Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
verschönern.
Wert und Wertschätzung sind aber vielschichtiger als eine Bewertung mit Preisen wie bei einem Kilogramm Kartoffeln oder einem Kubikmeter Trinkwasser. Schon in anderen Teilen der Welt würde man für das Letztere nicht unbedingt etwas bezahlen wollen, denn es wird als Allgemeingut aller angesehen. Aber auch Zahlen wie der „Wert“ eines Nationalparks aufgrund der Ausgaben und Besucherzahlen der Touristen können helfen, die Wertschätzung von Natur zu verdeutlichen. Die TEEB-Studie hat dies in einem Dreiklang des Wertes der Natur dargestellt, der hier helfen kann, sich mit dem Facettenreichtum der Natur und ihrem Nutzen als nullter Sektor unseres Wirtschaftens angemessen auseinanderzusetzen.
Stufe 1 – Werte anerkennen und bewusst machen
Jeder von uns und jede menschliche Gesellschaft schätzt in der einen oder anderen Form die Natur. Dies kann aus religiösen Gründen, aus Gründen der Lebenserhaltung oder anderen kulturellen Gründen geschehen. Heilige Haine oder Plätze können eine Rolle spielen, die Erhaltung der Ernährungsgrundlage, die ein Acker oder ein Fluss sein kann, aber auch die Freude am eigenen Garten oder an der Vogelbeobachtung an der Nordsee. In Deutschland bildet diese Wertschätzung eine wesentliche Grundlage unseres Naturschutzgesetzes. In vielen Fällen wird eine solche kulturell begründete Wertschätzung ausreichen, um die Natur zu erhalten. Auch die Idee eines Weltnaturerbes und unseres Schutzgebietssystems mit Nationalparks und kleineren Naturschutzgebieten kommt dem nahe, denn ökonomische Erwägungen spielen hier keine Rolle, im Gegenteil: Wenn der Tourismus in einem Schutzgebiet wie dem Wattenmeer nicht zu einem Mindestmaß geregelt ist, wird das Gebiet keine Chance haben, den Welterbe-Status zu erreichen. Bereits hier fangenaber auch die verschiedenen Sichtweisen von Werten an: Es wird Stimmen geben, die sagen, dass das Wattenmeer aufgrund seiner zahlreichen Touristen, der Fischerei und anderer Nutzungen den Titel als Weltnaturerbe nicht verdient. Andere werden sagen, dass ein solcher Titel und seine Verpflichtungen die ökonomische Entwicklung eher behindern.
Stufe 2 – Werte sichtbar machen
In dem oben genannten Fall wird es sinnvoll sein, sich des Umfangs der ökonomischen Werte, die die Natur in Form von angelockten Erholungssuchenden „liefert“, bewusst zu werden und gleichzeitig Zahlen zu erhalten, die die daraus resultierende Belastung messen können. So zeigen die Untersuchungen des Würzburger Geografen Hubert Job zu den regionalwirtschaftlichen Auswirkungen von Nationalparks, dass die Region des Niedersächsischen Wattenmeers durch den Nationalpark einen Betrag von 525 Millionen Euro umfasst. Ein solcher quantitativer Nachweis eines ökonomischen Nutzens oder Schadens kann für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hilfreich sein, um alle Kosten und Nutzen einer Entscheidung, etwa einer geplanten Umwandlung eines Ökosystems in eine Nutzfläche, sichtbar zu machen. Sonst bleibt die heutige Situation bestehen, bei der einzig andere „harte“ Fakten diskutiert werden, zum Beispiel der Arbeitsplatzeffekt einer Maßnahme wie etwa eines neuen großen Hotels am Strand. Solche Kosten-Nutzen-Analysen sind bei ökonomischen Projekten selbstverständlich. Kein Investor würde auf die Idee kommen, ein größeres Projekt ohne eine solche Analyse zu planen.
Nur kommen in vielen heutigen Verfahren die Biodiversität und ihre Leistungen kaum oder gar nicht vor. Häufig beschränkt sich der Blick auf die Natur hier auf Aspekte der ersten Stufe –also auf die Frage, ob eine seltene Art gefährdet oder ein seltenes Biotop beeinträchtigt oder gar zerstört wird.
Kosten durch den Verlust von Ökosystemleistungen werden kaum betrachtet, auch weil sie auf kleinen Flächen nicht ins Gewicht zu fallen scheinen. Das Beispiel des deutschlandweiten Flächenverbrauchs macht dies deutlich: Ein einzelnes neues Wohngebiet von einem halben Hektar irgendwo am Rande einer Kleinstadt mag wenig relevant erscheinen, im Gesamten dieser Einzelentscheidungen, die Tag für Tag getroffen werden, summiert sich dies jedoch zu Zahlen von bis zu hundert Hektar neu versiegelter Fläche pro Tag. Das Fällen eines einzelnen Baums in der Stadt mag marginal erscheinen, berücksichtigt man aber die Blattfläche einer hundertjährigen Buche mit ca. 15 000 Quadratmetern und ihre Filterwirkung von bis zu 36 000 Kubikmetern Luft pro Tag und addiert alle gefällten Bäume pro Jahr, wird die große
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