Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
Bedeutung für die Luftreinhaltung in der Stadt deutlich. In den letzten Jahren sind in vielen deutschen Städten die Baumschutzsatzungen, die das Fällen von größeren Bäumen im Stadtgebiet stark eingeschränkten, zunehmend aufgeweicht worden. Diese Gesamtwirkung wurde dabei sicherlich nicht berücksichtigt.
Man benötigt also Zahlen auf verschiedenen Ebenen, die die Wirkungen von Eingriffen in Ökosysteme besser verdeutlichen und bewerten und damit Entscheidungen über alternative Handlungsoptionen aufzeigen. Man wird dabei nie alle Aspekte des Facettenreichtums der Natur „auf Heller und Pfennig“ berechnen können. Aber viele zentrale Ökosystemdienstleistungen sind heutzutage mit ökonomischen Methoden erfassbar. Auch werden solche Informationen zeigen, wer von Maßnahmen betroffen ist – vielleicht nicht nur die Bevölkerung vor Ort, sondern auch andere, weiter weg lebende Gruppen. Dies kann zum Beispiel bei der Entscheidung darüber der Fall sein, ob man an einem Fluss eine große Überflutungsfläche anlegt oder einen Deich rückverlegt, um zukünftige Hochwasser besser abzupuffern. Vor Ort betrifftes Landwirte, die Ackerflächen verlieren, und Gemeinden, die darauf verzichten müssen, flussnahe Baugebiete auszuweisen. Der Nutzen entsteht erst in den Gemeinden flussabwärts, bei denen enorme Schäden durch eine Überflutung vermieden werden könnten – und das vielleicht erst in zehn oder dreißig Jahren, wenn die nächste Flut kommt.
Bei allen Messungen ist aber, wie das Beispiel von Pavan Sukhdev aus seinem Vortrag in Sydney zeigt, auch klar: Der Gesamtwert der Leistungen der Natur wird tendenziell immer unterschätzt. Hier kennt auch die Gesetzgebung ein Prinzip, das solche Faktoren berücksichtigt – das Vorsorgeprinzip: Wird Natur von essenzieller Bedeutung durch geplante menschliche Aktivitäten gefährdet, sollten diese Aktivitäten vermieden werden, um auf der sicheren Seite zu sein.
Stufe 3 – Werte einfangen
Mit dem Einfangen von Werten ist die Nutzung von ökonomischen Ansätzen in politischen Maßnahmen gemeint. Während auf Stufe 2 die Informationen über ökonomische Werte der Natur nur zur Entscheidungsunterstützung dienen, mag es in manchen Fällen sinnvoll sein, die daraus gewonnenen Erkenntnisse in ökonomischen Instrumenten umzusetzen. In vielen Fällen tun wir dies heute schon – wenn wir unsere Lebensmittel bezahlen und dabei für ökologisch produzierte Waren einen höheren Preis akzeptieren, sodass ein Landwirt die Natur nicht mit künstlichen Düngemitteln und Pestiziden belastet, dafür aber Ertragseinbußen in Kauf nimmt.
Aber die Instrumente gehen weit über die Märkte von Naturprodukten des primären Sektors hinaus: Verbote und Abgaben etwa auf Umweltverschmutzung sind seit Langem ein wirksames Mittel, um die Wirtschaft zu umweltfreundlicherem Verhalten zumotivieren. Nur sind diese Ansätze in den vergangenen Jahrzehnten als Wirtschaftsbehinderer in Misskredit geraten, weil man die Erhaltung der natürlichen Ressourcen nicht in Wirtschaftlichkeitsberechnungen berücksichtigt – siehe oben. Stattdessen dominieren häufig noch Subventionen für Wirtschaftsbereiche, die umweltschädlich sind, nicht nur in der Land- und Forstwirtschaft, sondern auch im Industrie- und Dienstleistungssektor. Nach verschiedenen Schätzungen lagen Mitte der 2000er-Jahre die Subventionen für die Landwirtschaft weltweit bei 260 Milliarden US-Dollar pro Jahr, die Fischerei kam 2008 immerhin auf 15 bis 35 Milliarden US-Dollar. Der Energiesektor kam im Jahr 2009 sogar auf 500 Milliarden US-Dollar. Ein Großteil davon hat umweltschädliche Auswirkungen. Als Preissignale und Anreize für eine naturverträgliche Nutzung wäre ein Umlenken solcher Subventionen höchst wirkungsvoll und könnte sogar neue Märkte schaffen.
Bei der Umsetzung solcher ökonomischer Maßnahmen ist aber auch Vorsicht geboten. Man muss darauf achten, dass Teile der Natur, die uns in erster Linie aufgrund unserer allgemeinen Wertschätzung wichtig sind, durch die Maßnahmen nicht quasiprivatisiert und vermarktet werden und die ökonomische Sichtweise überhandnimmt. Es wäre zum Beispiel keine gute Idee, einem Investor ein Schutzgebiet anzuvertrauen, das er finanziert, indem er die örtliche Bevölkerung für das von dort kommende Wasser bezahlen lässt, das zuvor als Allgemeingut kostenlos aus der Natur zu bekommen war. In solchen Fällen Marktmechanismen einzuführen ist schwierig. Warum aber sollen Besitzer oder Nutzer
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