Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
von Flächen, die ohnehin vornehmlich der Produktion von Naturgütern dienen, nicht auch zum Teil für die Bereitstellung anderer Güter bezahlt werden? Der Wasserproduzent Vittel aus Frankreich macht dies vor: Weil die Quellen für das weltweit verkaufte Wasser Gefahr liefen, zu stark durch Düngemittel aus der Landwirtschaft belastet zu werden, bezahlt Vittel die Landwirtein der gleichnamigen Gemeinde in Lothringen nun dafür, dass sie weniger Dünger einsetzen. Dadurch werden zwar die Erträge der Landwirtschaft gemindert, die Landwirte werden damit aber quasi zu Vielfaltsproduzenten: Nicht allein Nahrungsmittel, sondern auch gesundes Wasser wird durch ihr Handeln zur Verfügung gestellt.
Die Werte, die uns auf den verschiedenen Stufen begleiten, sind unterschiedlich und vermischen unsere biologische und geistige Auseinandersetzung mit der Natur. Diese Vermischung macht es nicht unbedingt leichter, sofort die besten Entscheidungen zu treffen. Aber es hilft, Grenzen zu erkennen und Risiken bei den Entscheidungen besser einzuschätzen. Denn eines zeigt sich immer wieder, sei es bei der Gefahrenabschätzung der Einführung einer fremden Art oder bei Überlegungen, wie die Aalpopulation und ihre Nutzung in Europa erhalten werden kann: Trotz aller Forschung gibt es immer wieder Unsicherheiten, die uns dazu auffordern, das Management unserer natürlichen Ressourcen ständig neu zu überdenken und anzupassen. Gerade die Verquickung einzelner Faktoren macht dies notwendig.
Auch das ist etwas, was unserem Wohlbefinden widerspricht. Wir wollen Sicherheit. Wir wollen, dass Entscheidungen, die wir einmal getroffen haben, effizient sind, sodass wir uns für eine Weile nicht mehr mit dem Thema beschäftigen müssen. Dies gilt für unsere Arbeitsplatzentscheidungen und die Entscheidungen über eine Geldanlage ebenso wie bei unserer Entscheidung, wie eine Naturressource zu managen ist. So hatte die Forstwirtschaft in Deutschland lange Zeit ein klares Ziel und eine klare Struktur: dauerhaft die Holzversorgung sicherzustellen. Die Zeithorizonte sind dabei ohnehin schon langfristig angelegt, Bäume wachsen langsam, und die Waldfläche ist begrenzt. Nun aber ändern sich die Vorzeichen. Die Auswahl von Baumarten muss an den Klimawandel mit längeren Trockenphasen im Sommer und mehr Regen im Winter angepasst werden. Auch sind Fichtenmonokulturenfür Stürme stärker anfällig als Mischwälder. Man muss also seine Rezepte der Waldbewirtschaftung anpassen und bleibt doch an die Zeiträume gebunden, die das Waldwachstum vorgibt. Man plant heute, was man in fünfzig bis 150 Jahren ernten wird. Aber wer mag voraussehen, wie sich das Klima bis dahin genau ändert? Flexibilisierung im Denken tut also Not.
Dabei kann der TEEB-Dreiklang an Bewertungsschritten helfen. Denn er macht deutlich, dass ein Wald eben nicht nur Holz, sondern auch andere Dienstleistungen liefert. In einigen Fällen ist das bekannt, wie bei der Wasserfilterung und Bereitstellung von Trinkwasser, bei der Wälder eine wichtige Rolle spielen. Aber nicht jeder Wald hat für uns die gleiche Bedeutung, selbst wenn es jeweils hundert Hektar eines hundertjährigen Buchenwaldes sind. Liegt er in einem Mittelgebirge, weitab von größeren Städten, wird die Holznutzung und vielleicht noch die Wasserrückhaltefunktion am Oberlauf eines Flusses die Hauptrolle spielen. Doch schon heute wird diskutiert, wie die Kohlenstoff-Speicherfunktion von Wäldern in deren Bewirtschaftung berücksichtigt werden kann. Diese Funktion, vor zwanzig Jahren noch vollkommen uninteressant, rückt plötzlich in den Fokus der Aufmerksamkeit. Gerade solche Regulationsleistungen werden häufig nicht berücksichtigt, wenn es um die Wertschätzung von Ökosystemen und gerade von Wäldern geht.
Liegen unsere hundert Hektar aber direkt neben einer Stadt und befindet sich der Wald in kommunalem Besitz, ändert sich der Blick auf das Stück Wald – und ebenso dessen Wert. Die Trinkwassergewinnung gewinnt einen höheren Stellenwert und gleichfalls der Erholungsnutzen. Die Stadt Freiburg im Breisgau hat einen solchen Wald. Dieser verzeichnet aufgrund seiner Lage direkt in und an der Stadt ca. vier Millionen Besuche pro Jahr. Um das zu ermöglichen, gibt die Forstverwaltung viel Geld aus – so kostet die Unterhaltung von Wegen und Infrastruktur 900 000 Euro im Jahr. Man könnte auch sagen, ein Besuch kostet23 Cent. Der Gewinn, den die Gesellschaft daraus zieht, ist schwer zu beziffern. Aber allein die Ausgaben,
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