unsicheren Bindung an beide Personen. Der Anteil desorganisierter Bindungsbeziehungen zwischen Kind und Mutter war in den Fällen, in denen beide Eltern Alkoholiker waren, besonders hoch (30 %).
Alkoholprobleme der Eltern und Verhaltensprobleme der Kinder
    Im Kleinkind- und Vorschulalter verläuft die Entwicklung des Kindes rapide. Im Alter zwischen zwei und drei Jahren entwickeln Kinder allmählich die Fähigkeit zur inhibitorischen Kontrolle, in der sich ihr Temperament und die Sozialisation durch die Eltern spiegelt (Emde et al. 1991; Kopp 1982; Rothbart 1989). Die Kontrolle verlagert sich jetzt zunehmend, und zwar von der Kontrolle durch die Eltern zur Selbst-Kontrolle des Kindes. In entwicklungspsychologischer Hinsicht ist dies eine Periode der zunehmenden Autonomie und häufig auch der Eigenwilligkeit des Kindes. In dieser Zeit, der sogenannten »Trotzphase«, wirdvielen Eltern allmählich klar, dass ihr Kind gewisse Verhaltensprobleme zeigt. Nach den Erkenntnissen der Forschung kann man bei Kleinkindern mit einer normativen Zunahme des externalisierenden Verhaltens rechnen, das dann im vierten Lebensjahr des Kindes wieder nachlässt (Cummings et al. 1989; Nagin & Tremblay 1999; Shaw et al. 2003). Manche dieser externalisierenden Verhaltensweisen sind unter entwicklungspsychologischen Gesichtspunkten angemessen, während man in anderen die Vorläufer einer späteren Fehlanpassung sehen kann. Tatsächlich ist schon für das Vorschulalter gezeigt worden, dass mäßige bis schwere Verhaltensprobleme veränderungsresistent sind und auf ein späteres Fehlverhalten vorausweisen (Campbell 1995). Solche frühen Schwierigkeiten wirken sich nachweislich negativ auf die Peerbeziehungen, auf das entstehende Selbstgefühl sowie auf das schulische und familiäre Verhalten aus und beeinflussen die Persönlichkeit auf lange Zeit (Campbell 1990, 1995). Verhaltensprobleme sind besonders bedeutsame »Marker« einer Entwicklung in Richtung von Verhaltensstörungen, antisozialer Symptomatik und problematischem Alkohol-/Drogenkonsum. Kinder von Alkoholikern dürften insoweit besonders anfällig sein, und ebendieser Weg könnte sie in den späteren Drogenkonsum führen.
    Aber auch wenn Kinder, die in Alkoholikerfamilien aufwachsen, mit dem Risiko einer Fehlanpassung leben, können die psychosozialen Folgen sehr unterschiedlicher Art sein, was auf ihr Resilienzvermögen hindeutet (Johnson et al. 1991). Resilienz ist nach Luthar & Cicchetti (2000) »ein dynamischer Prozess, bei dem Individuen ungeachtet ihrer erheblichen schädlichen oder traumatischen Erfahrungen eine positive Anpassung an den Tag legen« (S. 858). Zur positiven Anpassung zählt in der frühen Kindheit die Entstehung einer sicheren Bindungsbeziehung zur primären Bezugsperson. Sicher gebundene Kinder entwickeln ein Gespür dafür, dass die Welt voraussagbar ist, dass ihre Bedürfnisse befriedigt und ihre Ängste beschwichtigt werden. Sichere Bindungen lassen ein System der wechselseitigen Kooperation zwischen Elternperson und Kind entstehen. Es ist diese positive wechselseitige Orientierung, die dem Kind den positiven sozialisierenden Einfluss der Elternperson erschließt (Maccoby 1984; Maccoby & Martin 1983) und es mit zunehmendem Alter immer empfänglicher für deren Erziehungsbemühungen macht (Grusec & Goodnow 1994). Das Fortbestehen dieser positiven Beziehung fördert seinerseits die optimale psychosoziale Entwicklung im Kontext des Familiensystems. Dagegen hat man festgestellt, dass unsicher gebundene Kinder ein vergleichsweise höheres Risiko haben, dürftige Peerbeziehungen, Verhaltensprobleme und emotionale Schwierigkeiten zu entwickeln (z. B. DeVito & Hopkins 2001; Easterbrooks et al. 2000; Greenberg et al. 2001; Sroufe et al. 1993).
    Was die Frage der Resilienz von Alkoholikerkindern angeht, so kann die Entwicklung einer sicheren Bindung zur nichtsüchtigen Elternperson schon in sich Resilienz anzeigen. Mit anderen Worten, Kinder alkoholkranker Väter, die diese so wichtige Entwicklungsaufgabe der frühen Kindheit mit Erfolg bewältigt haben, können als resilient gegenüber vielfältigen »eingenisteten« Risikofaktoren

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